Osterhofer Kapellensanierung eingeläutet
Bad Waldsee – Donnerstag, 19. September. Mit viel Politprominenz wurde der Beginn der Bauarbeiten an der Marienkapelle in Osterhofen gefeiert. Vom Baugerüst herunter flogen die ersten Dachplatten mit viel Geschepper in den Schuttcontainer.
Es war ja ein langes Hin und Her mit der Kapelle und wie immer ging es um das liebe Geld. Denn die Renovierung der Marienkapelle ist aufwendig. Runde 700.000 Euro sind veranschlagt.
Blick auf den großartigen Hochaltar der Osterhofer Kapelle „Mariä Opferung“. Die Kapelle ist die Heimstatt der beiden mehr als 300 Jahre alten Osterhofener Gebetsbruderschaften, die dort alljährlich ihre Bruderschaftstage abhalten und deren Bruderschaftsbilder dort verwahrt sind.
Die Fresken stammen von Eustachius Gabriel
Von außen macht die Kapelle nicht allzu viel her. Umso schöner ist das Innere des Gotteshauses. Ein prachtvoller, barocker Hochaltar steht in der Apsis. Im Zentrum eine Pietà, darüber die Taube, den Heiligen Geist symbolisierend, und über allem Gottvater, flankiert von zwei Engeln, von denen der linke eine Jacobsleiter hält, der rechte einen Stab. Neben den versetzt angeordneten Doppelsäulen des Hochaltars sieht man links den heiligen Josef mit dem Jesuskind und rechts Johannes den Täufer. Das zentrale Deckenfresko zeigt das zentrale Element des christlichen Glaubens: die Auferstehung Jesu. Die Fresken im Rokokostil schuf 1762 Eustachius Gabriel, der im nahen Unterschwarzach zur Welt kam und im damals habsburgischen Laibach (heute Ljubljana, Slowenien) starb.
Eines der Deckenfresken. Es zeigt den Sieg Christi über Hölle und Tod.
Für ein Dorfgotteshaus ist die Kapelle, die im Eigentum der Stadt Bad Waldsee steht, überaus reich ausgeschmückt. Die Renovierung als erhaltenden Maßnahme ist deshalb nicht nur eine Aufgabe der Kirchengemeinde für ihre Gläubigen, sondern sie dient weit darüber hinaus dem Erhalt eines wertvollen Denkmals und der Bewahrung eines Zeugnisses der reichhaltigen ländlichen Kultur.
Versteckte Schäden
Marode Strukturen. Ein Zettel warnt vor dem Betreten des Dachbodens.
Gegenüber der Bildschirmzeitung „Der Waldseer“ erklärte Stadtbaumeister Andreas Heine-Strahl die Notwendigkeit und die Schwierigkeiten bei der Renovierung der Kapelle, die ja rein äußerlich einen ordentlichen Eindruck macht. Die Schäden sind versteckt in der bemalten Decke der Kapelle. Die Auflagen des Dachstuhls auf den Seitenwänden sind marode und der Dachstuhl schiebt deshalb nach außen.
Die Decke besteht nicht nur aus Gips, wie heutzutage, sondern aus einem mit Tierhaaren versetzten Gemisch, das von unten und oben auf eine Lattung aufgebracht wurde. Durch die Tierhaare blieb die Mischung immer flexibel und konnte den Bewegungen der Holzkonstruktion folgen. Dadurch, dass nun die Holzkonstruktion marode ist und teilweise ausgetauscht werden muss, besteht die Gefahr, einzelne Deckenteile durch Absturz zu verlieren. Wegen der Absturzgefahr der Decke ist die Kapelle zurzeit auch gesperrt.
Als erste Maßnahme sichert ein Restaurator die wertvolle Decke. Dann kann von oben die Holzkonstruktion saniert werden. Der Restaurator begleitet die Maßnahme über die gesamte Dauer der Sanierung. Als Abschluss der Sanierung peilt Stadtbaumeister Heine-Strahl Mariä Himmelfahrt im nächsten Jahr an (also den 15. August 2025), passend für eine Marienkapelle.
Dachplattenwurf statt Spatenstich
OB Matthias Henne verkündet gute Nachrichten: Die Finanzierung für die Kapellensanierung steht.
Gute Nachrichten zu verbreiten, macht gute Laune, und wenn die Sonne dazu scheint, umso mehr. Und Oberbürgermeister Matthias Henne konnte in seiner Ansprache denn auch nur lobende Worte für alle Beteiligten und vor allem für die ganzen Geldgeber finden. Viele haben ihr Scherflein zur Finanzierung beigetragen. Knapp 50 Prozent kamen nach den Worten des Schultes aus Denkmalschutzmitteln des Bundes und des Landes. 100.00 Euro trug die Katholische Kirchengemeinde Haisterkirch zur Sanierung bei. Auch der Landkreis Ravensburg und ungenannte Einzelspender halfen bei der Finanzierung. 158.000 Euro steuerte die Stadt bei und 100.000 Euro kamen vom Förderverein der Kapelle, der sich über eine großzügige Spende von Gerda Hymer in Höhe von 50.000 Euro freuen konnte.
Markus Schmid, der Vorsitzende des Fördervereins.
„Es ist eine schöne Vorstellung, dass die Kapelle zukünftig wieder in neuer Pracht erstrahlen wird und wieder Anlaufpunkt für Menschen in unterschiedlichen Situationen sein kann. Menschen, die zum Gebet herkommen, dem Himmel ein kleines Stück näher sein möchten oder die einfach nur Stille suchen. Menschen aus Osterhofen, der ganzen Stadt oder auch weit darüber hinaus, die den geschichtlichen und kulturellen Wert des kleinen Kirchleins erkennen“, sagte der OB und bedankte sich bei allen, die sich um die Kapelle verdient gemacht haben und bei allen Spendern.
Erwin Küblers Geburtstagsgeschenk
Rosa Eisele, die langjährige Ortsvorsteherin, brachte nicht nur ihre Freude über den Start der Bauarbeiten zum Ausdruck, sondern durfte sich noch über unerwartete Spenden für die Osterhofer Kapelle freuen. Erwin Kübler, vor kurzem von OB Henne zu seinem 90. Geburtstag geehrt, übergab Rosa Eisele einen Scheck über 2050 Euro. „Was soll ich mir zum Geburtstag noch wünschen. Ich habe doch alles, was ich brauche. Und die vielen Flaschen Wein kann ich gar nicht mehr trinken. Alles, was ihr mir schenken wollt, spendet es doch unserer Kapelle“, hatte Erwin Kübler vor seinem Geburtstag kundgetan; nun konnte er Rosa Eisele einen Scheck über die genannte Höhe übergeben.
Da ließ sich Franz Brauchle die Konto-Nummer geben
Und dann gab es noch eine großartige Ankündigung: „Ja, das habe ich gesagt. Sobald das Gerüst an der Kapelle steht, überweise ich dem Kapellenverein 10.000 Euro“, sagte Franz Brauchle und ließ sich von Fördervereinsvorstand Markus Schmid die Kontonummer des Vereins geben.
Großherzige Spender: Erwin Kübler (links) und Franz Brauchle (Mitte) mit Rosa Eisele, Matthias Henne und Stefan Werner.
Große und kleine Spenden kamen zusammen – alles, hilft. Eine nette Anekdote erzählte Rosa Eisele vom verstorbenen Erwin Klingele vom „Hasen“ in Bad Waldsee. „Von ihm habe ich eine Spende von 20 Euro erhalten mit dem Kommentar: Fürs Fundament ein Sack Zement.“
In Richtung OB meinte sie mit Blick auf die nun angepackte Sanierung : „Wieder ein Wahlversprechen eingelöst.“ „Abgehakt“, antwortete dieser.
Zünftig mit Leberkäswecken, selbst gebackenem Zopf, Kuchen und Kaffee und vielen Gesprächen klang der „Dachplattenwurf“ aus.
Text und Fotos: Erwin Linder