Tradition, in die Höhe gestemmt
Bad Waldsee – 30. April abends auf der Hochstatt. Musik schmettert, Fahnen schwingen, der Fanfarenzug kündigt den Maibaum an. Gezogen von zwei starken Kaltblütern, begleitet von nicht minder starken Zimmerleuten, vulgo Jungelfern, kommt der gut 30 Meter lange (weil noch in der Horizontalen) Maibaum auf der Hochstatt an. Gespannt erwartet von etwa 200 Schaulustigen rund um die Absperrung, im Czardas.
Der Fanfarenzug kündigt den Maibaum an.
Gut Ding will Weile haben und bis so ein Baum aus der Horizontalen mit Muskelkraft in die Vertikale gehievt ist, dauert’s eben. Kein Problem für Barny Bitterwolf, der mit seiner Wortakrobatik jede Lücke im Geschehen meisterhaft überbrückte. So konnte der am weitest Angereiste, aus Pittsburgh, USA, mit Applaus begrüßt und eine neue Bauernregel mit Erstaunen aufgenommen werden. „Fällt im Mai die Bauernhose, war im April der Knopf schon lose.“
Starke Jungelfer.
Er freute sich, nach dem großen Einweihungsfest „Altstadt Für Alle“ nur zwei Tage später das nächste Highlight feiern zu dürfen: OB Matthias Henne. Nebst Dank an alle, die fürs Aufstellen des Baums sorgen, äußerte er seine Freude adrüber, dass diese Tradition in Bad Waldsee gelebt und gepflegt wird. Der stattliche Maibaum mit seinen Motivtafeln zeige auch den Stellenwert auf, den das Handwerk in Bad Waldsee innehabe, so der OB weiter.
OB Henne spart nicht mit Lob für Maibaum-Moderator Barny Bitterwolf.
Das händische Maibaumstellen ist ein gehöriges Stück Arbeit. Immer zwei mit einer Kette verbunden Holzstämme, sogenannte „Scheren“, in abgestuften Längen und mit einer ordentlichen Mannschaft Jungelfer besetzt, nehmen den Stamm auf, drücken ihn Meter um Meter in die Höhe. Unten ist der Baum in einer sicheren Bettung mit starken Metallhalterungen und kräftigen Schrauben fest verankert.
Lond it luck
Angefeuert von Bitterwolf und den Zuschauern mit einem kräftigen „Lond it luck“ kommt der Baum über sechs, sieben Hebungen in die Vertikale.
Hauruck. Es geht Meter um Meter nach oben.
Federle und Maibaum im Zwiegespräch. Fasnet und Mai-Brauchtum haben in Bad Waldsee viele Berührungspunkte: Der Maibaum wird an derselben Stelle errichtet wie der Narrenbaum und dieselben Leute legen da Hand an: die Jungelfer der traditionsreichen Waldseer Narrenzunft. Für Nicht-Waldseer: Das Federle ist eine Maske, die den schönen Jägersmann, den bösen Verführer darstellt. 1979 wurde auf der Hochstatt der Federle-Brunnen gebaut, ein Werk des Waldseers Billdhauers René Auer.
Andreas Hepp (Bild) für die Zunft der Maler, Michael und Manuel Herrmann für die Bäcker, Siegbert Kranz für die Bauern, Edwin Jehle für die Zimmerleute und Helmut Leuter für die Metzger trugen ihre Segensprüche vor.
Die Bäcker Manuel und Michael Herrmann (mit Barny Bitterwolf).
Siegbert Kranz spricht für die Bauern.
Edwin Jehle für die Zimmerleute.
Helmut Leuter für die Metzger.
Die Volkstanzgruppe Winterstettendorf erfreute das Publikum mit ihren Trachten und althergebrachten Polka-, Walzer- und Klatschtänzen.
Text und Fotos: Erwin Linder