NICHTNUREINGESICHT
Bad Waldsee – Eine neue Ausstellung Portraitbilder von Anca Jung hängt im Foyer des Bad Waldseer Genossenschaftskinos Seenema. Die Bildschirmzeitung war für Sie bei der Vernissage am heutigen Sonntagvormittag (14.7.).
Dass sich Ärzte in ihrer Freizeit der Malerei widmen, ist nicht außergewöhnlich. Vielen dient der Umgang mit Pinsel und Farbe als Ausgleich zum Alltagsstress in der Praxis. Dass Anca Jung erst nach ihren aktiven Jahren als Medizinerin zur Kunst gefunden hat, ist eher ungewöhnlich spät. Aber vielleicht ihrer Jugend in einer Familie von Künstlern geschuldet. Wer große Namen in seiner Verwandtschaft hat, der stellt vielleicht als junger Mensch zu hohe Ansprüche an sich selbst.
So studierte die 1959 in Bukarest geborene Anca Jung (Bild) in Rumänien Medizin. Mit 33 Jahren verließ sie ihre Heimat, um sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Schnell lernte sie die Sprache und fand sich auch in unser schwäbisches Idiom ein. Als Haus- und Kinderärztin voller Empathie fand sie sich in die Gefühle und Seelenlagen ihrer großen und kleinen Patienten ein. Wie sie selbst sagt, habe sie „die Liebe zu den Menschen zu meinem Beruf und zu meiner Leidenschaft für Kunst gebracht“.
Marianne Jocham (Bild) sagte in ihrer Begrüßungsansprache über die Künstlerin „Seit 2015 malt sie und vermag die verschiedenen Stimmungen in allen ihrer Werken einzufangen und bildlich umzusetzen. Ihre Porträts sind „nicht nur ein Gesicht“ – so der Titel dieser Ausstellung -, sondern tiefgründig, expressiv und sensibel. Ihre große Malleidenschaft gehört dem Gesichtsausdruck, dem Spiegel der Seele. Empathie und Beobachtungsgabe zeichnen auch Ancas Werke aus.
In vielen Kursen lernte Anca Modellieren, Zeichnen mit Kohle oder Filzstift und Malen mit Öl und Aquarell. Hinzu kommt, dass sie sich von Menschen und Alltagsmomenten für ihre Porträts inspirieren lässt.
Porträtmalen? Ja, das beherrscht Anca eindrucksvoll und ausdrucksstark. Und Porträtmalen ist eine Herausforderung, muss man doch die Kopfform, den Schädel, das Gesicht richtig proportionieren und die Details wie Augen, Mund, Nase und Ohren richtig setzen! Die Farbsetzung ist in all ihren Werken voller Dynamik, mal mehr im impressionistischen, mal eher im expressionistischen Stil. Spontaneität ist wichtig, nichts wird geglättet und geschönt. Das Porträt muss „lebendig“ sein. Keine düstere Ahnengalerie! Der Charakter und die Seele müssen eingefangen werden und für die Nachwelt erhalten bleiben.
Wolfgang Jung (Bild), Ehemann der Künstlerin, ging in seiner Laudatio mehr auf biografische Aspekte der Laufbahn ein. So erfuhren die Besucher, dass Anca Jung sich auf ein Inserat in der Zeitung auf eine Stelle in einer Landarztpraxis beworben habe und so ins Schwäbische kam. Wichtig für ihren künstlerischen Werdegang waren Begegnungen mit den Bildhauern Herbert Leichtle, mit dem sie immer noch jedes Jahr eine Woche im Travertin-Steinbruch arbeitet, und Gerold Jäggle aus Ertingen.
Marianne Jocham zeigte sich erfreut über die große Anzahl Besucher, die zur Vernissage am Sonntagvormittag kamen. Anca Jung, mittlerweile Vorsitzende des Kunstvereins Bad Saulgau, lockte viele „Sulgemer“ ins Seenema.
Thomas Scholz und Nicole Rickert von der JMS brachten mit swingenden Saxophonklängen die richtige Stimmung ins Seenema.
Die Ausstellung ist noch bis zum 14. September zu den Kinoöffnungszeiten zu bestaunen.
Text und Fotos: Erwin Linder
In der Galerie finden Sie Porträts