Verständliche Wissenschaft und fette Party
Bad Waldsee – Die Premiere ist gelungen, auch wenn bei ergiebigem Dauerregen nur gut sechzig Besucher den Weg ins „Bildungszelt“ auf der Bleiche zum ersten Science Slam in der Großen Kreisstadt gefunden hatten.
Die Art und Weise, wie die vier jungen und junggebliebenen Wissenschaftler ihr Fachwissen auf die Bühnen gebracht haben, kam beim anwesenden Publikum an und hat sich eindeutig die Chance auf Wiederholung erspielt. Neben dem Einblick in teils sehr speziellen Themengebiete bietet der Science Slam auch eine wertvolle Vorschau in das Berufsbild der Darbietenden, also beispielsweise in die den Alltag eines Physikers oder einer Medienpädagogin.
Zaubertheater
Im großen Zelt fanden am frühen Donnerstag zunächst zwei Vorstellungen des Zaubertheaters “Wunderlich” für die Kassen vier und fünf statt. Die Kulturschaffenden von Spektrum K rund um Hans Ehinger hatten ein äußerst glückliches Händchen, denn Herr Wunderlich vermittelte den jeweils fast 200 Kindern spielerisch-zauberhaft etwa den Umgang mit Müll und entlockte der Kinderschar zahlreiche Lachsalven und Applausstürme.
Die vier von der Wissenstankstelle.
Beim abendlichen Slam traten nacheinander Dr. rer. nat Wiebke Schick, Neurowissenschaftlerin aus Biberach, Benjamin „Ben“ Stähle, stellvertretender Leiter des Instituts für künstliche Intelligenz an der Hochschule Ravensburg Weingarten, Professor Dr. Georg „Grög“ Eggers von der Hochschule München für angewandte Wissenschaften sowie die gleichzeitig moderierende Vera Engelbart, Medienpädagogin und Diplom-Kauffrau auf. Jeweils zehn Minuten hatten sie Zeit, um ihr Thema für (fast) alle verständlich rüberzubringen. Das gelang nicht zuletzt durch die Top-Bühnentechnik, die die Organisatoren aufgebaut hatten, richtig gut.
Auf zwei großen Videoleinwänden liefen zum Einstieg Filme und Musik, die vollständig durch künstliche Intelligenz generiert wurden und inzwischen nicht mehr von „echten“ Inhalten unterscheidbar sind. Im Internet und den Sozialen Medien stellen diese perfekt gefakten Bilder jedoch auch eine große Gefahr dar, wie Ben Stähle zum Schluss seines Slams eindrucksvoll zusammenfasste.
Nicht ganz so eindeutig schaffte es Wiebke Schick in ihrem Slam „Im Rausch der Gefühle“ die Wirkung des inzwischen legalen Cannabis-Konsums in Bezug auf Emotionen und zwischenmenschliche Zuneigung einzuordnen. Bekiffte seinen zwar weniger konzentrationsfähig jedoch auf der anderen Seite Empathie fähiger als nichtberauschte. Gras sei außerdem im Gegensatz zu Alkohol keine Einstiegsdroge, so ihre verharmlosende These.
Applaus-Messung
Die in der Werbung gern verwendete Mär vom Dreiliterauto wurde von Prof. Eggers dann wieder für alle nachvollziehbar als Marketing-Bluff entlarvt, auch wenn die komplexen Formeln seiner Präsentation vermutlich von keinem Besucher wirklich verstanden wurden.
Die Mär vom Drei-Liter-Auto, wissenschaftlich entlarvt.
Eggers hatte von allen vier Slamern die beste Bühnenpräsenz. Dennoch haben sich das Publikum und die vier Slamer nach der Applaus-Messung darauf geeinigt, dass es an diesem Abend keinen bzw. vier Gewinner geben soll.
Nach dem Science Slam wurde abgetanzt.
Gewonnen hat auf alle Fälle das neue Format „Bildungszelt“ der Bildungsstiftung Bad Waldsee, das schon im ersten Jahr die eigentliche (Aus-) Bildungsmesse wunderbar ergänzt und bereichert hat. Das werden auch die zahlreichen Party Besucher so sehen, die der Einladung von Young Culture gefolgt sind die Bleiche auch außerhalb vom Stadtfest in einen großen Dancefloor verwandelten.
Text / Fotos: Bernhard Schultes