Wieder klassische Musik auf Weltniveau
Wolfegg – Ein kulturelles Highlight des Jahres – und dieses traditionsreiche Sommerfestival ist ohne Zweifel eines – wirft bereits seine Schatten voraus: Auf Schloss Wolfegg haben I. D. Fürstin Viviana zu Waldburg-Wolfegg und Waldsee und der Künstlerische Leiter der Internationalen Wolfegger Konzerte Manfred Honeck das Programm für diesen Sommer vorgestellt.
Zu dem Pressegespräch, bei dem auch Wolfeggs Bürgermeister Peter Müller und die Geschäftsführung der Konzerte dabei waren, hatte Fürstin Viviana in ihrer Funktion als Präsidentin des Freundeskreises der Wolfegger Konzerte eingeladen. Manfred Honeck, mittlerweile in der 16. Saison Music Director des Pittsburgh Symphony Orchestra, erläuterte seine Vorhaben für das Festival, das in diesem Jahr vom 28. bis zum 30. Juni stattfinden wird.
Ein international gefragter Dirigent fühlt sich in Wolfegg zu Hause
Manfred Honeck, der per Zoom zugeschaltet war, äußerte sich zunächst dazu, was für ihn das Wolfegger Festival, das er seit nun 30 Jahren leitet, persönlich bedeutet. Für den international gefragten Dirigenten markieren die Wolfegger Konzerte traditionell das Ende der jeweiligen Saison, die ihn regelmäßig rund um die Welt führt. Für den gebürtigen Vorarlberger ist Wolfegg über die Jahre offensichtlich auch so etwas wie Heimat geworden. Er liebe den Ort, die Landschaft, die Menschen und vor allem auch die vertraute Nähe zur fürstlichen Familie. „In Wolfegg fühle ich mich zu Hause“, bekennt Honeck unumwunden.
Unterhaltsames aus Nord- und Südamerika
Den Auftakt des Festivals bildet am Freitag ein Konzert mit dem jungen Blechbläserensemble Bright Brass in der Alten Pfarr. „Der Amerikaner“ betiteln die fünf Musiker, die 2022 beim Deutschen Musikwettbewerb ausgezeichnet wurden, ihr unterhaltsames Programm, das einen musikalisch kurzweiligen Sommerabend verspricht. Es geht dabei quer durch Nord- und Südamerika. Das Spektrum reicht vom Argentinier Astor Piazzolla bis zu US-amerikanischen Klassikern wie Irving Berlins flottem „Puttin‘ on the Ritz“ oder George Gershwins melancholischer „Summertime“.
Der Künstlerische Leiter der Wolfegger Konzerte Manfred Honeck applaudiert beim großen Orchesterkonzert 2023 dem Solisten Maximilian Hornung. Archivbild: Wolfegger Konzerte
Beethovens große Verneigung vor Napoleon
Das große Orchesterkonzert am Samstagabend im noblen Rittersaal des Schlosses steht dann unter dem Motto „Napoleon und die Eroica“. Wie auch am Sonntag ist hier die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern unter Manfred Honecks Leitung der Hauptakteur. Der renommierte Klangkörper, der schon wiederholt in Wolfegg zu hören war, sei ja mittlerweile fast zum Hausorchester des Festivals geworden, kommentierte der Künstlerische Leiter. Zunächst erklingt Ludwig van Beethovens epochale 3. Symphonie „Eroica“, die der Komponist bekanntlich Napoleon gewidmet hat. Dem berühmten Werk, das als Meilenstein im Werk Beethovens wie in der Geschichte der symphonischen Musik allgemein gilt, stellt Honeck an dem Abend zeitgenössische Musik gegenüber: Florian Franneks „Napoleon Bonaparte“.
Eine Welturaufführung
Für sein Stück „Napoleon Bonaparte“, das er ein „Charakterbild in 18 brieflichen Episoden für Tenor und Orchester“ nennt, hat der Komponist Florian Frannek Briefe des großen Korsen vertont. Der im Erzgebirge geborene Leipziger schaffe mit musikalischen Mitteln ein ungewöhnliches Charakterbild Napoleons, erläutert Manfred Honeck. Zum Beleg führt er zwei Briefe an Gattin Josephine an, von denen der eine berührend-zärtlich, der andere dagegen barsch-distanziert ausfällt. Franneks Werk ist eine Neuschöpfung, die in ihrer Orchesterfassung in Wolfegg sogar ihre Welturaufführung erlebt.
Inniges von Franz Schubert und Anton Bruckner
„Harmonische Dialoge: Von Bruckner zu Schubert“ hat Manfred Honeck schließlich als Motto über das Kirchenkonzert in der Wolfegger Pfarrkirche am Sonntagnachmittag gesetzt. Im Zentrum steht dabei Franz Schuberts Messe Nr. 6 in Es-Dur. Sie gilt als die gewichtigste Messvertonung des Romantikers und der besonders innige Satz „Et incarnatus est“ als einer der Höhepunkte in dessen Kirchenmusik.
Aber vor der Schubert-Messe erweist das Wolfegger Festival noch dem Bruckner-Jahr 2024 seine Reverenz. Anton Bruckner wurde vor 200 Jahren geboren und wird deshalb zur Zeit überall auf der Welt besonders gewürdigt. Manfred Honeck erwähnt, dass er selber in diesem Jahr Werke des österreichischen Komponisten unter anderem in Pittsburgh, London und Hamburg dirigieren wird. Zunächst wird der Philharmonische Chor München – auch er regelmäßig zu Gast in Wolfegg – zwei der populärsten und gleichzeitig berührendsten Motetten Anton Bruckners singen, sein „Locus iste“ und sein „Ave Maria“. Dann gibt es einen Satz aus einem Stück für Streichquintett, den Manfred Honeck selbst für großes Orchester bearbeitet hat. Das Werk wird im April in Pittsburgh uraufgeführt. Und in Wolfegg gibt es dann die europäische Erstaufführung.
Manfred Honeck erzählt auch von seinem sehr persönlichen Bezug zu den verschiedenen Bruckner-Werken, die bei dem Kirchenkonzert erklingen werden. Die beiden Motetten hat er bereits als Mitglied der Zwettler Sängerknaben selbst gesungen. Das Stück Kammermusik, das er jetzt bearbeitet hat, ist ihm in jener Zeit wichtig geworden, als er Bratschist bei den Wiener Philharmonikern war.
Die Gesprächsrunde im Austausch mit dem per Zoom zugeschalteten Künstlerischen Leiter Manfred Honeck. Foto: Herbert Eichhorn
Programme sollen Vertrautes und Neues verbinden
Im Rückblick auf seine 30-jährige Tätigkeit als Künstlerischer Leiter erläutert Manfred Honeck abschließend die Prinzipien, an denen er sich in seiner Programmplanung für die Wolfegger Konzerte orientiert. Er bemühe sich immer, von Musikern und Publikum geschätzte und geliebte Werke aus dem Repertoire mit Neuem zu verbinden. Außerdem sei ihm die Förderung junger Talente ein Herzensanliegen. Und so sind tatsächlich in den vergangenen Jahren in Wolfegg oft Künstlerinnen und Künstler aufgetreten, die dann später weltweit Karriere gemacht haben.
Die Bedeutung der Wolfegger Konzerte für die Gemeinde
Im Anschluss unterstrich Bürgermeister Peter Müller die Bedeutung der Wolfegger Konzerte für die Gemeinde. Auf ihnen wie auch auf den Veranstaltungen der Ludwigsburger Festspiele im September beruhe der Ruf Wolfeggs als einer ungewöhnlichen und eben kulturell engagierten Gemeinde. Interessant war es dabei zu erfahren, dass sich das Publikum der beiden Festspiele offensichtlich deutlich unterscheide. So komme das Publikum für die Internationalen Wolfegger Konzerte überwiegend aus Oberschwaben, dem Allgäu und dem gesamten Bodenseeraum, auch aus Österreich und der Schweiz. Den Veranstaltungen der Ludwigsburger Festspiele in Wolfegg reise dagegen sozusagen ihr Publikum hinterher. Es komme mehrheitlich aus dem Stuttgarter Raum.
Die alte und die neue Geschäftsführung der Wolfegger Konzerte: Anja Rauschardt, Susanne Hölzer, Fürstin Viviana zu Waldburg-Wolfegg und Waldsee, Dr. Bernd Mayer, Dr. Irene Pill, Prof. Harald Pfab, der Schatzmeister des Freundeskreises (von links nach rechts). Foto: Herbert Eichhorn
Personelle Veränderungen
Die Geschäftsführung der Konzerte informierte schließlich noch über personelle Veränderungen. Nachfolgerin des langjährigen Geschäftsführers Dr. Bernd Mayer ist Susanne Hölzer aus Ravensburg, die früher als Referentin bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) tätig war. In der Funktion als Pressereferentin tritt Anja Rauschardt aus München die Nachfolge von Frau Dr. Irene Pill an. Prof. Harald Pfab, der Schatzmeister des Freundeskreises, betonte in diesem Zusammenhang die wichtige Rolle, die die kontinuierliche Förderung durch Dritte, etwa durch die LBBW oder durch den Landkreis, für die Finanzierung des Festivals spiele.
Wolfegg sozusagen ein kleines, feines oberschwäbisches Salzburg
Abschließend blickte die Runde zuversichtlich, ja geradezu enthusiastisch auf die diesjährigen Internationalen Wolfegger Konzerte. Für den Erfolg auch der 34. Ausgabe des traditionsreichen Festivals bestehen beste Voraussetzungen. Manfred Honeck hat ein attraktives und klug Bekanntes und Unbekanntes verknüpfendes Programm zusammengestellt. Hochkarätige Ensembles und hochkarätige Solisten, die sich Wolfegg zum Teil seit Jahren verbunden fühlen, reisen an. Die Familie von Waldburg-Wolfegg und die anderen Gastgeber öffnen wieder großzügig ihre Räumlichkeiten. Wenn nun Ende Juni auch noch das Wetter einigermaßen mitspielt, dann steht einem Gelingen der neuen Auflage dieses, um es etwas salopp zu formulieren, kleinen, aber feinen oberschwäbischen Salzburgs wirklich nichts entgegen.
Herbert Eichhorn
Infos und Karten
Informationen zu den Konzerten gibt es auf der Website der Festspiele: www.wolfegger-konzerte.de/
Konzertkarten gibt es bei der Wolfegg Information: Telefon: 07527 / 960151
wolfegg.info@wolfegg.de
Programm
Freitag, 28. Juni, 20.00 Uhr, Preisträgerkonzert, Alte Pfarr
Blechbläserensemble Bright Brass
Malcolm Arnold: Brass Quintet op. 73
Enrique Crespo: Suite Americana
Kerry Turner: Ricochet for Brass Quintet
Astor Piazzolla (arr. Steven Verhaert): Suite from Maria de Buenos Aires & Oblivion
George Gershwin: Summertime
Irving Berlin (arr. Stephen Roberts): Puttin’ on the Ritz
Samstag, 29. Juni, 20.00 Uhr, Orchesterkonzert, Rittersaal
Deutsche Radio Philharmonie, Simeon Esper, Tenor, Leitung: Manfred Honeck
Florian Frannek: „Napoleon Bonaparte“ – Charakterbild in 18 brieflichen Episoden für Tenor und Orchester
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“
Sonntag, 30. Juni, 17.00 Uhr, Kirchenkonzert, Pfarrkirche St. Katharina
Deutsche Radio Philharmonie, Philharmonischer Chor München, Leitung: Manfred Honeck
Magdalena Lucjan, Sopran
Susan Zarrabi, Mezzosopran
Martin Mitterrutzner, Tenor
Lukas Siebert, Tenor
Krešimir Stražanac, Bassbariton
Anton Bruckner:
Locus iste für Chor a cappella
Adagioaus dem Streichquintett F-Dur in der Fassung für Orchester
Ave Maria für Chor a cappella
Franz Schubert: Messe Nr. 6 Es-Dur D 950
Fürstin Viviana stammt ursprünglich aus Florenz. Das Allianzwappen am Schlosstor zeigt neben den drei Tannenzapfen der Wolfegger Linie der Waldburger auch das Wappenschild ihrer Familie. Foto: Herbert Eichhorn