Bad Waldsee auf der Landesgartenschau
Wangen – Bad Waldsee präsentierte sich einen Sonntag lang auf der Landesgartenschau in Wangen. Ganz persönliche Eindrücke von unserem Reporter Erwin Linder.
Nein, zum ökumenischen Gottesdienst hab ich’s nicht geschafft und zur Eröffnungsrede von unserem OB Matthias Henne auch nicht. Der Sonntagmorgen ist für mich – nein, nicht heilig des Ausschlafens wegen, ich steh’ auch sonntags gegen sechs Uhr auf – mit anderen Pflichten belegt.
Klar war, ich fahr’ mit dem Zug. Von Bad Waldsee nach Wangen, über Kisslegg, eine gute halbe Stunde. Mit dem Auto braucht man mindestens genauso lang. Mit den Parkplätzen wird’s bestimmt auch schwierig und wenn man dann noch ein kühles Blondes genießen möchte, dann doch besser mit Chauffeur.
Vom Uferweg sind’s doch eine ganze Menge Stufen bis zum Bahnhof. Ah wunderbar: Der Döner hat die Eingangstür geöffnet und hinten raus zum Bahnsteig ebenso. Also direttissima statt um den ganzen Bau herumgeschnauft. „Das ist aber kein Durchgang“, schallt’s hinter der Theke hervor. Schlechte Laune? Also ich nicht.
Draußen auf dem Bahnsteig ein Meer in blau und weiß. Hab’ ich doch glatt den gleichen Zug gewählt wie der Waldseer Fanfarenzug. Das mit dem Zug war doch ne gute Idee.
Unser Chauffeur – vulgo: Lokomotivführer – streckte seinen Kopf aus dem Führerstand und begrüßte uns recht freundlich. Wenn der Fanfarenzug ein Ständchen in seinem Zug spielen wolle, hätte er nix dagegen. Aber so richtig auf Betriebstemperatur waren sie noch nicht, so blieb’s erst mal ruhig im Zug.
„Wer möchte einen Schluck Erdbeerbowle?“ Und schon wurden die Becher reihum gefüllt. Klar, auch der Reporter bekam seinen Becher. Und so ging’s flott, ohne Umsteigen, nach Wangen.
Kaum angekommen, fuhr auch schon der Doppeldecker-Shuttlebus vor, der uns zur Landesgartenschau bringen sollte. „Alle nach oben“, rief der Chef seinem Fanfarenzug zu. Das Obergeschoss wurde geentert. Bei schönem, trockenem Sommerwetter ist das Cabriodach des Doppeldeckers offen und jetzt gab’s für die Fanfaren kein Halten mehr. Mundstücke drauf, Schlegel zur Hand. Und schon schmetterte die Musik hoch vom bunten Wagen durch die schönen Wangener Altstadt-Straßen. Die Passanten drehten sich um nach uns. Lauter fröhliche Gesichter und viel Beifall.
Auf dem Gelände hörte man schon in der Ferne Blasmusik. Stracks trugen mich die Füße zur Hauptbühne. Hier gab die Bad Waldseer Stadtkapelle Blasmusik vom Feinsten. Das Repertoire ist weit gespannt. Für jeden ist was dabei.
Vor der Bühne hatte Bernhard „Barny“ Bitterwolf sein Quizrad aufgebaut. Zwischen den Auftritten der einzelnen Akteure auf der Bühne sorgte er nicht nur für gute Stimmung, sondern brachte auch Bad Waldsees Botschaften unter die Leute.
Die Hildegard aus Gaisbeuren
„Hat jemand im Juni Geburtstag?“, fragte er die Zuschauer. Und schon meldete sich eine Dame „Jo, i heit“! Barny Bitterwolf rief sie nach vorne und sie ließ sich auch nicht lange bitten. „I bin d’Hildegard und komm aus Goisbeira“ Das passte ja wunderbar. Denn Bitterwolf hatte in seinem Quizrad viele Fragen rund um Bad Waldsee und seine Teilorte vorbereitet. Hildegard musste am Rad drehen. Barny stellte seine Fragen und mit einem Joker dazwischen hatte Hildegard alles richtig beantwortet. „Hildegard, du bekommst den Hauptpreis von mir“, sagte Bitterwolf. Und zog aus seiner Preistasche eine dunkle Sonnenbrille. „Ja, wir haben heute mit mehr Sonne gerechnet, aber die Brille steht dir gut. Hat heute schon jemand zu dir gesagt, dass du die Schönste bist?“, charmierte der alte Barde. „Ja freilich, mein Mann“, erwiderte Hildegard schlagfertig und freute sich über den wirklichen Hauptpreis, Eintrittskarten in die Waldsee-Therme.
Mittlerweile brachte sich schon das nächste Event in Stellung. Der Singkreis der Solidarischen Gemeinde Reute-Gaisbeuren. Darunter entdeckten ich nicht nur einen der Initiatoren, den jüngst geehrten Dr. Konstantin Eisele mit seiner Gattin, sondern auch den ehemaligen Kurdirektor von Bad Waldsee, Roland Schneider. Mit Volksliedern und bekannten Schlagermelodien unterhielt der Singkreis das zahlreiche Publikum.
Bad Waldsees Schotten kommen
Während der Fanfarenzug lautstark und fahnenschwingend den Zuschauern einheizte, zogen schon die Highland Pipes and Drums of Waldsee mit schnarrenden Trommeln und Dudelsack-Gezwitscher auf das Gelände. In strenger Marschformation, mit ihren hohen schwarzen Bärenfellmützen, schwarzer Uniformjacke, rot karierten Röcken und weißen Gamaschen über den Schuhen gaben sie ein eindrucksvolles Bild ab und waren schnell von einer großen Zuschauermenge umringt. Ein Ständchen vor dem eigentlichen Auftritt auf der Hauptbühne war für die Zuschauer auf jeden Fall drin.
Bad Waldsees Drehorgel-Künstler
Auch Bad Waldsees fünf Drehorgelkünstler waren mit nach Wangen gekommen. Ihre Instrumente gaben ein beeindruckendes Bild am Wege ab. Mal spielten sie zusammen, mal einzeln und fanden ihre Liebhaber am Sonntag auf dem Wangener Gelände.
Das Flair der Wirtschaftswunder-Jahre
Natürlich nutzten die Stadt und ihre Institutionen die einmalige Präsentationsgelegenheit. Das Erwin-Hymer Museum hatte mit einem historischen Ford 17 M und einem angehängten Eriba-Touring Wohnwagen, einigen Liegstühlen und Sonnenschirmen Camping-Platz Flair der 50er- und 60er-Jahre inszeniert. Die Städtischen Rehakliniken und die Touristinformation informierten an eigenen Ständen. Der Stadtseniorenrat bot eine Vorsorge- und Notfallmappe sowie eine SOS-Box an, die Bauernschule informierte über ihr Bildungsangebot, One Health Bad Waldsee arbeitete das Thema Wasser auf und beim Obst- und Gartenbauverein konnte man Windräder und Samentütchen basteln.
Ein entspannter und gut gelaunter OB Matthias Henne zeigte sich an der Beachbar zufrieden mit der Präsentation „seiner“ Stadt und ließ sich von seinem Jüngsten mit Engelsgeduld die bekannten Oberbürgermeisterschuhe mit Sand und Kies auffüllen.
Etliche Kreis- und Stadträte konnten in Wangen ebenso gesichtet werden: Thomas Bertele mit Frau Angelika, Benno Schultes mit Frau Silvia und Lucia Vogel.
Auf dem Heimweg zum Bahnhof kam ich mit einigen Mitgliedern des Kirchenchors Reute ins Gespräch. Sie schwärmten von der tollen Veranstaltung am Morgen, vom gemeinsamen Singen, vom Zusammenhalt und dem schönen Tag in Wangen. „Was uns fehlt, sind Tenöre“, sagten sie zum Reporter. Und der, ganz folgsam, appelliert nun hier im „Waldseer“: Männer, wer Lust hat, in einer schönen Gemeinschaft zu singen, der melde sich beim Chor in Reute.
Text und Fotos: Erwin Linder
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