Bad Waldsee hat einen Weltklassesportler
Bad Waldsee – Sein Name: Daniel Steinhauser, 40 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Seine Disziplin: Ultracycling, also Radrennen über ganz große Distanzen. An seiner Passion möchte er möglichst Viele teilhaben lassen, beispielsweise Menschen, die an Ausdauertraining interessiert sind oder indem er Sponsorengelder gemeinnützigen Zwecken zukommen lässt. Am 1. März lud er zu einer öffentlichen Infoveranstaltung in die Waldseer Stadthalle, um über seinen von eiserner Disziplin gepflasterten Weg vom Hobbysportler zum Profi-Radsportler zu berichten. Eröffnet und fetzig-musikalisch umrahmt war die gut besuchte Veranstaltung von einem Trio der auch in Bad Waldsee ansässigen privaten Musikschule „Soundwerk“.
Daniel Steinhauser bei seinem Vortrag am 1. März in der Stadthalle Bad Waldsee.
Steinhausers Karriere im Leistungssport begann 2016 und von Anfang an ließ er andere an seinen spektakulären Erfolgen teilhaben. Man könnte ihn heute uneingeschränkt als Spitzensportler zum Anfassen bezeichnen. Und er vermittelt die Idee, der Weg zu Höherem soll Bestand haben, egal auf welchem Niveau und dabei Glück und Zufriedenheit schenken.
9000 € für einen gute Zweck
Mitten in der Coronapandemie wagte er eine Benefizveranstaltung an der Grabener Höhe. Innerhalb von 24 Stunden fuhr er 94mal den Berg hinauf. Dabei wurde er von Musikern des MV Reute-Gaisbeuren begleitet, die mit vorgeschriebenem Abstand aufspielten. Stolzes Ergebnis: 9000 Euro Sponsoren- und Spendengelder. Diesen Betrag verteilte er auf die Baindter St. Franziskus-Stiftung, den Waldseer Eugen-Bolz-Kindergarten und die familienunterstützende integrative Behindertenarbeit in Biberach (fib).
2021 nahm er am RATA (Race across the Alps) in Nauders (Tirol) teil, dem härtesten Eintagsrennen der Welt: 525 km, 14 000 Höhenmeter. Auf Anhieb erreichte er Platz 7! Im folgenden Jahr gab es wieder ein lokales Event, die Pedalliebe zum guten Zweck. Zwischen Waldsee, Bergatreute und Reute gab es Stationen mit tollen kulturellen Angeboten, ehrenamtlich getragen von fünf Vereinen, Schirmherr war OB Henne, den man mit Steinhauser in einem Kurzvideo auf einem Tandem sehen durfte. Der Waldseer Kinderschutzbund und das Kinderhospiz der Bad Grönenbacher St. Nikolaus-Stiftung wurden mit den reingefahrenen Spenden bedacht. In einem weiteren Video bedankte sich Walter Ritter (Vorsitzender des Kinderschutzbundes) für den Spendensegen.
Eine Wende im Leistungsaufbau des radbegeisterten Steinhauser war die schon professionelle Zusammenarbeit mit dem neuen Trainer Björn Kafka, der bereits höchst prominente Teams coachte, bis hin zur Tour de France. Zuerst sprach Kafka darüber von einem Spaßprojekt. Aber Bad Waldsee mit seiner idealen Infrastruktur hinsichtlich voralpiner Umgebung und auch gesunder Ernährung beispielsweise über viele Hofläden – von Nahrungsergänzungsmitteln hält der Radsportler nicht allzuviel – war denn doch optimale Voraussetzung für effizienten Leistungsaufbau. Zusammen mit einem enorm einsatzbereiten und freundschaftlich verbundenen Team ließen weitere Erfolge nicht lange auf sich warten. So müsse das Begleitteam bspw. tagelang mit Begleitfahrzeug und Material zum Wechseln, auch der Rennräder, bereitstehen. So ein Wechsel dauert etwa sechs Minuten, nicht nur acht Sekunden wie in der Formel 1.
Neue Höhen erreichte Steinhauser beim RAI (Race across Italy). 2023. Dabei traf der Waldseer auf den österreichischen Superstar Christoph Strasser. Dank vorbildlicher Teamleistung und bestem Klarkommen mit den recht gebirgigen Streckenabschnitten landete er hinter Strasser auf Platz zwei! Auch beim Allgäu 120 in Sonthofen reichte es zur Platzierung unter die ersten zehn Sprinter. Beim RATA 2023 erreichte Steinhauser trotz kurzem Abkommen von der nicht abgesperrten Route und der Begegnung mit einer Kuhherde auf der Straße immerhin Platz drei.
Ein extrem ehrgeiziges Vorhaben im vergangenen Jahr war North Cape 4000, das von Turin bis zum Nordkap geht. Wegen eines schweren Sturzes ca. 60 km vor Paris mit erheblichen Verletzungsfolgen musste der Waldseer leider aufgeben. Auf den eigenen Körper zu achten sei für den Leistungssportler oberstes Gebot, auch im Interesse der Familie. Das Nordkap möchte er ggf im Alleingang nachholen oder erneut im Wettkampf bestreiten. Quasi zum Trost startete er in Aitrach ein Rennen „unsupportet“ rund um Baden-Württemberg: 1064 km, 2540 Höhenmeter, Dauer 40 Stunden, davon 50 % im Regen.
Für Steinhauser fängt die neue Saison nach einem erholsamen Oktober bereits im November an. Da geht es um Sponsoren und Material. Kraft für den ganzen Körper und den Kopf holt er sich auf Rollskiern. Damit steige die Lust aufs Fahrrad. Zudem schlafe er mindestens vier Wochen in einem Höhenzelt, in dem hohe Meereshöhen und damit geringerer Sauerstoff einstellbar sind, für Rennen in den Alpen unverzichtbar. Das wöchentliche Training sei auf 35 Stunden begrenzt. Erste Herausforderung werde die Teilnahme am RAI sein. Der Sieger dieses Rennens erhält für die gesamte Saison das Trikot „European Champion“. Auch beim RATA 2024 möchte er mitmischen. Die härteste Herausforderung werde aber Race across Austria (RAA) sein: 2200 km, 30 000 Höhenmeter, unter anderem über den Großglockner.
Weltrekordversuch am 6. Oktober
Und am 6. Oktober möchte Steinhauser im Waldseer Sportpalast einen Guinness-Weltrekord vor Publikum knacken. Innerhalb von 24 Stunden sollen mehr als 952 km auf einem Spinningrad gefahren werden. Abschließend gab es noch Tipps zum Material, Zeit für Fragen aus den Reihen der Besucher: aerodynamische Kleidung, Schuhe, Ventiladapter zum Luftpumpen an Tankstellen, Blinker für die Sicherheit, die gewachste statt geölte Fahrradkette. Für Radsportler der Region werde es im Waldseer Sportpalast Athletiktrainings und Workshops in der Zeit vom 19. April bis 24. Juni geben. Auch in 2024 werde der Spitzensportler wieder gemeinnützige Projekte fördern, so zum Beispiel die Reparatur des Therapiewasserbeckens in der Baindter Franziskus-Stiftung, Clowns für Kinder, Musikvereine etc.
Das Rad
Lenkerschalen zum Auflegen der Unterarme.
Das auf der Bühne präsentierte Carbonrennrad habe 11.800 Euro ohne handgefertigte Laufräder gekostet, das Gewicht des Ebenen-Rennrads liege bei 8,8 kg, das des Berg-Rennrads bei 6,3 kg.
Auch das Gewicht des Akteurs des Abends war von Interesse: Ende Oktober sei es bei 74,5 kg und nach den Rennen bei 69 kg. Den Verfasser des Berichts erinnerte die auffallend schlanke Erscheinung des Spitzensportlers an die Triathlonsportler der TG Bad Waldsee!
„Herzlichen Dank und ride on“ waren die Schlussworte Steinhausers zum sehr zahlreich erschienenen Publikum.
Text und Fotos: Peter Lutz
Dieses Trio machte Musik.