Kultur am See präsentierte prominentes A-cappella-Quartett

Bad Waldsee – Schwarzer Anzug, weißes Hemd, schwarze Krawatte, schwarze Lackschuhe und brav-hübsch frisiert wie frisch vom Coiffeur, so betreten traditionell „Barbershop-Quartets“ die Bühnen der Szene weltweit. Für „Kultur am See“, die „Kleine Reihe“ des Spektrums K konnten die schwedischen „Ringmasters“ ins Haus am Stadtsee verpflichtet werden. Unser Reporter Peter Lutz hat das Konzert am 28. März besucht:

Tenor Jakob Stenberg (links), Bass Didier Linder
Die „Ringmasters“ dürfen getrost als europäisches Aushängeschild dieses Genres gesehen werden, waren sie doch bereits Weltmeister. Barbershop-Quartette entstanden in weißen Unterschichten der US-Südstaaten. Alle diese Quartette setzen sich zusammen aus Lead, Tenor, Bariton und Bass. Ihr typisches Stilmittel ist die „Ausschmückung“ (embellishment) meist bekannter Titel aus unterschiedlichen Genres. Der Begriff „Barbershop“ geht wohl auf das langweilige und langwierige Warten im Friseurladen zurück, wo man sich auch schon mal mit Singen die Zeit verkürzte. Die Barbershop-Quartets funktionieren heute weltweit nach strengen Regeln und gehören zur Gattung des Obertonchorgesangs.

Lead Rasmus Krigström (links), Tenor Jakob Stenberg

Schwungvoll betraten die „Ringmasters“ die Bühne im Haus am Stadtsee und ihr Lead erklärte kurz die Konstruktionsmerkmale dieses A-cappella-Stils. Nahtlos gab es die ersten Kostproben in schwedischer Sprache. Es handelte sich um Titel aus der Anfangszeit des Ensembles vor etwa 20 Jahren, um Sommersongs, die auf Schuljahresabschlussfeiern gesungen wurden. Zwar klangen diese Titel noch leicht melancholisch, aber die hohen Ansprüche des Ensembles an sich selbst waren bereits unschwer erkennbar. Insbesondere der Bass im zweiten Beitrag war höchst eindrucksvoll. Weiter ging’s mit Billy Joels „Lullaby“ (Goodnight my angel), in das der Bariton mit berührenden Worten einführte: „Das habe ich erst so richtig verstanden, als ich glücklicher Vater meines Töchterchens wurde.“
Das „Mühlrad“ und der „Kleine grüne Kaktus“
Inzwischen gehen die „Ringmasters“ seit zehn Jahren auch in Deutschland auf Tournee und gerade das mache die Gruppe sehr glücklich, so der Lead. Und genau deshalb würden nun auch zwei deutsche Lieder interpretiert: zuerst das traurige und Liebesleid erzählende „Mühlrad’ von Conradin Kreutzer und natürlich der lustige „Kleine grüne Kaktus auf dem Balkon“. Die dabei gezeigte Gestik der Sänger und ihr imponierender Stimmreichtum insbesondere durch embellishments waren höchst verblüffend.
Das folgende „Blackbird“ (Beatles 1968!) wurde fast entschuldigend angekündigt: Man kickt so alte Titel endlich raus und dann kommen sie unweigerlich wieder zurück. Vermutlich ist das auch den aktuellen populistisch-rassistischen Entwicklungen der Gegenwart geschuldet. Blackbird entstand nämlich kurz nach der Ermordung Martin Luther Kings.
Aus Musicals
Auch Musicals verarbeiten die „Ringmasters“. Tolle Kostproben dazu boten die grandiosen vier Männerstimmen mit „This is the moment“ aus Jekill & Hyde und mit „Tonight“ aus der „Westsidestory“.
Schließlich wurde auch das Publikum zum Mitmachen aufgefordert, zum Mitklatschen bei „When you wake up in the morning“.
Etwas ruhiger war es dann beim „Dream river“ (The Mavericks, 1998), eigentlich eine Schnulze, die aber der Lead mächtig aufwertete. Nachdenkliche Titel wie „It’s well with my soul’ oder „Roll away, Lor“ oder Armstrongs „What a wonderful world“ landeten natürlich auch gekonnt in den Barbershopstil.
Aus „König der Löwen“
Ein Titel aus dem Disney-Film ‘König der Löwen’ wurde vom zahlreichen Publikum mit besonderem Applaus belohnt. Eine Hommage an das Rockidol Elvis Presley mit wunderbarem Stimmenmix war sein „Let me be your Teddybear“, wobei Lead und Tenor die typische Körperhaltung des Superstars mitlieferten.
„Good vibrations“
Ein Höhepunkt des Abends war das „Good vibrations“. Dabei entstanden die angekündigten Schwingungen, es wurde mitgesungen, mitgepfiffen und mitgezischt und Liedpassagen eingeübt. Damit sollte das Programm eigentlich enden, allerdings ließen sich die vier Künstler von anhaltendem Applaus nochmal bitten und intonierten den Beatles-Klassiker „All you need is love“ mit ‘Hugs’ (Umarmungen) am Schluss.
Auszug aus dem Saal mit „Good night, sweetheart“
Das „Good night, sweetheart“ interpretierend verließen die „Ringmasters“ die Bühne in Richtung Ausgang hinten, wobei ohne jeglichen Technikeinsatz bis zum Verlassen des Saals jedes Wort zu verstehen war, eben wie das nur ehemalige Weltmeister bestens beherrschen.

Lead Rasmus Krigström, Bass Didier Linder, Bariton Emanuel Roll und Tenor Jakob Stenberg (von links).
Tack så mycket
Den vier Ringmasters aus Stockholm gebührt ein lautes „tack så mycket“ (vielen Dank) für diesen ganz besonderen Abend in Bad Waldsee und auch Hans Ehinger vom Spektrum K gebührt für das Wagnis, das schwedische Barbershop-Quartet nach Bad Waldsee zu holen, ein herzliches Dankeschön!
Text und Fotos: Peter Lutz
Anm. d. Red.: Wir freuen uns über die Fülle an zugelieferten Artikeln. Leider ist wegen dieser Überfülle vorstehender Bericht nach hinten gerutscht. Und das ausgerechnet bei einem Mitglied unseres Redaktionsteams! Der Fehler liegt allein bei der Redaktionsleitung; unser Reporter hatte rasch geliefert.