Hartmut Rettberg zu Grabe getragen
In seinem 87. Lebensjahr gab der Arzt, Kunst-, Musik-, Garten- und Naturliebhaber Hartmut Rettberg sein erfülltes Leben in Gottes Hände zurück. Neben seiner großen Familie fanden sich sehr zahlreich Freunde, Weggefährten und ihn Wertschätzende zur Trauerfeier in der Aussegnungshalle im Friedhof am Schorren ein. Pfarrer Wolfgang Bertl nannte die wichtigsten Stationen auf dem Lebensweg des Verstorbenen und verband dies mit dem Wunsch, die Erinnerungen an Rettberg zu bewahren. Der Sohn des Verstorbenen zeichnete ein lebendiges Bild von der Vielseitigkeit seines Vaters von Kindesbeinen bis zu seinen letzten Tagen. Zwei Enkelinnen ergänzten dies ergreifend aus ihrer Sicht gegenüber ihrem geliebten Opa und trugen gekonnt ein Musikstück an Klarinette und Violine unter Klavierbegleitung durch Hermann Hecht vor. Der Opa hätte sicher größte Freude daran gehabt. Und weil Rettberg auch gerne Volkslieder sang, wurde unter Gitarrenbegleitung „Kein schöner Land in dieser Zeit“ gemeinsam gesungen.
Hartmut Rettberg fand sein Interesse an der Medizin während seiner Bundeswehrzeit. Seine Studienorte waren Frankfurt, Freiburg, Kiel, Wien und Innsbruck. In der Frankfurter Uniklinik startete sein beruflicher Werdegang, ging über die Ulmer Uniklinik und endete im oberschwäbischen Aulendorf, zuerst in der dortigen Schussentalklinik und ab 1984 im Parksanatorium, wo er bis zum wohlverdienten Ruhestand im Jahr 2002 die Chefarztstelle bekleidete. Für Oberschwaben und für das Parksanatorium in Aulendorf, der Fachklinik für onkologische Rehabilitation, war Rettberg ein Glücksfall. Er entwickelte diese Klinik zu einer festen Größe im Bereich der Anschlussheilbehandlung und sicherte so ihren Bestand. Bis heute erinnert man sich dort an die prägende Zeit des beliebten und leidenschaftlichen Arztes.
Seit 1982 lebte Rettberg mit seiner Familie in Bad Waldsee direkt am Ufer des Schlosssees. Mit seinem breiten Wissen und mit seinen vielseitigen Interessen brachte er sich bis zu seinem Ende äußerst produktiv für die Kurstadt ein. Zwei Beispiele seien hier genannt. Dass er aktiv im Museums- und Heimatverein war, überrascht nicht. Dort organisierte er unter anderem über viele Jahre sehr anspruchsvolle Ausfahrten zu bedeutenden kulturellen Ereignissen und Ausstellungen. Auch in die örtliche Arbeit des Vereins brachte er sich höchst engagiert ein. Als 2022 die Schließung des Krankenhauses beschlossen wurde, war Rettberg natürlich unter den entschiedenen Kritikern dieser Entscheidung. In der „Schwäbischen Zeitung“ und in der Bildschirmzeitung „Der Waldseer“ hat er gegen die Entscheidung Stellung bezogen. Am 11. Juni 2022 war iim „Waldseer“ folgender Satz zu lesen: „Ein selbst tragendes, baulich für Jahre sicher ausreichend funktionsfähiges, für die regionale Krankenversorgung höchst wichtiges Krankenhaus wurde kurzerhand geschlossen. Hier haben Geld und sehr fragliche Wirtschaftlichkeit gesiegt und der Mensch und seine Gesundheitsversorgung haben verloren.“
Viele Hobbys pflegte Hartmut Rettberg: Wandern, Skilaufen, Segeln, Rudern, Schwimmen, Radfahren, Malen (Gelb war seine Lieblingsfarbe!), Kunstsammeln und Verfassen von Gedichten. Unter anderem bot er Radführungen mit Besuchen kulturell bedeutender Orte rund um Bad Waldsee an. Seine Gedichte entstanden oft spontan zu Ereignissen und Erlebnissen oder anlässlich von Festen im Jahreslauf. Dem Verfasser dieser Zeilen bleibt das Gedicht „Doktor Wald“ in besonderer Erinnerung, in dem die Vorzüge dieses Doktors aus medizinischer Sicht gepriesen werden, ohne dass dieser Doktor je liquidieren würde! Auch der Krähenplage vom Döchtbühl bis zum Schlosspark wurde ein Gedicht gewidmet. Und seinen Patienten in Aulendorf schenkte er Gedichte, um sie zu erheitern oder ihnen Zuversicht zu vermitteln.
In seinen letzten Lebensjahren musste Rettberg wiederholt wegen starker Rückenschmerzen Operationen über sich ergehen lassen. Auch sein Herz machte ihm zu schaffen. Dennoch blieb er sich treu und ging damit positiv um, man merkte ihm die Belastungen kaum an. So hielt er sich mit täglichen Touren auf seinem E-Bike fit, wobei nach dem Absteigen vom Rad der Gehstock immer dabei war. Bis kurz vor seiner Einlieferung ins Ravensburger EK, wo er fünf Tage in sein Lebensende hineinschlief, war er mit dem Rad unterwegs. Er fotografierte auf seiner letzten Tour noch einen wunderbaren Sonnenuntergang im Steinacher Ried, der auf dem demnächst geplanten Familientreffen gezeigt werden sollte.
Ein überaus menschlicher, hilfsbereiter, geselliger, hoch geschätzter, großzügiger und sympathischer Mensch und Familienvater hat uns verlassen. Die Erinnerungen an sein erfülltes Leben mögen allen, die ihm begegneten, in lebendiger Erinnerung bleiben, wofür Pfarrer Bertl in der Trauerfeier warb.
Peter Lutz