Deutsche Glasfaser gibt auf – Gemeinde übernimmt wieder
Kißlegg – Mittwochabend, 10. April ab 17.00, Esther-Saal im Neuen Schloss Kissleg: Öffentliche Gemeinderatssitzung. Kurz nach Beginn sagt Bürgermeister Dieter Krattenmacher: „Wir haben heute die Nachricht erhalten: Die Deutsche Glasfaser baut nicht aus.“ Deshalb werde die Gemeinde Kisslegg diese Aufgabe selbst in die Hand nehmen. Insgesamt 50 Millionen Euro sollen dafür in Kisslegg verbaut werden – davon rund 5 Millionen aus der Gemeindekasse. Wie und wo, erläuterte der Rathauschef dann gegen Schluss der Sitzung.
Los mit dem Breitbandausbau geht’s am 4. Juni mit dem Spatenstich in Zaisenhofen. So Bürgermeister Krattenmacher am Mittwochabend. Das heißt: „Wir werden diese Leer-Rohre selbst mit Breitband belegen und betreiben.” Offenbar eher eine Herkules-Aufgabe. Denn dies alles vom Rathaus aus zu organisieren, sei wohl „wahnsinnig aufwendig“. Vor allem die Grundstücksverhandlungen. Bei den Eigentümerinnen und Eigentümern sei allerdings „grundsätzlich ein hohes Wohlwollen“ spürbar. Dennoch meinte Dieter Krattenmacher bei seinen Breitband-Schilderungen zweimal: „Mir ist echt ein bißchen mulmig.“ Beruhigend dabei: „Wir haben eine tüchtige Fachkraft dafür im Rathaus in meinem Vorzimmer.”
Informationsveranstaltung in Immenried
Dass das ganze, wohl zwei- bis dreijährige Vorhaben nicht allein in Zaisenhofen Fahrt aufnimmt, sei kommende Woche bei einer Informationsveranstaltung in Immenried zu erfahren. Dort solle der Abschnitt 4 des Breitbandausbaus möglichst rasch in die Hand genommen werden. Allerdings müsse im Bereich Rempertshofen mit Schwierigkeiten gerechnet werden. Deshalb gehe es voraussichtlich zwischen Waltershofen und dem Argental nahe Farny schneller mit der Netzverlegung. In Zaisenhofen, „da sind wir fertig mit den Planungen”.
Damit nicht genug, werde in Straß-Samhof der Landkreis einen Teil der Straße ausbauen: Und zwar einschließlich Breitbandvorbereitung. Wenig begeistert zeigte sich Bürgermeister Krattenmacher von der Deutschen Glasfaser. Sie habe das Rathaus Kisslegg ein halbes Jahr warten lassen. Umso größer sei daher der aktuelle Handlungsdruck jetzt.
Julian Aicher
Kissleggs Bürgermeister Dieter Krattenmacher (im Bild Zweiter von links) erläuterte bei der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend (10.4.) den geplanten Breitbandausbau in dem Mehr-Seen-Ort. Anderntags (am 11.4.) hat die Gemeinde Kißlegg eine Pressemitteilung herausgegeben, die wir hier im Wortlaut und ungekürzt wiedergeben: „Die Deutsche Glasfaser hat der Gemeinde Kißlegg und dem Zweckverband Breitbandversorgung im Landkreis Ravensburg mitgeteilt, dass sie die Planungen in Kißlegg mangels Nachfrage aufgibt. Bürgermeister Dieter Krattenmacher bedauert die Entscheidung zwar einerseits, ist aber auch froh, dass nun endlich wieder mehr Planungssicherheit für den Breitbandausbau im Bereich der „Grauen Flecken“ in der Gemeinde besteht. Die Gemeinde wird nun mit dem Zweckverband zusammen wieder in die Ausbauplanung einsteigen, die Förderanträge bei Bund und Land stellen und damit den kommunalen Breitbandausbau des gesamten Gemeindegebiets ansteuern. Einen Vorteil sieht der Bürgermeister auf lange Sicht darin, dass neben Kißlegg-Ort nun auch die Bereiche in den Ortschaften Waltershofen und Immenried, die derzeit mit einer Bandbreite zwischen 30 und 100 Mbit/s („Graue Flecken“) versorgt sind, die Chance auf einen kommunalen Breitbandausbau bekommen. Außerdem wird das gesamte Breitbandnetz im Betrieb nun etwas wirtschaftlicher, weil ,die Rosinen nicht mehr von Privaten herausgepickt werden können‘, so der Bürgermeister. Nach ersten Schätzungen umfasst dies ein Investitionsvolumen von 13 bis 15 Millionen €, so dass mit dem derzeitigen ,Weißen-Flecken-Ausbau‘ am Ende rund 50 Millionen € verbaut werden sollen. Das ist, so Krattenmacher, im Hinblick auf die damit verbundene Arbeit und die von der Gemeinde zu finanzierenden Anteile eine Herausforderung, die ihresgleichen sucht und sicher noch manche schwierige Frage aufwerfen wird.“ Text: Gemeinde Kißlegg / Foto: Julian Aicher