Grundstücksbesitzer werden zu Sündenböcken gemacht
Zum Offenen Brief der „Bürgerrunde Haistergau“, veröffentlicht am 17. April unter dem Titel „Ihre Entscheidung wirkt weit über den eigenen Grund und Boden hinaus“ (DBSZ vom 17. April)
Der kürzlich veröffentlichte Offene Brief der „Bürgerrunde Haistergau“ richtet sich direkt an die Grundstücksbesitzerinnen und -besitzer, die Flächen für den Bau von Windkraftanlagen im Haistergau zur Verfügung stellen. Der Ton des Schreibens gibt sich auf den ersten Blick gesprächsbereit – bei genauerem Hinsehen jedoch wird deutlich, dass hier einseitig Verantwortung auf einzelne Menschen abgewälzt wird.
Tatsache ist: In Oberschwaben – einer der windhöffigsten Regionen Baden-Württembergs – werden Windkraftanlagen entstehen. Das ist nicht nur gesetzlich vorgesehen, sondern auch energetisch und klimapolitisch notwendig. Ob am Ende auf einem bestimmten Areal neun oder zehn Anlagen stehen, wird in wenigen Jahren kaum jemanden beschäftigen – entscheidend ist, dass wir diesen Wandel gemeinsam gestalten, anstatt einzelne Gruppen moralisch unter Druck zu setzen.
Denn genau das passiert im veröffentlichten Schreiben: Grundstücksbesitzer werden zu Sündenböcken gemacht, als seien sie verantwortlich für eine angebliche Zerstörung von Heimat und Natur. Dabei bekommen sie lediglich eine gesetzlich ermöglichte Einnahmequelle, die im Rahmen der Energiewende geschaffen wurde und die mit einem konkreten gesellschaftlichen Nutzen einhergeht.
Allerdings ist es mir wichtig, auch ein paar dankbare Worte an die Bürgerrunde zu richten:
Bemerkenswert ist ein Satz aus der Einleitung des offenen Briefes: „Wir brauchen saubere Energie, aus Quellen, die uns unabhängig machen, zu wettbewerbsfähigen Preisen und ohne dass der Mensch bei der Erzeugung und Nutzung Schaden nimmt.“
Dieser Satz bringt im Grunde die stärksten Argumente für den Windkraftausbau auf den Punkt:
- Windkraftanlagen liefern sauberen Strom,
- machen uns unabhängiger von fossilen Energien und internationalen Krisen,
- senken langfristig die Strompreise
- und gefährden bei sachgemäßer Planung weder Mensch noch Natur.
Daher bin ich der Bürgerrunde dankbar, dass sie diese Vorteile offenbar selbst erkennt. Somit wandeln sich die Gegner zum Mitgestalter, von „Saulus zu Paulus”. Liebe Bürgerrunde, sie helfen damit mit, die Bürgerinnen und Bürger über die realen Vorteile der Windkraft aufzuklären – für unsere Region und für ganz Deutschland.
Der größte Erfolg wäre es, wenn alle Windkraftanlagen in Bürgerhand wären – gemeinschaftlich finanziert, gemeinschaftlich getragen. Dann könnte jede und jeder mit Stolz sagen: „Diese Anlagen gehören uns – und wir gestalten die Zukunft mit unseren windhöffigen Flächen im Haistergau aktiv mit.“ Das könnte auch ein Ziel der Bürgerrunde werden.
Was wir in dieser Diskussion brauchen, ist Zusammenhalt, Aufklärung und ehrlicher Austausch. Keine Stimmungsmache, kein Gegeneinander. Nur so kann eine gemeinsame Zukunft gelingen.
Ulrich Kazmaier, Bad Wurzach (Vorstand Energiebündnis Bad Wurzach / Bad Waldsee)
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