Rat stimmt für Gymnasium-Erweiterung – ohne Aula
Bad Waldsee – Am Montag (3.6.), stimmte der Gemeinderat – gegen die Stimmen der Grünen-Fraktion –für den Durchführungsbeschluss zum Erweiterungsbau des Gymnasiums in der letzten Planausführung, das heißt: ohne Aula.
Zum Schluss gab es doch noch die emotionale Diskussion über den Gymnasiums-Erweiterungsbau, den sich die Initiative Pro Aula wohl gewünscht hatte. Am Ergebnis änderte sich jedoch nichts mehr. Damit endete ein seit drei Jahren dauerndes Planungs- und Abstimmungsverfahren.
Die Chronologie
27.6.21: Der Gemeinderat beschließt, einen Planungswettbewerb für den notwendigen Erweiterungsbau des Gymnasiums auszuschreiben.
07.07.22: Eine Jury beurteilt die Wettbewerbsbeiträge.
25.7.22: Der Gemeinderat wird über die Jury-Entscheidung informiert und der Siegerentwurf wird vorgestellt. Die Kostenermittlungsphase gemäß Vergabeverordnung erfolgte.
22.9.22: Der Gemeinderat vergibt die Planungsaufträge. Es stellt sich heraus, dass die Ausführung des Siegerentwurfes ca. 10,1 Millionen Euro kosten würde, gegenüber den ursprünglich für den Erweiterungsbau geschätzten und budgetierten sechs Millionen Euro. Aufgrund dieser Kostensteigerung wurden weitere Varianten geprüft.
29.1.24: Der Gemeinderat entscheidet sich aufgrund der Kosten für eine Lösung ohne Aula, die mit ca. 8,2 Millionen Euro veranschlagt wird.
Gegen diese Entscheidung und für die Lösung mit einer Aula bildet sich in Bad Waldsee eine Initiative Pro Aula. Der Initiative gelingt es innerhalb kurzer Zeit, mehr als 1100 Unterschriften für eine Lösung mit Aula zu sammeln.
17.5.24: Mit einem Festakt im Gymnasium wurde der Start der Bauarbeiten eingeleitet. Walter Ritter, ehemaliger Chef des Gymnasiums und Fürsprecher der Initiative Pro Aula, begründete bei diesem Festakt die Notwendigkeit der Aula für den Schulcampus Bad Waldsee und übergab Sonja Wild, CDU, als Sprecherin der größten Gemeinderatsfraktion die Unterschriften-Sammlung mit der Hoffnung, den Durchführungsbeschluss im Gemeinderat noch zu verhindern.
3.6.24: Der Gemeinderat stimmt gegen die Stimmen der Grünen Fraktion für den Durchführungsbeschluss. Der Erweiterungsbau soll ohne Aula realisiert werden.
Bürgerschaft schwach vertreten
Der Sitzung des Gemeinderates im Haus am Stadtsee folgten erstaunlich wenige Zuschauer. Die Initiative war mit einer Handvoll Anhänger und zwei kleinen Plakaten und Ex-Gymidirektor Walter Ritter anwesend. Schüler und Eltern, die direkt Betroffenen – Mangelware.
Die Vorstellung des Projektes durch OB Henne
OB Henne brachte die Beschlussvorlage als zehnten Tagesordnugspunkt in die Sitzung ein. Man spürte, dass ihm dieses Bauvorhaben persönlich am Herzen liegt. Er ging sehr detailliert auf die Raumplanung ein, die verschiedene Möglichkeiten für Veranstaltungen hergibt. Ebenfalls wies er darauf hin, dass im Zuge der Erweiterungsmaßnahmen auch das Foyer im Bestand verbessert wird. Natürlich könne man verschiedener Meinung sein, so der OB, und wir könnten uns glücklich schätzen, in einer Demokratie zu leben, in der jeder seine Meinung frank und frei äußern kann. Trotzdem sollte man mit Amtsträgern fair und anständig umgehen.
Stimmen aus der Mitte des Rates
Lucia Vogel, Grüne, stellte die Frage, wie man denn mit den mehr als 1100 Unterschriften umgehen sollte, ob die jetzt ganz unter den Tisch fielen. Darauf hin entwickelte sich eine emotionale Diskussion, in der die Räte nochmals ihre Positionen darstellten. Tobias Lorinser, CDU, hielt die Anzahl der gesammelten Unterschriften nicht für ausreichend, um die höheren Kosten für die Aula zu rechtfertigen. Karl Schmidberger, SPD, war auch für die Lösung mit Aula, aber „ich beuge mich der Mehrheitsentscheidung.“ Er habe viele Gespräche mit Petenten geführt. Nachdem diese alle Fakten kannten, wären die Hälfte mit der kostengünstigeren Lösung einverstanden gewesen. Demokratische Entscheidungen sollte man respektieren. Ingrid Wölflingseder, CDU, berichtete ebenfalls vom Aha-Effekt, wenn die Bürger, mit denen sie ebenfalls Gespräche führte, mit den Fakten konfrontiert würden. Jörg Kirn, Grüne, hatte ein Statement vorbereitet. Er positionierte sich klar pro Aula, meinte, man eiere jetzt seit drei Jahren um den Siegerentwurf. Gerade nach den Erfahrungen mit den Corona-Einschränkungen wäre die Frage nicht, können wir uns eine Aula leisten, sondern richtigerweise, können wir uns eine Schule ohne Aula leisten. Er könne diesem Durchführungsbeschluss nicht zustimmen. Wilhelm Heine, CDU, erklärte, er stehe zu diesem Beschluss. Er verwies auch auf die Teilorte, die ebenfalls auf Schulräume angewiesen wären. Er forderte insgesamt mehr Zuschuss von Bund und Land für die Schulen. Außerdem, bei den zu erwartenden Kostensteigerungen würde man mit den 8,2 Millionen Euro ohnehin nicht auskommen. Benno Schultes, FWV, war der Ansicht, der Neubau, den man beschlossen habe, sollte jetzt zügig in Angriff genommen werden. Er bedankte sich ausdrücklich beim Stadtbaumeister Andreas Heine-Strahl für die ganzen komplexen Berechnungen, die das Amt angestellt hätte. Maximilian Klingele, CDU, meinte, man solle doch den Entwurf nicht schlechtreden. Er als Lehrer würde dem Gymnasium die Aula von Herzen gönnen. Aber als Gemeinderat müsse er einfach sehen, was die Stadt als Pflichtaufgaben alles vor der Brust habe. Man müsse den Menschen ehrlich sagen, “was wir uns leisten können und was nicht.”
Die Rat stimmte mit drei Gegenstimmen und drei Enthaltungen für den Durchführungsbeschluss.
Monika Ludys Zitat
Bürgermeisterin Ludy brachte am Ende der Sitzung, lange nachdem die Entscheidung schon gefallen war, eine Passage aus dem Haushaltserlass des RP Tübingen zur Kenntnis, den die Bildschirmzeitung hier wörtlich zitiert: „Nur wenn es der Stadt Bad Waldsee gelingt, die Ertrags- und Finanzkraft ihres Haushalts auf ein dauerhaft angemessenes Niveau zu erhöhen und die Gesamtverschuldung zu beschränken, kann sich die Stadt die notwendigen finanziellen Handlungsspielräume erhalten und ihre stetige Aufgabenerfüllung sicherstellen. Angesichts einer gesamtwirtschaftlich ungewissen Entwicklung muss die Stadt Bad Waldsee konsequent strukturelle Maßnahmen ergreifen, um die Ertrags- und Finanzkraft des Kernhaushalts zu steigern.“
Erwin Linder