“45 Prozent machen wir regenerativ”
Leutkirch – Montagabend, 5. Februar, Verwaltungsgebäude am Gänsbühl: Gemeinderatssitzung. Thema: Energiebericht der Stadt Leutkirch. Vorgetragen von Michael Krumböck. Sein Bereich in der Bauehörde: Stadtplanung, Natur und Umwelt. Er nennt dabei unter anderem über 2000 Photovoltaikanlagen (also Sonnenstromkraftwerke) auf Markung der Großen Kreisstadt insgesamt. Krumböck: “45 Prozent machen wir regenerativ.” Also fast die Hälfte des Strombedarfs.
Blick in den Ratssaal bei der Sitzung am 5. Februar.
Diplom-Biologe Michael Krumböck dient seit 1991 der Stadt Leutkirch als Umweltbeauftragter. Scherpunkte: Energie und Klimaschutz. Er stellte am Montagabend im Gemeinderat seinen Energiebericht vor. Diese Schilderung erscheint alle zwei Jahre. Die 75-seitige Zusammenstellung zeigt die Entwicklung bis einschließlich 2022. Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle bezeichnete sie als “große Fleißarbeit”. Sie diene dem Rat als “gute Grundlage”.
Sonnenstrom: Faktor 80 seit dem Jahr 2000
Michael Krumböck (Bild; links OB Henle) erläuterte dem Gemeinderat, er werde bei der Sitzung “bloß ein paar so Lupen” auf seinen Bericht lenken. Zum Beispiel die Stromversorgung. Dabei geht der Umweltbeauftragte davon aus, dass pro Jahr auf dem Gebiet der Großen Kreisstadt Leutkirch rund 250 Millionen elektrische Kilowattstunden verbraucht werden. Davon rund 180 Millionen über das allgemein öffentliche Stromnetz – der Rest als Eigenverbrauch direkt am Haus oder im Betrieb. Von den genutzten Kilowattstunden entstehen 80 Millionen auf Markung der Großen Kreisstadt selbst aus erneuerbaren Energiequellen. Vor allem dank Sonnenstrom-Photovoltaik. Dabei machte Krumböck auf eine Entwicklung aufmerksam. Bewirkten Erneuerbare Energien in Leutkirch während des Jahres 2000 etwa 1 Million elektrische Kilowattstunden, so waren es 2022 insgesamt 80 Millionen Kilowattstunden. Also achtzig mal mehr.
2000 PV-Anlagen auf dem Gebiet der Stadt Leutkirch
Das bedeute: “Fünfundvierzig Prozent machen wir regenerativ.” Etwa aus rund 2000 Photovolaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 50.000 Kilowatt. Und da ein Kilowatt Nennleistung in Solarmodulen in der Regel 800 bis 1.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr bringen, liefert Sonnenstrom in Leutkirch alles in allem 40 bis 50 Millionen elektrische Kilowattstunden. Damit könne man sich aber nicht begnügen. Krumböck: “Aufdach – da wird mehr kommen und da muss mehr kommen.” Null Kilowattstunden Strom stamme dagegen bisher aus Windkraftwerken im Gemeindegebiet von Leutkirch. Michael Krumböck rechnet “aus vier Windkraftanlagen” da mit 60 Millionen möglichen elektrischen Kilowattstunden.
Strom-Bedarf bei der Straßenbeleuchtung halbiert
Dabei gehe Leutkirch sparsam mit Strom um. Kaufte die Stadt im Jahr 2002 1,2 Millionen elektrische Kilowattstunden für ihre Straßenbeleuchtung, so waren es 2022 nur noch 600.000 Kilowattstunden. Damit ließen sich 180.000 Euro Ausgaben für Strom einsparen. LED-Leuchten und Abschaltungen zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang würden dabei helfen.
Härle: “Da ist noch Luft nach oben”
CDU-Fraktionsvorsitzender Waldemar Westermayer lobte die “Fleißarbeit” des Umweltbeauftragten Michael Krumböck, wies Krumböcks Kritik an der zunehmenden “Vermaisung der Landschaft” aber zurück und betonte die klimafreundliche CO2-Bindung von Grünland und besonders auch des Maisanbaus. In Michael Krumböcks Energiebericht heißt es hierzu: “Durch die Entwicklung in der Landwirtschaft insgesamt und durch das Entstehen der großen Biogasanlagen hat auch im Bereich von Leutkirch der Maisanbau zugenommen. Mit der Vermaisung der Landschaft ändert sich auch das Landschaftsbild. Das wird von immer mehr Menschen kritisch gesehen. Im zukünftigen Energiemix wird aber Strom aus Biogas eine Rolle spielen, da dieser über das ganze Jahr und Tag und Nacht sehr zuverlässig zur Verfügung steht.” Berthold König (Bürgerforum BF) wies auf die Photovoltaikanlage der Bürger-Energie-Genossenschaft auf der Realschule hin. BF-Fraktionschef Gottfried Härle sah bei der Sonnenstrom-Entwicklung noch “Luft nach oben”. Härle fragte: “Wie könnte die Stadt noch Anreize schaffen?” Dabei erwähnte er “Solar-Scouts”. Zu ihnen in Bad Wurzach “sind wir in Kontakt”, antwortete Michael Krumböck. Oberbürgermeister Henle: “Ich wollte meine PV-Anlage letztes Jahr erweitern.” Dafür habe er aber keine Fachkräfte gefunden; den Fachkräftemangel bestätigte Michael Krumböck.
Text und Fotos: Julian Aicher
Der Energiebericht von Michael Krumböck ist auf der Webseite der Stadt einsehbar.