“Die bisherige Drogenpolitik ist gescheitert”
Leutkirch – “Drogentote haben keine Lobby”, sagte bei einer Gedenkveranstaltung für Drogentote in Leutkirch eine Rednerin.
Sonntagabend, 21. Juli, an der Evangelischen Kirche Leutkirch, kurz nach 19.00 Uhr. Etwa 50 Leute haben sich hier versammelt. Selten mit heiterer Miene, eher traurig dreinblickend. Anlass: der “Internationale Gedenktag für Verstorbene durch Drogengebrauches”. Gedichte werden verlesen. In einem dieser Verse heißt es: “Lasst uns was tun – lasst sie überleben.”
Beate Stör, Mutter eines Opfers
Beate Stör steht am Mikrofon an diesem Sonntagabend. Vor vier Jahren starb ihr Sohn – auch an den Folgen von Drogen. Seitdem kämpft sie dafür, dass Drogengebraucher besser behandelt werden – ihr Leben geschützt wird. Denn “Drogenabhängigkeit ist eine Krankheit – und kein Verbrechen.” Allein 2023 seien in Deutschland 2.227 Drogenabhängige in Deutschland gestorben.
Im Kreis Ravensburg leben rund 200 Personen mit Drogenabhängigkeit. Sie brauchen Hilfe, betont Beate Stör. Doch das Netz, das sie auffangen könne, wirke “zu schwach”. Eine “Schwerpunktpraxis” in Ravensburg, die Abhängige mit anderen Mitteln von den Drogen loskommen lasse, könne diesen Sommer wegen Überlastung nicht weiterarbeiten.
Vom Mikrofon die Mahnung einer Frau: “Es werden Stellen für Suchthilfe gestrichen.” Und das könne im Ernstfall den Tod bedeuten, wie ein anderer Redner betont. Kurz: “Die bisherige Drogenpolitik ist gescheitert.” Für nahe Angehörige bedeute das meist “ein Loch in meinem Leben”.
Beate Stör tröstet, die gestorbenen Drogenopfer seien wohl im Himmel. Gitarrist Emanuel Dreher sorgt für gute Töne an diesem Sommerabend. Und die Gewitterwolken warten mit dem Regen, bis die Gedenkstunde beendet ist – mit aufsteigenden Luftballons, die die Anwesenden zum Abschluss aufsteigen lassen. Bei einem ergreifenden Schauspiel: Denn oberhalb der Dächer, an denen die Luftballons vorbeizuschweben beginnen, kreisen mehr und mehr Störche – wie bei einem Rundtanz. Als ob sie die Seelen der Gestorbenen tragen wollten.
An jenem Abend hatten alle Teilnehmer offene Ohren für die Anliegen der Betroffenen. Etwa Landtagsabgeordneter Raimund Haser (CDU) aus Immenried.
Text und Fotos: Julian Aicher
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