Wie die 113-Prozent-Angabe überprüft wurde
Kißlegg (dbsz) – Eine erfreuliche Mitteilung. Am 27. Januar veröffentlichte die Bildschirmzeitung „Der Kißlegger” eine „ganz tolle Zahl”. Nämlich 113 %. Diese Zahl will besagen, dass in Kißlegg dank Erneuerbarer Energien mehr elektrische Kilowattstunden entstehen, als Kißlegg 2024 insgesamt verbrauchte. Sie wurde am 15. Januar in der Gemeinderatssitzung von Martin Wirbel, Regionalmanager Verteilnetz der Netze BW, genannt. Stimmt die Zahl?
Wir fragten nach: 113 % von was? Hundertdreizehn Prozent vom Strom, den private Haushalte 2024 benutzten? Oder 113 %, bezogen auf alle elektrischen Kilowattstunden, die 2024 in Kißlegg verbraucht wurden? Einschließlich Gewerbe, Industrie, Landwirtschaft, Behörden, Schulen – alles in allem?
Diese Frage stellte sich die Redaktion kurz vor Veröffentlichung eines Kommentars dazu in der Bildschirmzeitung. Reporter Julian Aicher fragte deshalb nach. Bei Bürgermeister Dieter Krattenmacher. Seine Antwort: „Die 113 % umfassen – meines Wissens nach – den gesamten ins Netz der Netze-BW eingespeisten Strom und den gesamten aus dem Netz entnommenen Strom.”
Bildschirmzeitungs-Reporter Julian Aicher fragte weiter nach. Und zwar bei Martin Wirbel und bei Alexander Schuch. Beide NetzeBW. Sie hatten ihre 113-%-Zahl am 15. Januar vor dem Kißlegger Gemeinderat genannt und konkretisieren sie nun auf Nachfrage. Antwort NetzeBW-Mann Martin Wirbel an Julian Aicher: „Bei dem Wert von 113 % handelt es sich um die komplette Erzeugungsmasse gegenüber der kompletten Verbrauchsmasse auf der Gemarkung Kißlegg.”
Aller guten Dinge sind drei. Deshalb noch die Anfrage Julian Aichers an Walter Göppel von der Energieagentur Oberschwaben in Ravensburg. Was NetzeBW-Fachmann Wirbel da berichtet habe, „kann ich bestätigen”, schrieb Göppel.
„Je ne cherche, je trouve.“ Ich suche nicht – ich finde. Das soll Pablo Picasso geäußert haben. Sicherheitshalber hielt sich Bildschirmzeitung-Reporter Julian Aicher da lieber an die Bibel. Dort heißt es bei Matthäus 7,7: „Sucht, so werdet ihr finden.” Das französische Wort „chercher” heißt suchen. Mit ihm hat das journalistische Wort „Recherche” zu tun. Manchmal macht Recherche Mühe, macht deutlich mehr Arbeit, als es auf den ersten Blick erscheint. Gerade dann, wenn eine „ganz tolle Zahl” nachzuprüfen ist.
Recherche ist des Journalisten Pflicht. Neuerdings sagt man auch Faktencheck dazu. Wir haben uns bemüht.
Klimaneutral ist Kißlegg damit noch nicht. Die 113 Prozent beziehen sich allein auf Strom.