Paul Sägmüller stellte sein neues Buch vor
Rossberg – Im Saal des Gasthofes „Zum Bräuhaus“ stellte Heimatforscher Paul Sägmüller am 27. Dezember sein neuestes Buch vor. Es erzählt, wie der Titel ausweist, von der kleinen Ortschaft Rossberg.
Der Schalk blitzt dem schwäbischen Original und Heimatforscher aus den Augen, wenn er die Besucher, viele kennt er persönlich, per Handschlag begrüßt. Um 19.00 Uhr tritt er vor sein Publikum. Es sind doch etliche nach Rossberg gekommen. Der Saal im ehemaligen Bräuhaus ist nicht voll, aber doch gut gefüllt.
Er hat sich nicht extra schick gemacht, der Paul Sägmüller. Eine warme Jacke, Reißverschluss offen, überm karierten Hemd. In der Hand hält er, wie jeder gute Moderator, ein paar Zettel aus etwas festerem Papier. Darauf, man kann es vermuten, ein paar Stichworte, damit er den Roten Faden immer wieder findet. Denn Paul Sägmüller ist ein Erzähler mit einem übervollen Repertoire, der sich in seinen eigenen Erzählung in immer neuen Zweigen und Verästelungen verliert, neue Themen findet und anschneidet und sich dann, anhand seiner Moderatoren-Notizen, selbst zur Disziplin mahnt und wieder zum Thema, zum Roten Faden, zurückfindet.
Er hat einen Wecker in der Hand. So einen Küchenwecker, wie man ihn zum Eier kochen verwendet. „Wie lange sollen wir machen, Ihr seid schließlich das Publikum und könnt bestimmen, wie lange ich reden soll, wann und wie lange wir Pause machen.“ Paul Sägmüller und sein Publikum einigen sich auf auf 45 Minuten bis zur Pause.
Zehn Jahre an „Rossberg“ gearbeitet
Jeder hat ein Glas vor sich. Wie in einem Gasthaus “Zum Bräuhaus“ nicht anders zu erwarten, die meisten mit einem Weizen oder einem Hellen drin. Und los geht’s. Nein, Paul Sägmüller erzählt nicht einfach, was in seinem Buch drinsteht. Er erzählt vom Werdegang des Buches. „Woischt Du, was an Netzplan isch?“, richtet er eine Frage an sein Publikum. Denn wenn Du ein Buch machen willst, brauchst du einen Plan. „Sonscht wird’s nix. Denn verzettleschte bloß.“ Vor zehn Jahren fing er an mit dem Buch über Rossberg.
„Für so a Buech muesch viel recherchiere.“ Und wo fängt man damit an? Natürlich bei der eigenen Erinnerung. Da gab es hier das Bräuhaus. Und B+K haben hier angefangen. Auch die Firma Schaette war erst in Rossberg, bevor sie nach Bad Waldsee übersiedelte. Und der Wolfangel. „Wie weit ganget de oigene Erinnerungen zruck?“ Das, an das man sich noch selbst erinnert, das, was Vater und Mutter, vielleicht noch Großeltern und Urgroßeltern erzählten. Wenn man pro Generation etwa 30 Jahre rechne, dann sind es vielleicht 120 Jahre zurück. Also vielleicht bis 1900.
Kurzweilig und amüsant kann Paul Sägmüller erzählen. Und so erfuhr das Publikum über den Recherchebericht auch allerhand, was im Buch drin steht. Und zwar in einer Version, die neugierig auf’s Buch machte. „Denn i hon so viele drvo drucka lasse, ich muess se jetzt oifach verkaufe“, so Paul Sägmüller zum Schluss seines Vortrages, nachdem er nach der Pause weitere gute 45 Minuten Recherche-Bericht angehängt hatte. Inklusive der Erzählung, wie es zu zwei Fake-Bildern auf den 110 Seiten des Buches kam.
Ein Flecken an einer wichtigen Kreuzung
Und neugierig auf’s Buch möchten wir unsere Leser auch machen. Auf eine Reise durch 15.000 Jahre Geschichte des Erdenfleckens, auf dem sich der Weiler Rossberg entwickelte. An der Kreuzung zweier wichtiger Verkehrswege. Vom Schussental über Wurzach ins Allgäu und von Bad Waldsee durchs Urbachtal nach Wolfegg. Wie in Rossberg das erste trinkbare Pils nach Pilsener Brauart gebraut wurde. Und die Geschichten zweier heimtückischer Morde.
Auch die Queen kam vorbei
1870 brachte das Königreich Württemberg die Eisenbahn nach Rossberg. Und auf den Schienen, die den Weiler mit der Welt verbanden, reiste 1965 die Queen höchstpersönlich durch Rossberg, um via Aulendorf und Friedrichshafen ihre Sprösslinge, die in Salem erzogen wurden, zu besuchen.
Bertolt Brechts Mutter wurde in Rossberg geboren
Bertolt Brechts Großvater mütterlicherseits war königlich-württembergischer Stationsvorstand in Rossberg. Hier kam 1871 die Tochter Wilhelmine Friederike Sophie zur Welt, die Mutter des berühmten Dichters, der 1898 in Augsburg geboren wurde.
Der Brauerei, früher ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Rossberg, widmet Sägmüller ein ausführliches Kapitel. Wer es durchliest, kann sich bald selbst als Bierbrausachverständiger fühlen.
Wieviel Bier in Rossberg einst gebraut wurde, kann Paul Sägmüller anhand alter Geschäftsbücher genau beantworten.
Das Rossberg-Buch von Paul Sägmüller lädt alle dazu ein, die Freude am Entdecken der alten Zeit haben – ob sie immer eine gute war, sei dahingestellt – in den 100 Seiten zu blättern und zu schmökern. Genauso, wie sich Sägmüller nicht an eine stringente Gliederung hält, muss man das Buch nicht von vorne nach hinten durchlesen. Der Autor dieser Zeilen ist beim Vor- und Zurückblättern immer wieder an den vielen Illustrationen und Bildern hängen geblieben, die ihn dann in die Geschichte und Geschichten führten.
Schade für Sägmüller, dass er sein Rossberg-Buch nicht vor Weihnachten fertigstellen konnte. Es hätte sich als Weihnachtsgeschenk unter manchem Christbaum sicher gut gemacht.
Die 23,- Euro für das Buch sind gut angelegt. Zum Selberlesen oder zum Verschenken kann man es in der Stadtbuchhandlung Bad Waldsee, im „Bräuhaus“ in Rossberg oder beim Verlag unter www.saegmueller-verlag.de erwerben.
Text und Fotos: Erwin Linder