Anca Jung wie sie leibt und lebt
Bad Waldsee – Am Donnerstag, 22. August, lud die Galerie im Seenema zur „Midissage“ der Ausstellung „Anca Jung – NICHTNUREINGESICHT“. Dabei gab die Künstlerin ausführlich Auskunft über ihr Schaffen.
Die Ausstellungsmacherin im Seenema: Marianne Jocham.
Eröffnet worden war die Ausstellung der Portraits von Anca Jung am 14. Juli. Die Seenema-Besucher hatten also schon sechs Wochen Zeit, sich mit den Werken der Künstlerin zu beschäftigen. Wozu also eine „Midissage“? Marianne Jocham, in der Kino-Genossenschaft für die Ausstellungen verantwortlich, nannte in ihrer Begrüßungsansprache zwei Punkte: Erstens konnten bei der Eröffnung viele Bad Saulgauer, Heimatstadt der Künstlerin, nicht kommen, weil dort grade Bächtle-Fest war, und zweitens, weil die Ausstellung doch relativ länge hängt, nämlich bis zum 14. September.
Am Donnerstagabend stand die Künstlerin Anca Jung mehr im Mittelpunkt als ihre Werke. Expressiv wie ihre Werke, sprühend vor Lebendigkeit, gestenreich, wie sich nur in südlichen Gefilden geborene und aufgewachsene Menschen ausdrücken können, stand sie auf der „Bühne“.
Marianne Jocham fungierte als Stichwortgeber und so konnte Anca Jung aus ihrem Leben erzählen. Wie sie in einer Künstlerfamilie aufwuchs, schon als junges Mädchen gerne zeichnete. Wie sie, vielleicht von den großen Künstlernamen in der Familie eingeschüchtert oder auf den Rat des Vaters hörend, einen vernünftigen Brotberuf zu ergreifen, Medizin studierte.
In Deutschland angekommen, noch mit mangelhaften Deutsch-Kenntnissen, musste die aus Rumänien Stammende als Ärztin viel aus dem Minenspiel, den Gesten der Patienten herauslesen, wo es denn fehlte. Diese genaue Beobachtung der Menschen kommt ihr heute, nachdem sie die Medizin an den Nagel hängte, bei ihren Portraits zugute.
Beispielhaft erzählt sie von der Entstehung des Bildes „Nadja“. Sie lernte Nadja während eines Studienaufenthaltes in San Sebastiano in Italien kennen. Anca Jung fährt jedes Jahr einmal dorthin, um zu malen, zu fotografieren und zu bildhauern. Es ist der Ausbruch in eine ganz andere Welt. Dort treffen sich viele Künstler und dort lernte sie auch Nadja kennen, ebenfalls eine Künstlerin. Eine Frau, die nicht im herkömmlichen Sinne schön ist. Aber so interessant von ihrer ganzen Persönlichkeit, dass Jung sie einfach malen musste. In vielen Gesprächen, Begegnungen, mit Skizzen und Vorstudien näherte sich Jung der Portraitierten an, bis das endgültige Bild entstand. Während Jung im Bild nicht nur das Äußerliche festhalten, sondern auch die „Seele“ der Portraitierten zum Ausdruck bringen möchte, habe der Kommentar der Portraitierten gelautet: „Aber so hässlich bin ich doch gar nicht.“
Das Portrait „Nadja“ war bei der Midissage mit einem roten Punkt gekennzeichnet. Heißt: Es ist verkauft.
“Nadja”.
Ein Jungsches Model war bei der Midissage anwesend: Markus Ewald, Ex-OB von Weingarten. Jung erzählte vom Anruf, der sympathischen Stimme, die sie am Telefon für ihren Gesprächspartner einnahm, so dass sie spontan zusagte, diese Auftragsarbeit zu übernehmen. Das Ewald-Portrait hängt mittlerweile in der OB-Galerie im Rathaus in Weingarten und mit Markus Ewald verbindet sie seitdem eine echte Freundschaft.
Das Gespräch mit der Künstlerin wurde von der 26-jährigen Violin-Solistin Laura Gola (Bild) aus Biberach musikalisch begleitet. Laura Gola spielt seit ihrem achten Lebensjahr Geige und brachte es zu einer bewundernswerten Virtuosität. Mit elektronischer Klavierbegleitung begeisterte die Solistin das Midissage-Publikum ein ums andere Mal.
Blick in den Galerie-Raum.
Mit Gesprächen bei einem Glas Sekt und selbstgemachten Häppchen von Marianne Jocham klang die Midissage gegen 19.30 Uhr aus, als die ersten Kinogänger zur Vorstellung ins Seenema kamen.
Text und Fotos: Erwin Linder