„Hoschd koine Freind?”

Bärenweiler – „Lasst’s krachen!” Mit dieser Aufforderung für ein beschwingtes Fest beendete Christian Skrodzki am Freitagabend (21.3.) in der neu belebten Scheunen-„Kathedrale” von Kißlegg-Bärenweiler eine hochspannende Rede. Informationen aus erster Hand eines Unternehmers über Bürokratie – und die Frage, wo kommt das Geld her, wer hilft wirklich bei einem Zukunftsprojekt. Dass er trotz einer ausgebliebenen Kreditzusage weiter die Erneuerung von Bärenweiler vorantrieb und -treibt, liege nicht zuletzt an einer „außerordentlichen Meisterleistung” der beteiligten Handwerksbetriebe. Nicht minder an der Finanzhilfe von Freunden. Und noch an manchen mehr. Etwa einem Mann aus Kißlegg.

Der Event-Stadel in Bärenweiler. Foto: Alexandra Pflug.
Eine beachtlich große Scheune. Neu renoviert. Und für allerhand Veranstaltungen ein besonderer Ort zum Feiern. Etwa Hochzeiten. Oder Vorträge und Seminare. So präsentierte sich am 21. März das wieder hergerichtete alte Wirtschaftsgebäude des einst gräflichen Weilers Bärenweiler. „Dieses Projekt hat mich definitiv an den Rand von dem gebracht, was ich aushalten kann”, verriet Christian Skrodzki bei seiner Rede. Dreimal sei von ihm ans Aufgeben gedacht worden. Der „Agenturgründer, Genossenschaftsexperte und Altbausanierer”, der sich auch „Tausendsassa mit Bodenhaftung” nennen lässt, ist trotzdem dabeigeblieben.
Christian Skrodzki: „Es gab eine Person, die mich daran gehindert hat, hier auszusteigen.” Und diese heißt Dieter Krattenmacher. Kißleggs Rathauschef. Über ihn berichtete Skrodszki mit Wasser in den Augen: „Das hätte ich auch nicht gedacht, dass ich wegen einem Bürgermeister plären muss.”
Der so Gelobte wies weit die Geschichte. Dieter Krattenmacher: „Das hat tatsächlich mit dem Januar 1525 zu tun.” Damals sei die örtliche Bauernschaft „geschlossen” vors Alte Schloss gezogen. Ihre Forderungen fassten sie in den „18 Artikeln” zusammen. Dort sei zu lesen: „Der Mensch muss frei sein wie die Vögel in der Luft und die Fische im Wasser.”
Etwas freier von Sorgen sollten dann diejenigen sein, die nach 1619 in den Bauten der damals neu gegründeten gräflichen Stiftung Bärenweiler unterkommen konnten. Bärenweiler habe sich seither als „Raum für Innovation” gezeigt. Etwa in der Milchwirtschaft. 2019 dann Ende der Altenpflege dort. Krattenmacher: „Was Kriege und Pandemien nicht geschafft haben, hat die deutsche Bürokratie geschafft.” Und zwar dank der „Heimverordnung” (sie schreibt etwa Mindestgrößen für die Zimmer der Betreuten vor). Jetzt, 2025, locke die „Skrodzki‘sche Kathedrale” nach Bärenweiler. Inzwischen leben in dem Anwesen wieder 16 Senioren. „Herzlichen Glückwunsch, Herr Skrodzki!”, rief Krattenmacher aus – bei anhaltend lautem Beifall.
„Respekt für das, was aus diesem Rathaus kam”, zollte wiederum Christian Skrodzki Lob an die Gemeindeverwaltung Kißlegg. Deren Chef hatte dem Bärenweiler-Bestärker die Beschilderung in und um das Anwesen als „Dauerleihgabe” überlassen.
Herzliche Worte von Christian Skrodzki auch an den Kißlegger Gemeinderat: „Ich habe mich immer empfangen gefühlt.” Dank auch an die Beschäftigten im Landratsamt. Nicht persönlich, aber grundsätzlich sparte Christian Skrodzki derweil nicht mit „Kritik an unserer Bürokratie”. Denn: „Das ist wirklich eine Katastrophe.” Ungeschminkt betonte er: „Ich habe schon fast mehr keinen Bock mehr gehabt, in Deutschland was zu machen.” Dabei sei bei alltäglichem Schaffen doch zur Bürokratie feststellbar: „In 99 Prozent braucht man sie nicht.”
„An der Nase herumgeführt”
Deutlich. Hart ging der „Bärenweiler”-Entwickler mit einer auswärtigen Bank ins Gericht. Das nicht in der Region ansässige Kreditinstitut hatte sich an ihn gewandt. Mit dem Angebot eines großzügigen Kredits. Seine bisherigen Finanzierer im Allgäu warnten Skrodzki dagegen vor dem Geschäft. Das auswärtige Geldhaus habe ihn „sechs Monate an der Nase herumgeführt”. Dann Kreditabsage – ohne stichhaltige Begründung, wie Skrodzki am 21. März in Bärenweiler betonte. So etwas habe er als Geschäftsmann in Jahrzehnten noch nie erlebt. Christian Skrodzki: „Ich fühle mich gedemütigt.”. Ja: „Ich bin wirklich tief verletzt.”
Wahre Freunde
Mit sehr großen offenen Rechnungen sah sich Christian Skrodzki 2023 „an den Rand gebracht”. Ein guter Vertrauter habe ihm in dieser verzweifelten Lage gefragt: „Hoschd koine Freind?”. So erfuhr der Unternehmer, „was Freunde sind”. Innerhalb eines Wochenendes sagten sie ihm 700.000 Euro Finanzhilfen zu. Minutenlang listete Skrodzki am Freitagabend in der Scheunen-„Kathedrale” Namen derer auf, die ihn so gestützt hatten. Applaus im Saal für sie.
Hier ein Auszug aus der Dankesliste: Namentlich dankte Skrodzki unter anderem seinem Bärenweiler-Team mit Yvonne Sutter, Anna-Marie Heim, Christian Rast, Ulrike Freudenmann, Tobias Dunst, Philipp Kahl und Wolfgang Schreck. Weiter dem Architekten Oliver Gegenbauer und Bauleiter Arjon Demaj.
Stellvertretend für die Handwerker und Unterstützer seien hier die Zimmerei Aschenbrenner-Weizenegger, Elektro-Mayerföls und die Strabag AG genannt. Und Christian Dieng, Wolfgang Kiene, Cosimo Reo, Rüdiger Walzer.
Lautes Klatschen für die Handwerksbetriebe, die ihre Rechnungen an Skrodzki stornierten. Und weiterarbeiteten. Eine Meisterleistung auch deshalb, weil die Firmen ja ihrerseits Kosten zu bewältigen hatten. Christian Skrodzki: „Keiner ist irgendwie ekelhaft geworden.” Dankbar rief er den Handwerkerinnen und Handwerkern im Saal zu: „Ihr habt diese Kathedrale hier geschaffen.” Und: „Ihr seid ganz besondere Menschen!” Das sei an diesem Freitagabend besonders zu feiern. Mit Musikgruppe und hervorragenden Kässpätzle im Glas. Samt Christian Skrodzkis Aufforderung: „Lasst’s krachen!”
Julian Aicher