Es braucht die ehrliche Abwägung
Am Ostrand Bad Waldsees, bei Osterhofen und bei Oberurbach, wird sich – den Vorstellungen des Regionalverbandes zufolge – Windkraft konzentrieren. Unser Redaktionsmitglied Erwin Linder betrachtet die Energiewende aus überlokaler Warte:
Die Energiewende ist eine große Aufgabe – und sie betrifft Stadt und Land gleichermaßen. Die geplanten Windkraftanlagen im Haistergau können ein wichtiger Schritt hin zu einer klimafreundlichen, regionalen Energieversorgung sein. Windenergie ist nahezu CO2-frei, reduziert unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und hilft dabei, langfristig günstigen und nachhaltigen Strom zur Verfügung zu stellen – auch für die Mobilität im ländlichen Raum.
Nicht umsonst hat die EnBW Millionen in das neue Umspannwerk in Haisterkirch investiert, um den Ökostrom aus Agro-PV und Windkraftanlagen aufnehmen und verteilen zu können.
Gleichzeitig muss man die Sorgen der Anwohnerinnen und Anwohner ernst nehmen. Themen wie mögliche gesundheitliche Auswirkungen, der Wertverlust von Immobilien oder die Sorge um Schäden an Gebäuden verdienen eine offene und faktenbasierte Auseinandersetzung. Derzeit kursieren Behauptungen über Schäden durch gepulsten Luftdruck hinter den Anlagen oder gar über einen Zusammenhang mit Starkregenereignissen. Für diese Thesen gibt es aus wissenschaftlicher Sicht bislang keine belastbaren Belege – aber es ist wichtig, dass solche Fragen transparent geprüft und beantwortet werden.
Windkraftanlagen sind Eingriffe in Natur und Landschaft – doch gerade beim Artenschutz braucht es eine ehrliche Abwägung: Der Einsatz von Herbiziden und das Insektensterben haben weitaus größere Auswirkungen auf die Vogelpopulation als Windräder. Und auch der Klimawandel selbst bedroht langfristig ganze Lebensräume.
Was wir brauchen, ist ein sachlicher, respektvoller Dialog. Informationsveranstaltungen sollten aufklären, nicht verunsichern. Wenn unbelegte Behauptungen den Ton bestimmen, wächst nicht nur das Misstrauen – es profitieren am Ende auch politische Kräfte, die auf Spaltung statt auf Lösungen setzen.
Erwin Linder