Das Gesundheitsleitbild der Großen Kreisstadt Bad Waldsee
Bad Waldsee – Am Montag (2.12.) stellte OB Matthias Henne dem Gemeinderat das neu erstellte Gesundheitsleitbild der Stadt vor. Die Bildschirmzeitung hat sich das Papier näher angesehen.
Seit den großen Demos vor der Schließung des traditionsreichen Waldseer Krankenhauses hinterm See ist es merkwürdig still geworden um die Gesundheitsversorgung in und rund um die Große Kreisstadt. Das Medizinische Versorgungs-Zentrum (MVZ), betrieben von der OSK Ravensburg, arbeitet zur Zufriedenheit vieler Patienten unaufgeregt vor sich hin.
Trotzdem wird die Patienten-Versorgung immer angespannter. Wohl dem, der schon lange bei seiner Arzt-Praxis Stammkunde ist, er kann sich auf seinen Arzt, seine Ärztin verlassen. Patienten, deren Stamm-Praxis aber aus Alters- oder Krankheitsgründen schloss, hatten es schwer, eine neue Praxis zu finden. Im Gegenteil, an manchen Praxen findet man Schilder mit der Aufschrift „Wir können keine neuen Patienten annehmen“ oder „Heute werden wegen Personalkrankheit nur Notfälle behandelt“ oder „Seien sie nett zu unserem Personal. Es ist schwieriger zu finden als neue Patienten.“
Der OB machte die Gesundheitsfürsorge in seiner Stadt zur Chefsache und verbringt nach eigenen Angaben viele Stunden in Gesprächen mit niederlassungswilligen Ärzten, mit Interessenten für ein Primärversorungszentrum (PVZ) und vielem mehr.
Die Verhandlungen mit einer Praxis aus Bad Wurzach zur Eröffnung einer Zweigstelle in Bad Waldsee haben nicht zum gewünschten Ergebnis geführt: Ärzte sind und bleiben in Bad Waldsee Mangelware.
Das Konzept eines Primärversorgungszentrums, erarbeitet für viel Geld von den ausgewiesenen Gesundheitsfachleuten der Beratungsfirma Diomedes, lief letztlich ins Leere, da dies im Krankenhausreformgesetz nicht mehr enthalten ist.
Quo vadis?
Quo vadis, wohin geht es? – das (abgewandelte) Apostelwort trifft die aktuelle Misere genau: Wohin geht es mit dem Gesundheitswesen in Bad Waldsee. Gibt das Leitbild darauf eine Antwort?
Gemeinderat und Verwaltung, die das Leitbild nach den Worten des OB in enger Abstimmung erarbeitet haben, sehen die gesundheitliche Verantwortung als kommunale Aufgabe. Dabei schafft die Stadt die Rahmenbedingungen, die es den Menschen erleichtern, ein gesundes Leben zu führen. Hier zählt das Leitbild die vorhandenen Naherholungsgebiete, das Rad- und Wanderwegenetz, die Vereine, gesunde regionale Lebensmittel sowie die nachhaltige Waldbewirtschaftung in den städtischen Forsten auf.
Quasi ins Pflichtenheft schreiben sich Rat und Verwaltung den Aufbau eines Gesundheitszentrums sowie den Ausbau der ärztlichen und medizinischen Versorgungsstruktur.
Gesundheitsförderung in allen Bereichen
Gesundheit beginnt im Alltag und erfordert das Engagement aller Akteure. Die Gesundheitsförderung soll in allen Bereichen der Stadtpolitik verankert werden. Als Projekte stehen im Leitbild die Förderung des Gesundheitsbewusstseins in den Schulen und Kindergärten sowie die Etablierung von Projekten und Veranstaltungen mit Gesundheitsbezug.
Elementare Gesundheitsvoraussetzungen
Dazu zählt das Leitbild eine funktionierende gesundheitliche Grundversorgung. Das geplante Gesundheitszentrum soll die ambulante Versorgung sicherstellen. Wichtige Maßnahmen sind eben der Aufbau und die weitere Begleitung des Gesundheitszentrums, die Integration verschiedener Akteure in das Zentrum, die Etablierung eines Arbeitskreises Gesundheit.
Gesundheitsstadt als Wirtschaftsbereich
Die Rehakliniken werden als Potenzial für den Wirtschaftsstandort Bad Waldsee gesehen. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung wirke sich positiv oder negativ auf die Wirtschaftsleistung aus, deshalb unterstütze die Stadt Unternehmen, die ihr Gesundheitsmanagement weiterentwickeln. Als Maßnahmen hierfür sieht das Leitbild die Weiterentwicklung der Prädikate Moorheilbad und Kneippkurort, eine enge Kooperation der Partner in der Pflege sowie Sicherung und Ausbau von Prävention, Kur und Rehabilitation in Bad Waldsee vor.
Stimmen der Räte
Die Räte hatten schon vor der Sitzung Gelegenheit, sich mit dem Leitbild zu beschäftigen. Franz Daiber (FW) nannte als Stärken des Leitbildes den Ganzheitlichen Ansatz, die Bürgerbeteiligung und die Vernetzung der Akteure sowie die nachhaltige Perspektive. Er fand aber durchaus auch Schwachpunkte. Zum Beispiel den fehlenden Fokus auf die akuten Herausforderungen wie die Überalterung der ansässigen Hausärzte und einen fehlenden Plan zur Rekrutierung neuer Ärzten sowie den Mangel an verbindlichen und zeitnahen Maßnahmen. Rita König (SPD) fand für das Leitbild den Begriff „Papiertiger“, den es jetzt gelte mit Inhalten zu füttern. Jörg Kirn (Grüne) kann sich nach eigenen Angaben schwer mit Leitbildern anfreunden, denn es gebe ja auch schon ein Klimaleitbild und jetzt noch ein Gesundheitsleitbild. Natürlich würden die Grünen dem zustimmen, auch wenn die Inhalte ziemlich beliebig wären Er freue sich jetzt schon aufs Umsetzen.Benno Schultes (FW) meinte, mit dem Leitbild sei ein Antrag der FW erfüllt. Das „Gesundheitshaus“ habe nun höchste Priorität.
Der OB gab zum Abschluss zu bedenken, dass die Stadt nicht der alleinige Entscheider im Gesundheitswesen sei, sondern dass die Politik ja die Leitplanken vorgebe.
Erwin Linder