Stallgespräch: Landwirtschaft trifft Politik
Bad Waldsee – Rund 30 Bauern und Bäuerinnen, Verbandsvertreter/innen und Interessierte waren der Einladung des Grünen Ortsverbands Bad Waldsee auf den Biohof Bohner in Kohhaus gefolgt. Initiiert hatte das „Stallgespräch“ Kreisrätin und Kreistagskandidatin Elke Müller.
Elke Müllers Anliegen, Bauern und Bäuerinnen aus der Region mit der Politik ins Gespräch zu bringen, fiel bei Familie Bohner auf fruchtbaren Boden. So trafen sich im Futtergang des Kuhstalls der Grünenpolitiker MdL Martin Hahn, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, mit den Landwirten Franz Fluhr und Marion und Klaus Bohner sowie Elke Müller und ihr Fraktionskollege im Kreistag, Martin Weiß, der das Gespräch sachlich moderierte. Mehrere Themen und Probleme wurden angesprochen und dabei wurde deutlich, dass das Themenfeld komplex ist.
Konkrete Erwartungen der Landwirtschaft nach Verlässlichkeit seitens der Politik, was Vorschriften und Verordnungen anbelangt, gibt es insbesondere bei Stallbauten und Felderbewirtschaftung. Änderungen in kurzen Abständen sind dort kaum umsetzbar und können die Zuschussberechtigung kosten. Für kleine Betriebe geht das an die Existenz.
Vielen Höfe stehen vier Lebensmittelketten gegenüber
„Landwirte trifft das Kaufverhalten von Verbrauchern direkt“, wie Marion Bohner erläuterte. Als Reaktion auf die erhöhte Nachfrage während der Corona-Pandemie haben die Landwirte reagiert, investiert und die Produktion hochgefahren. Nach der Pandemie ist die Nachfrage massiv wieder zurück gegangen aufgrund der allgemeinen Teuerung; schmerzhaft für landwirtschaftliche Betriebe. Hier trägt auch der Handel eine Verantwortung, welche Produkte zu welchen Preisen in den Supermärkten zu finden sind und was vom Preis am Ende beim landwirtschaftlichen Erzeuger „hängen“ bleibt. Den vielen landwirtschaftlichen Betrieben in der Region stehen die vier großen Lebensmittelketten gegenüber, die die Preise „diktieren“. Das ist ein Ungleichgewicht zu Lasten fairer Preise für landwirtschaftliche Produkte, so Martin Hahn.
Mit 30 Millionen Euro stellt das Land Baden-Württemberg so viel wie kein anderes Bundesland für regional produziertes Bio-Essen in Kantinen, Mensen, Kitas, Schulen, Pflegeeinrichtungen und Behörden zur Verfügung. Die flächendeckende Umsetzung könnte besser laufen und benötigt viel Überzeugungskraft, so Martin Hahn.
„Familienbetriebe und die kleinbäuerliche Landwirtschaft haben schlicht nicht die personellen Ressourcen, sich mit den vielen Auflagen und Bestimmungen zu beschäftigen“, so ein junger Landwirt. Existentiell wird es, wenn fristgerecht eingereichte Anträge 9 Monate beim Regierungspräsidium Karlsruhe „liegen“, bevor sie bearbeitet werden und die beantragten Fördergelder ausgezahlt werden. „Bürokratie vernichtet sich nicht selbst, sondern erzeugt sich selbst“, so Martin Hahn, für den es ein großes Vorhaben ist, Bürokratie abzubauen.
Zum Thema Bauernproteste waren sowohl zufriedene als auch kritische Stimmen zu hören. Martin Hahn, Sprecher für Agrarpolitik und Vorsitzender im Ausschuss für Ernährung, landwirtschaftlicher Raum und Verbraucherschutz, hat im Zuge der Proteste viele Gespräche mit den Bauern geführt. Daraus ist eine lange Liste der Erwartungen an die Politik entstanden, die er mit seinem Team abarbeitet. Nicht immer hat Martin Hahn als Politiker geantwortet an diesem Abend, sondern immer wieder auch als Landwirt. Sein landwirtschaftlicher Betrieb ist heute zwar verpachtet, aber er hat den „Stallgeruch“ und das kam gut an.