Kreuzwege im Freien

Region – In der Weihnachtszeit ist das „Kripperl-Schauen“ für viele Menschen eine froh machende Tradition geworden. In der Karwoche, in der mit Ostern gar mehrere der bedeutendsten Hochfeste der Christen gefeiert werden, könnte das Gehen auf einem Kreuzweg eine solche Tradition werden. Gerade das Oberland ist reich an diesen so genannten Kreuzwegen, die es zwar in fast allen katholischen Kirchen zu sehen gibt, seltener aber auch im Freien. Nun sind diese Kreuzwege das ganze Jahr über „geöffnet“, weil sie im Freien und somit eben auch zu jeder Zeit begehbar sind. In der Karwoche, ganz besonders am Karfreitag aber fordern sie geradezu zur Nachfolge Jesu Christi im besten Sinne des Wortes und wohl am intensivsten auf.
Von Alfred Vollmar geschaffen
Dabei weisen die Kreuzwege meistens 14 Stationen mit entsprechenden Bildstöcken und Stationsbildern auf. Manchmal gibt es eine 15. Station, also die Auferstehung, wie etwa beim Kreuzweg des Künstlers Alfred Vollmar (+ 1980 in Leutkirch), der von Haisterkirch ausgehend zur Sebastianskapelle auf der Grabener Höhe führt. In aller Regel aber bilden Kapellen oder kleine Kirchen die 15. Station, die mit der Auferstehung Jesu Christi den beschwerlichen Weg mit dem dreimaligen Fall unter dem Kreuz, den Schmähungen gegenüber Jesu, wie die Entkleidung (Station 10) und die Kreuzigung selbst (Station 11) und dem Tod am Kreuz (Station 12) abschließt und das neue Leben eröffnet.

Vollmar-Bildnis am Prozessionsweg von Haisterkirch zur Sebastianskapelle auf dem Haidgauer Berg.
Den Weg Jesu nachgehen
So ganz eindeutig kann man nicht nachweisen, seit wann es Kreuzwege gibt. Es waren wohl Franziskaner, die im 14. Jahrhundert in Jerusalem den tatsächlichen Leidensweg Jesu in einer Prozession nachgegangen sind. Später, so etwa in unserem Raum, gab es im 19. und 20. Jahrhundert in immer mehr Kirchengemeinden Kreuzwege. Tatsächlich wollten die Menschen den Weg Jesu nachgehen, eine Reise nach Jerusalem aber war zu beschwerlich, zu teuer oder eben einfach nicht möglich.
Erde aus dem Heiligen Land
So ist für den Kreuzweg nach Eintürnenberg belegt, dass zwei frühere Pfarrer wesentlichen Anteil an dessen Bau und Aufstellung hatten. Beide, Pfarrer Gustav Merkle (Pfarrer in Eintürnen von 1873 bis 1879, verstorben 1922) und Pfarrer Augustin Schmid (Pfarrer von 1880 bis 1897, verstorben 1899) brachten von Pilgerreisen nach Jerusalem entweder Steine und Wasser oder Erde mit. Mit den Steinen und dem Wasser wurden schon 1874 Kreuzwegstationen erbaut. Der jetzige Kreuzweg wurde mit der Verlegung und dem Neubau des erst vor kurzem wieder frisch asphaltierten Weges von Eintürnen nach Eintürnenberg im Jahr 1892 aufgestellt und am Martinuspatrozinium geweiht. Die Stellen für die 14 Stationen hatte zuvor Pfarrer Schmid mit Erde vom Ölberg markiert, so berichten der frühere Bürgermeister von Eintürnen Hermann Hecht in seiner Schrift „Die Geschichte der Gemeinde Eintürnen“ und der im Juni vergangenen Jahres verstorbene Manfred Thierer in seinem Buch „Beseeltes Land“.
Erst vor kurzem konnte der Schreiber dieser Zeilen ergründen, von wem die Stationsbilder sind. Diese sind nämlich Abgüsse des Originals, das in Göschenen in der Schweiz in einer Kirche zu sehen ist und von einem Pater Johannes Kopp im Jahre 1901 geschaffen wurden. Das bedeutet, dass die in jedem Winter durch Holzbretter geschützten Stationen, die erst wieder auf Karfreitag zu sehen sind, schon mindestens in zweiter „Generation“ die Tuffstein-Bildstöcke farbig bereichern.
Der Kreuzweg zum Gottesberg
Für viele weitere Kreuzwege in unserer Region, wie etwa den in glasierten Tonreliefs gearbeiteten in Bad Wurzach zum Gottesberg aus dem Jahr 1899 oder den von Baronin von Wambold im Jahre 1960 angelegten Kreuzweg im Wald auf Schloss Zeil, gibt es fast immer eine interessante Entstehungsgeschichte und meistens großzügige Spender.

Glasiertes Tonrelief aus dem Jahre 1899 (Gottesberg-Kreuzweg in Bad Wurzach).

Kreuzweg im Wald bei Schloss Zeil (1960)
Die Wege der Kreuzwege sind mit einigen hundert Metern oder auch ein bis zwei Kilometern (so etwa in Aulendorf) unterschiedlich lang. Interessant sind diese allemal und einen Besuch und das Nachgehen, ob betend und meditierend oder eben einfach nur betrachtend, wert. Näheres gibt es auf der Homepage www.wegzeichen-oberschwaben.de, wo aus dem Dekanat Allgäu-Oberschwaben nicht nur 19 Kreuzwege vorgestellt werden, sondern auch Informationen zu den einzelnen Stationen, deren biblischer Hintergrund (der bei manchen Stationen auch fehlt) und eine „Palmesels-Brücke“ als Merkhilfe, was an welcher Stationen bedacht wird, gegeben werden. Oder würden Sie aus dem Stegreif wissen, an welcher Stationen Veronika Jesus das Schweißtuch reicht?

Kreuzwegstation am Aulendorfer Weg zum Hohkreuz.

Kreuzwegstation in Molpertshaus.
Text und Fotos: Günter Brutscher
Internet-Adresse direkt zu den Kreuzwegen: http://www.wegzeichen-oberschwaben.de/kreuzwege-oberschwaben.html