Ein magisches Konzert
Bergatreute – November ist Konzertzeit insbesondere der Blasmusiker in Oberschwaben. November ist aber auch trotz Volkstrauertag die Zeit, in der die Narren wachwerden und mit ihnen die im schwäbisch-alemannischen Brauchtum so zahlreich vertretenen Hexen.
Auch Halloween mit all seiner Magie gehört in diese Jahreszeit. Vor diesem Hintergrund lud der Musikverein Bergatreute zum großen Konzert mit Zauberei und Hexen. Und weil außergewöhnliche Ehrungen anstanden, waren Rudi Hämmerle, Vorsitzender des Blasmusikkreisverbands, samt Vorgänger Reinhard Koppers unter den Gästen. Immerhin wurde der Kreisverband in der Bergatreuter Gemeindehalle im Jahr 1977 gegründet! Reinhard Koppers ist ein Bergatreuter, war 16 Jahre Vorstand des MV Bergatreute und ist Ehrenvorstand.
Mehr als 400 Besucher
Der Erste Vorsitzende des bereits 238 Jahre alten Musikvereins Marc Kovatschevitsch begrüßte stolz die mehr als 400 Besucher mit launig-heiteren Worten und dem Hinweis, dass eben an diesem Abend manchmal ein falscher Töne gewollt und dies eben Magien, Hexen und Zauberern geschuldet sei. Anja Vinçon griff darauf zum Dirigentenstab und führte den in allen Registern hervorragend besetzten Klangkörper sicher durch Thomas Doss’ “Magic Overture”.
Das knapp 70 Musiker starke Ensemble lieferte einen wuchtig-rasanten Vortrag, in dem selbst Trillerpfeifen ihren Platz fanden. Querflötistin Verena Baumann führte mit höchst informativer Moderation durch das sehr anspruchsvolle Programm. Die bekannt spannende Geschichte des jungen Zauberers Harry Potter über den Stein der Weisen, über Heiligtümer des Todes etc. brachte Baumann dem Publikum gekonnt in Erinnerung. Die “Harry Potter Symphonic Suite”, wohl der Höhepunkt auf vielen Konzertprogrammen, zeichnet die Stationenen, Gefahren und Dräuungen um den Zauberer eindrucksvoll nach. Vinçon setzte diese Stimmungen musikalisch perfekt mit ihren Musikern um, auch mit den angekündigten Falschtönen!
Ehrungen
Dem schlossen sich Ehrungen höchst verdienter Musiker des Vereins an, vorgenommen durch Rudi Hämmerle, der sich aus aktuellem Anlass kritisch zum Ganztagesschulförderprogramm äußerte. Geehrt wurden Niklas Schmeinck für 10 Jahre Trompete, Ralf Fleischer für 20 Jahre Flügelhorn mit Ehrennadel in Silber, Annalena Hepp für 20 Jahre Querflöte (und „zuständig für Partys“!) mit Ehrennadel in Silber. Im weiteren Thomas Weishaupt für 40 Jahre Klarinette mit Ehrennadel in Gold mit Diamant und Ehrenbrief. Die gleichen Ehrungen erhielten Herbert Wäscher (Horn) und Herbert Hämmerle (Horn) für 40 Jahre. Anja Vinçon erhielt die Dirigentennadel in Gold und Diamant mit Ehrenbrief sowie die Fördermedaille in Gold und Diamant. Vorsitzender Marc Kovatschevitsch erhielt – zu seiner großen Überraschung, er wusste nichts davon – die Fördermedaille in Gold für 25 Jahre Förderung der Blasmusik; diese Ehrung war für den Kreisvorsitzenden fast wie etwas Familiäre, stammen doch beide aus Taldorf!
Robert Jung, Erich Schorpp und Erwin Jung
Schließlich wurden die drei im Wortsinne altgediente Musikanten vom Kreisvorsitzenden aufgerufen: Robert Jung (Klarinette), der 70 Jahre im Musikverein Bergatreuet ist, Erich Schorpp (Schlagzeug) für 75 Jahre und Erwin Jung (Saxophon) für ebenfalls 75 Jahre. Für ihre lebenslange aktive Tätigkeit gab es natürlich die Ehrennadel in Gold und Diamant mit Ehrenbrief. Diese Männer haben neben ihrer Mitwirkung im Musikverein auch Tanzmusik und vielerlei Auftritte am Akkordeon in ihrer beispiellosen Biographie aufzuweisen! Und sie sind alle noch aktiv im Musikverein Bergatreute dabei.
Eine leidenschaftliche Dirigentin: Anja Vinçon
Nicht nur dem Publikum, sondern auch den Geehrten war der folgende „Marsch der Titanen” gewidmet, ein inzwischen einschlägig bekannter Blechklassiker. Unter dem leidenschaftlichen und mitreißenden Dirigat von Anja Vinçon ging dieses fanfarenähnliche Stück förmlich unter die Haut. Mit „In Vita Optimum” gab es nun eine Lebensweisheit: Man solle sich doch in guten und schlechten Lagen stets für das jeweils Beste entscheiden, meinte Verena Baumann. Das typische und recht anspruchsvolle Oberstufenstück mit böhmischer Handschrift wurde absolut präzise vorgetragen. Das folgende “The Witch And The Saint” brachte die Hexen wieder ins Spiel. Baumann erinnerte zuvor an den Hexenwahn und an die teuflische Schrift des Heinrich Institoris mit dem Titel “Hexenhammer” aus dem Jahr 1486, die die Verfolgung Unschuldiger legitimierte und förderte. Sie illustrierte das mit dem Schicksal zweier Schwestern, die eine Nonne, die andere Hebamme in Ellwangen. Mit donnerndem Auftakt und Soli von Horn und Saxophon wurden die Besucher in die Dramatik und Düsterheit, in die finstere Zeit des Suchens nach Sündenböcken versetzt.
Etwas versöhnlicher, aber auch mit Zauber und Hexerei wurde der Programmschluss des Konzerts, indem das Kinderbuch bzw. das Filmmusical „The Wizard Of Oz” musikalisch erzählt wurde. Darin geht es um die bekannte Geschichte von Dorothy und ihrem Hund Toto. Toll, wie die Musiker den alles verändernden Wirbelsturm zu Gehör brachten und wie das schöne Motiv „Somewhere Over The Rainbow” Dorothy in die Lage versetzte, doch an sich zu glauben!
Nach langem, mehr als verdientem Applaus und Dank an alle Beteiligten, vom Dekoteam bis hin zu den Bedienungen durch den Vorstandssprecher, legte Vinçon zwei Zugaben nach, natürlich mit „Die Hexe” von Ernst Moschs Egerländer Musikanten und schließlich mit dem The Police-Titel „Everything She Does Is Magic” – ein schmissiges passendes Stück zum Motto des Konzerts.
Peter Lutz