Mit viel Humor und feinster Sangeskunst
Alttann – „Uns Männer mag man eben“, mit diesem unwiderlegbaren Satz lud auch in diesem Jahr der Männerchor Alttann zum Sängerabend ins Haus für Bürger und Gäste. Und weil obige Erkenntnis absolut überzeugend ist, füllten höchst erwartungsvoll neben zahlreichen Männern mindestens genauso viele Frauen den schön geschmückten Saal! Peter Schad – seit 37 Jahren leitet er erfolgreich den Männerchor – flocht einen Strauß vom heiteren Volkslied, vom Opernchor und Evergreenschlagern bis in die Neuzeit. 26 Männer, unter ihnen die Klavierbegleitung, kleine Ensembles und Solisten, stemmen das Programm. Vorsitzender Karl Motz begrüßte die Gäste, unter ihnen den Partnerchor aus Rüthi (Kanton St. Gallen, Schweiz), Gemeinderäte und Geistlichkeit, und versicherte, das in vielen Probestunden erarbeitete diesjährige Programm sei keineswegs identisch mit dem letztjährigen, auch wenn das Motto identisch sei.
Der Männerchor Alttann (gegründet 1927 als Liederkranz).
Der Vorsitzende Karl Motz bei der Begrüßung.
Auf Schwäbisch heißt ein Ansager „Schwätzer“
Josef Matheis, der „Schwätzer“ (auf hochdeutsch Ansager oder Moderator), eröffnete das Konzert mit einem Gedicht, das die Rituale während und nach den jeden Dienstag stattfindenden Proben verriet.
Josef Matheis, der Ansager des Chores.
Erster Programmpunkt war logischerweise das Lied „Männer mag man eben“. Das darin besungene „Der Mann gibt, was er kann, hat alles im Griff, er ist verwegen etc.“ wurde verschmitzt lächelnd von allen Registern mit Inbrunst vorgetragen und von Franz Ott am Klavier unterstützt. Den „Jägerchor“ aus Carl-Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ kündigte Matheis mit einem Gedicht von Hugo Breitschmid an, in dem dem Jäger beim Erblicken eines Minirocks Has und Bock schnuppe wurden. Chor und Klavierbegleitung interpretierten den anspruchsvollen Titel selbst in den Pianopassagen ausgezeichnet. Die folgende „Schwarzwaldfahrt“ (Horst Jankowski), arrangiert von Peter Schad und etwas umgetextet von Schorsch Deger, leitete der „Schwätzer“ mit einer Anekdote aus dem Jahr 1898 ein, in der es um das wohl erste Damenskirennen am ach so gefährlichen Feldberg ging, wobei die Piste „mäßig schwierig“ sei – für Männer natürlich nicht im geringsten! Allerdings hatten die damals recht mutigen Damen größte Probleme wegen der noch üblichen langen Röcke. Die nun swingende „Schwarzwaldfahrt“, vorbei am Kniebis, Feldberg, Mummelsee in der schönen Einsamkeit wurde von den Chormännern einfühlsam erzählt. Mit den „Träumen von der Moldau“ (Bedrich Smetana) bewiesen Chor und Ott am Klavier ihr eindrucksvolles Können. Man spürte gleichsam das Dahinfließen des Liedes bzw. der Träume auf den sanften Wellen der Moldau. Darin enthaltene Partituren arrangierte Franz Ott selbst. Peter Schads perfektes und ruhiges Dirigat tat ein Übriges zu der bestens gelungenen Interpretation.
Das harte Los der „Schwabenkinder“
Mit den „Schwabenkindern“ erinnerten die Sangesmänner an das harte Los der aus den Alpen nach Oberschwaben geschickten Kinder, die denkbar schlecht angezogen schwerste Arbeit leisten mussten, nur um nicht zu verhungern. So kam es schon mal vor, dass kalte Füße in frischer Hinterlassenschaft von Rindern gewärmt wurden, berichtete Matheis. Solist Kuno Reichle trat dabei authentisch mit Jacke, Hirtenhut, Rucksack und Stock verkleidet und stimmlich glänzend zwischen Chor und Klavier auf.
Kuno Reichle als Schwaben-“Kind”.
Nach den Schwabenkindern räumten die Männer die Bühne, um einer ersten Überraschung Platz zu machen. Der Alttanner Daniel Kloos spielte nun auf seiner Trompete lupenrein drei Sätze aus der Suite in D-Dur von Georg Friedrich Händel. Auch Franz Ott trug gekonnt zum Gelingen dieser Überraschung bei, indem die Motive fließend zwischen den Instrumenten wechselten. Insbesondere die Trompetenläufe in der Komposition waren herausfordernd und sehr schön wiedergegeben.
Daniel Kloos.
Wieder auf der Bühne führte der Chor nach Russland. Dazu leitete der „Schwätzer“ über, indem er die Geschichte zweier Bärenjäger berichtete. Demnach erklärte der Eine dem Anderen, wie er erfolgreich Bären aus ihrer Höhle lockt, um sie dann zu erlegen. Tage später traf der Unerfahrene den Erfahrenen ziemlich verletzt wieder. Der hatte nämlich einen Bahntunnel für eine Bärenhöhle gehalten, weshalb statt des Bären völlig überraschend ein Zug herausbrauste! Natürlich spielte dabei auch reichlich Wodka eine Rolle.
Ein stilechter Casatschok
Auch im nun stilecht vorgetragenen „Casatschok“ spielt ja der russische Klare eine Rolle. Es wird von der Balalaika erzählt, nach der ein Jüngling mit Nikolaika tanzt. Selbst die russische Fellmütze durfte bei Bassist Fred Weyrich nicht fehlen! Die schwierigen und immer schneller werdenden Passagen meisterten Chor, Peter Schad und Weyrich scheinbar spielend.
Und es blieb russisch mit der Legende von den „12 Räubern“. Dazu übernahm Ott das Dirigat. Neben dem Chor trat Bariton Johannes Osswald mit feinem Solo auf und wir erfahren, dass selbst Räuber den Herrgott zum Schutz ihres Daseins anrufen können. Teil eins des Konzertes endete mit „Jenseits von Eden“, das man von Drafi Deutscher bzw. von Chris Evans kennt. Wieder von Peter Schad geleitet und begleitet von Ott am Klavier trug der Chor den nachdenklichen Text samt eindringlicher Melodie stimmungsgerecht vor. Es geht ja darin um die Frage, ob wir nicht umsonst gelebt haben, wenn so Vieles nicht wahrgenommen wird.
Johannes Osswald mit Fellmütze bei den “Zwölf Räubern”.
Franz Ott dirigiert die “Zwölf Räuber”.
Echte Männer gehören in einen Chor
Vor der Pause gab es noch den „Werbeblock“, selbstverständlich in gesungener Form! Demnach gehören echte Männer in den Chor, egal ob Bass oder Tenor!
In dem Stück „Der Spielmann” geht es mal wieder um das Betören von Mädchen, in diesem Fall mit der Geige, aber weil der Spielmann halt weiterzieht, sollte das Mädel dem halt besser nicht trauen. Chor und Ott intonierten das geschickt, indem wohl die Tenöre die Geige darstellten.
Die „Kleine Kneipe“ moderierte der „Schwätzer“ mit dem traurigen Kneipensterben an, womit tatsächlich ein gesellschaftlicher Strukturwandel einhergehe. Eine Begebenheit aus früheren Zeiten durfte dazu natürlich nicht fehlen: Kommt der Ehemann recht alkoholisiert erst um vier Uhr morgens nach Hause. Seine Frau steht vor der Haustür mit einem großen Besen in der Hand. Er fragt sie voller Mut, „bisch scho beim Putza oder will’sch grad davofliaga?“ Klar, dass „Die kleine Kneipe“ dann, wunderbar interpretiert, viele Gäste zum Mitsummen des Refrains inspirierte!
Von der Kneipe zum Heurigen
Von der Kneipe ging’s gleich weiter zum Heurigen mit „Jung san ma! Fesch san ma!“ aus der Operette „Reise um die Erde in 80 Minuten“, wo es um schmale Geldbeutel bei teurem Wein geht, aber „heute ist doch alles wurscht, i hob Durscht“! Damit zauberten die Männer so richtig Wien in den Saal! Und von dort ging’s gleich weiter auf die Brettln im Stadel mit „Eine Reise ins Glück“ (Originaltitel „Sail along sil’vry moon“), das von Bing Crosby und Billy Vaughn zum Evergreen wurde und daher auch zum Mitsummen in Alttann einlud.
Daniel Kloos und Franz Ott mit Cohens „Hallelujah“
Erneut machte der Chor Platz für Daniel Kloos. Er und Ott stimmten Leonard Cohens „Hallelujah“ an, eine wunderschöne Komposition und vielfach instrumental oder gesanglich interpretiert. Allerdings durften die Besucher in Alttann exklusiv eine höchst anspruchsvolle und seltene Interpretation mit Solotrompete und Klavieruntermalung erleben. Insbesondere die Tonlängen in der Komposition sind große Herausforderung für Trompeter! Der Schwätzer dazu lobend: „Do ghört sich was dazua!“
Franz Ott am Klavier.
Das Quartett
Zum „D‘r Gsangverei’ betraten nur Kuno Reichle, Bruno Häfele, Peter Schad und Johannes Osswald die Bühne. Das Quartett besang humorvoll das gesangliche Wirken bei Proben oder bei Auftritten, wo es schon mal bei hoch oder tief schiefgehe und man eben dazulerne. Ott hat den weniger ernst gemeinten Titel arrangiert. Auch die „Capri-Fischer“, seit gut 70 Jahren immer wieder gern gehört, durften wieder aufs Meer hinaus und ein leiseres Mitsummen aus älteren Kehlen war zu vernehmen.
Sinnigerweise endete ein hervorragend gestalteter Liederabend mit beschaulich schönen Titeln „Goodbye my love“ und mit „Feierabend“. So dankte Motz allen auf und hinter der Bühne Mitwirkenden, insbesondere Daniel Kloos, den Solisten, dem „Schwätzer“ und ganz besonders Peter Schad für seine oft überstrapazierte Geduld beim Proben. Der wiederum dankte auch allen Mitwirkenden und warb noch einmal um sangesfreudige Männer, die gerne zur Schnupperprobe am 20. November kommen dürfen und ein Freibier bekommen sollen.
Am 26. November in der Pfarrkirche Wolfegg
Schad wies auch auf das am 26. Dezember in der Wolfegger Pfarrkirche stattfindende Konzert des Männerchors hin. Vom nicht enden wollenden Applaus ließ sich der Männerchor nochmal auf die Bühne bitten, um das romantische „Bergheimat’ erklingen zu lassen. Unbedingt festzuhalten wäre noch, der Männerchor Alttann singt ausschließlich frei, also ohne Noten- oder Textblatt in den Händen, womit er in der Region wohl ein seltenes Alleinstellungsmerkmal vorzuweisen hat!
Ehrungen
Auch über die Ehrungen von vier hochverdienten Sängern am zweiten Konzerttag sei noch berichtet: Am Ende des ersten Konzertteils wurden geehrt: vom Oberschwäbischen Chorverband Bruno Häfele für 30 Jahre aktives Singen, vom Schwäbischen Chorverband Bruno Waldinger für 40 Jahre aktives Singen, ebenso Martin Rothenhäusler für 40 Jahre aktives Singen und vom Deutschen Chorverband Matthias Wadasch für 50 Jahre aktives Singen! Die Ehrungen nahm Herr Bielau vom Oberschwäbischen Chorverband vor.
Leitet seit 37 Jahren den Männerchor Alttann: Peter Schad.
Text und Fotos: Peter Lutz
Kurt Nußbaumer vom Männerchor hat unseren Reporter Peter Lutz mit vielen Informationen versorgt.