Mehr Platz fürs Gewerbe und ein Disput über Dachbegrünung
Leutkirch – Ein ganz neues Gewerbegebiet. Nahe der Autobahnauffahrt Leutkirch Süd und der alten Kiesgruben. Insgesamt fast zehn Hektar. Das alles – und noch einiges mehr – gab der Leutkircher Gemeinderat am Montagabend frei. Für weitere Planungs-Vorarbeiten hierfür. Auch zur künftigen Anhörung der Träger öffentlicher Belange. Klar erkennbare Meinungsverschiedenheiten zu einzelnen Bestandteilen gab es. Etwa zur Dachbegrünung. Für einen Antrag dazu vom Bürgerforum (BF) stimmten elf Ratsmitglieder. Doch auch elf dagegen. Oberbürgermeister Henle: „Damit ist der Antrag bei Stimmengleichheit abgelehnt.“
Mehr Arbeitsplätze. Vergleichsweise mehr Beschäftigung in Leutkirch als an vergleichbaren Orten. Das lobte OB Henle am Montagabend. Bereitgestellt werden die Job-Möglichkeiten vor allem von Behörden, Handel, Gewerbe und Industrie. Sie alle brauchen Platz. Demnach also Gewerbegebiete. Möglichst mehr davon – für mehr Arbeitsplätze. Also Flächenversiegelung? Nicht unbedingt: Denn das Gras, das bisher statt des Gewerbes auf Wiesen gedieh, kann auch auf Dächern dieser Wirtschaftsgebäude sprießen.
Wiesen – nach oben verlagert
Aufwärts mit Pflanzen also vom Wiesengrund auf die Industriedächer. Darin zeigten sich am Montag alle einig. Keine Widerrede etwa, als Rudolf Zahner erklärte, es werde „so flächensparend wie möglich“ geplant. Wie? „Ich bin für Mehrfachnutzung von Flächen“, sagte der Biologe und Geschäftsleiter der Planungsberatungsfirma Sieber-Consult”aus Lindau und Weingarten. So seien auf den Dächern der neuen Gebäude im Interkommunalen Gewerbegebiet „Heidrain“ sprießendes Gras als auch Solarmodule darüber Vorschrift.
Schlupflöcher beklagt
Eine Vorschrift mit Ausnahmen. Von besagter Dachbegrünung kann nämlich abgewichen werden, „wenn die Baustatik das nicht hergibt“. So schilderte Gottfried Härle den Verwaltungs-Vorschlag. Und bemängelte ihn als “ein Schlupfloch”. Dieses zu „schließen“, beantragte Härles BF, die Ausnahme-Regelung also zu streichen. Das Schlupfloch öffnet sich für bauwillige Firmen auch dann, wenn sie Geld dafür geben, dass auf anderen Flächen mehr Umwelt- und Naturschutz wirkt. Diesen Tauschhandel ermöglichen staatlich vergebene Ökopunkte. CDU-Stadtrat Alois Peter fragte: „Wo finden die Ausgleichsflächen statt?” Sein Hinweis: Sie werden der Landwirtschaft weggenommen. Wo sich solche Grundstücke befinden, „wissen selbst die Planer nicht“, bemängelte Gottfried Härle. Dem Antrag des Bürgerforums (BF), keine Befreiung von der Pflicht zur Dachbegrünung künftiger Gewerbegebauten im Heidrain zu erlauben, stimmten 11 Ratsmitglieder zu. Aber auch elf dagegen. Stimmengleichheit gilt als abgelehnt, sagte OB Henle.
Doppelt niedergestimmt. Diese Niederlage war aber nicht die einzige, die das BF am Montagabend wegen zu wenig erhobener Ja-Hände im Rat kassierte. Kaum verwunderlich, dass BF-Fraktionschef Härle dann bei einem anderen Tagesordnungspunkt zum Grundsätzlichen kam. Als die Verwaltung für ein anderes Unternehmen ebenfalls eine Ausnahme von der Dachbegrünung vorschlug, erkannte er darin den Beweis dafür, wie man sich doch von dieser „angeblichen Pflicht” befreien könne. So begründete Härle seinen allgemein gültig gemeinten Vorschlag: „Lassen wir doch das mit der Dachbegrünung draußen – das wäre doch ehrlicher.” Widerrede von OB Henle: Die Dachbegrünung für neue Gewerbegebäude sei seit längerem vom Gemeinderat beschlossen worden. Daher wäre dieser Grundsatz auch durch eine prompte Gegenentscheidung nicht so einfach abzuschaffen.
Julian Aicher