Heimatpflege hat neugestaltete Ausstellung zur Stadtgeschichte eröffnet
Leutkirch – Volles Haus am Freitagabend im Museum im Bock mit mehr als 100 interessierten Besuchern. Nicht nur eine neue Ausstellung über die ganze Geschichte der Stadt war zu bestaunen, sondern eine völlig neue Gestaltung des Erdgeschosses mit Info-Tafeln und -säulen, Vitrinen, Schubladen und Schaukästen, die zu einem Rundgang einladen.
Der Erste Vorsitzende der Heimatpflege Michael Waizenegger (Bild) begrüßte die Gäste, darunter OB Hans-Jörg Henle, Vortragsreferent Dr. Benjamin Höpfer und zahlreiche Schaffer und Helfer, die ehrenamtlich regelmäßig im Museum mitwirken. Ihnen galt ein ganz besonderer Dank, ebenso Marc Brandner und Jürgen Waizenegger für das neue Konzept und die moderne Gestaltung sowie den Familien Rottmann und Menge für die Überlassung von außergewöhnlichen prähistorischen Fundstücken im Raum Leutkirch. In diesem Zuge wurde auch Franz Hau genannt, seit 40 Jahren ein unermüdlicher Sucher und Finder von solchen Fundstücken in ganz Oberschwaben und darüber hinaus.
Hobby-Archäologe Franz Hau (rechts) und Referent Dr. Höpfer, die eine enge Verbindung pflegen.
Aufbauend auf dem von den Vorgängern gelegten Fundament
Waizenegger wie auch OB Henle gingen auf das solide Fundament ein, das von den Vorgängern der Heimatpflege, namentlich Georg Zimmer und Dr. Manfred Thierer, im Museum im Bock geschaffen wurde. Die neue Vorstandschaft konnte hier prima aufbauen, neue Ausstellungen integrieren und präsentiere nun einen zeitgenössischen Rundgang zur Stadtgeschichte. Dies sei ein Meilenstein in der 30-jährigen Geschichte des Leutkircher Museums, dafür ein großes Dankeschön, auch im Namen des Gemeinderats. Henle nannte Albrecht Roth als Pionier zum Thema Bodendenkmäler im Raum Leutkirch, der vor vielen Jahren schon eine Broschüre darüber herausgegeben hat. Der Rundgang verdeutliche wunderbar die Entwicklung des Lebensraums Leutkirch, von ersten Besiedelungen bis hin zu einer Großen Kreisstadt mit aktuell 24.000 Einwohnern.
Zwischen den Beiträgen spielte im Obergeschoss das Vorstadtorchester (Bild), ein gemischtes Ensemble aus dem Raum Leutkirch-Wangen wunderbare Volksweisen, locker-leicht präsentiert und sehr passend zum Thema Historie. Mit Gesang, Klarinette, Akkordeon, Violine, Banjo, Bass und Gitarre kamen selbstarrangierte Lieder zu Gehör.
Die ersten Bauern im Raum Leutkirch sind für ca. 5200 v. Chr. nachgewiesen
Dr. Benjamin Höpfer, Kantonsarchäologe im Aargau/Schweiz und tätig für die Uni Tübingen, lobte die Ausstellung im Leutkircher Museum sehr. Er ging auf die archäologischen Tätigkeiten im Raum Allgäu ein, die eigentlich erst im 19. Jahrhundert begannen und nannte den akribischen Forscher Christoph von Vojkffy, der so manch Interessantes ausgegraben hatte. „Die Archäologie hatte das Westallgäu nicht wirklich im Blick, doch es fanden sich bald überall Spuren von Besiedelungen.“ Höpfer zeigte in seiner Beamershow diese Plätze, unter anderem auch den Urlauer Tann, wo in der Bronzezeit eine Höhen- und eine Talsiedlung war, und man fand dort sogar einen Friedhof bzw. ein Brandgrab. In Leutkirch wurde man in den Unteren Auen und auf der Wilhelmshöhe fündig. Schon in der Altsteinzeit (ca. 12.000 v. Chr.) haben Jäger und Sammler hier gesiedelt. Die ersten Bauern im Raum Leutkirch (beim heutigen Unterzeil) sind für ca. 5200 v. Chr. nachgewiesen; man fand Reste von Getreideanbau und später auch von einem Holzhaus. Auch aus der Eisenzeit/Keltenzeit fanden sich Grabungsfunde wie eine Bogenkopffibel, die als Typ Leutkirch bezeichnet wird.
Marc Brandner und Jürgen Waizenegger zum Konzept der Ausstellung
Marc Brandner (Bild oben) und Jürgen Waizenegger (Bild) berichteten abwechselnd über das Konzept der neuen Ausstellung, die schon seit drei Jahren geplant war. Es galt, die bisherigen Dokumente und Ausstellungsstücke zur Stadtgeschichte zu integrieren und ein Umbau im EG war daher nicht zu umgehen. Bisher begann die Geschichte der Stadt 766 n. Chr. mit der Gründungsurkunde, dessen Original im Museum in St. Gallen ausgestellt ist. Nun beginnt die Stadtgeschichte mit einem 14.000 Jahre alten Fundstück, eine Schneide, ca. 5 cm lang, und führt den Besucher durch die Bronze- und Keltenzeit, über die Antike zur ersten Erwähnung der Leutekirche. Weiter geht es zum Jahr 1397, als Leutkirch Freie Reichsstadt wurde und zum einmaligen Merianstich aus 1632, der das damalige Städtchen von oben zeigt, mit dem Einmarsch der Schweden.
Der Merianstich (Ausschnitt) aus dem Jahr 1632 zeigt den Einmarsch der Schweden.
Mit der ersten Eisenbahn, dem Gleis von Kißlegg her (1872) und dann nach Isny (1874), 1889 nach Memmingen, kommt Leutkirch weiter voran, und mit den letzten 100 Jahren zeigt sich das Allgäu-Städtchen in neuer Blüte in vielen bunten Bildern. Auch die vier Bischöfe aus Leutkirch und andere bekannte Persönlichkeiten werden in der Ausstellung vorgestellt.
Michael Waizenegger dankte
Viel Applaus für alle Redner, für alle Mitglieder und Helfer, die mitgewirkt haben. Michael Waizenegger verteilte Geschenke an besonders verdiente Schaffer. Rudi Dentler hatte bereits die Sekt- und Weingläser eingeschenkt, das Vorstadtorchester unterhielt mit flotten Weisen und die zahlreichen Besucher wandten sich gerne der neuen Stadtgeschichte im Museum im Bock zu, man unterhielt sich und war voll des Lobes für die tolle Gestaltung im „neuen Erdgeschoss“.
Text und Fotos: Carmen Notz
Impressionen von der Ausstellungseröffnung
Rudi Dentler, “Mundschenk” der Heimatpflege.
Ausgewählte Exponate der Dauerausstellung
Diese Steinaxt, gefunden von Christine Menge vor einigen wenigen Jahren südlich des Schulzentrums, ist etwa 6500 Jahre alt. Man beachte das kreisrunde Schaftloch.
Bronzezeitliche Fundstücke, entdeckt auf der Wilhelmshöhe.
Beil aus Bronze (ca. 1400 bis 1300 v. Chr.). Der Schaft, mit Lederriemen mit der Schneide verbunden, wurde in unseren Tagen ergänzt.
Infotafel zur Bronzezeit, als es beim heutigen Urlau eine menschliche Siedlung gab.
Schützenscheibe von 1841. Gestiftet aus Anlass des 25-jährigen Thronjubiläums vom König Wilhelm I. von Württemberg.
Glasmedaillons mit historischen Leutkirch-Motiven.
Wahlurne von 1848. In den Farben Schwarz-Rot-Gold.
Die im Dritten Reich entstandene Repsweihersiedlung.
Modell der im Dritten Reich auf der Wilhelmshöhe errichteten Thingstätte (so nicht zur Gänze ausgebaut). Das NS-Amphitheater hatte Platz für 3000 Personen.