Wie aus einem altehrwürdigen Brauereigebäude ein Musiktempel wurde
Leutkirch – Rund 800 Leute. So viel Feierfreudige strömten am Samstagabend in das altehrwürdige „Härle”-Brauereigebäude. Zwei Bands sorgten dort für allerhand Bewegung.
“Häreinspaziert”! Schon von der Wangener Straße aus zeigte sich das alte Brauereigebäude aus dem Gründungsjahr 1897 erhellt. Allerhand Leuchten strahlten seine Ziegelwand bunt an. Wer sich vor der Feierwelt dort drinnen noch stärken wollte, konnte draußen zwischen frisch gegrillten Wüsten und direkt erhitzten Kässpätzle wählen. Drinnen bot derweil allerhand Flüssiges beinahe eine Qual der Wahl.
Und es gab ordentlich was auf die Ohren. „Alles dreht sich” sang die Nürnberger Gruppe “Skyline Green” (Bild) in einem der Säle im Brauhaus. Sie brachte dabei allerhand Rohre zum Tönen – geblasen von Saxophonistin Anne Brand. Mal schmetterte die fest-freudige Franken-Combo schnell tanzbare Blasmusik wie auf einer Balkan-Party. Mal erklang hitzig Latin-Rock. Mal kamen ihre Lieder im Ska – also irgendwo zwischen Reggae für Holzfäller und Tango für Transportarbeiter. Das Publikum im dicht gedrängt nebligen Saal spendete heftig Applaus.
Roboter im Rock-Saal
Neben der Bühne arbeitete in dieser Nacht der automatisch arbeitende Kommissionier-Roboter. Im Maschinen-Takt hievte er bunt beleuchtet Getränke-Kästen auf Paletten (Bild). Moderne Zeiten 2024 im alt-ehrwürdigen Brau-Tempel von 1897. Bewährte Vergangenheit und wirtschaftliche Zukunft.
Pause. Wer zwischendrin den eigenen Ohren eine Pause gönnen wollte, fand sie draußen vor der Bierfabrik. Mal bestärkt mit Würsten mit oder ohne Senf, mal mit Pommes – alles frisch zubereitet. Nicht weniger hitzig: Kässpätzle direkt aus der Pfanne. Da ergaben sich dann Gespräche. Beredet weit über das Musikangebot drinnen hinaus. Einer erzählte etwa, er sei über drei Kilometer per Fahrrad angereist. Dasselbe später zurück: „Ich habe ja eine Lampe dabei.” Nebenbei erwähnte der Pedal-Ritter seine Verwandtschaft mit den Bischöfen Moser und Sproll.
Shakin Pins in der Malztenne: Musiker und Sänger Oli Peidl mischten sich unters Publikum, das seine helle Freude am Rock’n Roll hatte.
Mit dem Gesangsmikrophon mitten im Publikum
Drinnen drehte sich das Tanzbein derweil weiter. Die „Shaking’ Pins” brachten mit ihrem waschechten Rock’n’Roll nicht allein die Malztennen-Bühne zum Beben, sondern bewegten sich mit ihrem Sänger direkt ins Publikum. Das sorgte für heiße Stimmung – ergänzt durch allerhand kühle Getränke – direkt im gleichen Raum geboten.
Kurz: Ein “härvorragender” Abend in Leutkirchs Innenstadt. Drinnen laut und lebhaft, drumrum lauschig leise und beeindruckend beleuchtet. Spritziges Spektakel in Industrieräumen mit Kulturangeboten aus dem Nach-?-Industriezeitalter. Dem gelöst heiteren Gesichtsausdruck vieler dort ließ sich große Freude ansehen. Nicht wenige von ihnen “härgekommen” in einem Alter jenseits der 50er-Marke. Ein flüssig-phantastisches Härle-Fest.
Text: Julian Aicher / Fotos: Carmen Notz, Julian Aicher (1)
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