Bad Waldsee fordert Herausnahme der angedachten Windkraft-Zone Urbach aus dem Regionalplan
Bad Waldsee (EL/rei) – Bad Waldsees Bürgermeisterin Monika Ludy stellte ihrem Gemeinderat in der Sitzung vom 22. April die vom Regionalverband entworfene Planungskarte der Windkraft-Vorrang- und der Freiflächen-PV-Vorbehaltsgebiete und die Stellungnahme der Verwaltung hierzu vor. Die Stadt Bad Waldsee kritisiert dabei eine zu starke Inanspruchnahme ihres Gebietes und fordert eine Reduzierung einiger der im Regionalplan-Entwurf für den Bereich Bad Waldsee aufgeführten Vorranggebiete; auf das angedachte Windkraftgebiet Urbach solle der Regionalverband wegen der „besonderen Waldfunktionen“ ganz verzichten (der Aspekt Riednähe wurde hierbei nicht genannt). In der Stellungnahme wird beklagt, dass die Gesundheits- und Tourismusstadt Bad Waldsee mit 5,37 % der Gemarkungsfläche für Windkraft herangezogen werde – das sei im Vergleich zum gesetzlich vorgegebenen 1,8-%-Ziel “ungerecht”.
In der Gemeinderatssitzung setzten sich die Räte und die Verwaltung sehr sachlich mit dem Thema auseinander. Bürgermeisterin Ludy stellte dem Rat die Raumnutzungskarte des Regionalverbandes und die von der Verwaltung angestrebten Änderungen vor. Ob und inwieweit die Änderungswünsche Eingang in die endgültige Ausgestaltung finden, müsse abgewartet werden, so ihre Einschätzung.
5,37 % statt 1,8 %
Laut Klimaschutzgesetz ist dem Regionalverband Bodensee-Oberschwaben vorgegeben, mindestens 1,8 % der Regionsfläche – also die Kreise RV, FN und SIG – als Vorranggebiete für Windenergieanlagen und mindestens 0,2 % zur Nutzung von Photovoltaik auf Freiflächen festzulegen. Aufgrund dieser Vorgaben erarbeitete der Regionalverband eine Karte, die für Bad Waldsee insgesamt 583 Hektar Vorrangflächen für Windenergie (5,37 % der Waldseer Gemarkungsfläche) und 96 ha für Freiflächen-Photovoltaik, entsprechend 0,88 % der Waldseer Gemarkungsfläche vorsieht. Diese Karte finden Sie hier in der Bildschirmzeitung unter Download (Karte 1).
In ihrer Stellungnahme (steht hier in der Bildschirmzeitung „Der Waldseer“ als Download zur Verfügung) vermisst die Verwaltung „eine gerechte Verteilung“ der Gebiete im Regionalverbandsbereich. Bad Waldsee sei Moorheilbad und Kneippkurort. „Als Gesundheitsstadt für die Bürgerinnen und Bürger, die Nutzer der Gesundheitseinrichtungen und der zahlreichen Touristen sehen wir zu große Einschnitte in den Bereichen Natur und Mensch.“ Die Stadt Bad Waldsee bittet deshalb darum, folgende Veränderungen in den Gebieten vorzunehmen (so beschlossen in der Gemeinderatssitzung am 22. April; bei drei Enthaltungen). Die geforderten Rücknahmen in den Flächen zeigt die Karte 2 (siehe Download)).
Die gewünschten Änderungen im Einzelnen (WEA = Windenergieanlage; Wortlaut: Stellungnahme der Stadt Bad Waldsee):
Osterholz (WEA-436-018)
Das Gebiet kann wie dargestellt berücksichtigt werden. Der überwiegende Teil der 85 ha großen Fläche wurde vom Land Baden-Württemberg (Landesforstverwaltung) bereits an Firma RES verge- ben, die teilweise bereits Verträge mit den Flächenbesitzern abgeschlossen hat. Die 85 ha entspre- chen 0,78 % der Gesamtfläche von Bad Waldsee. Nach den uns vorliegenden Erkenntnissen sollen auf der anschließenden Fläche der Gemarkung Eberhardzell ebenfalls Vorrangflächen für Windener- gie ausgewiesen werden. Dies sollte vom Regionalverband noch geprüft werden.
Osterhofen (WEA-436-007)
Das 376 ha große Gebiet ist grundsätzlich gut geeignet und entspricht einem Anteil von 3,46 % der Gesamtfläche von Bad Waldsee. Aufgrund der Nähe zum FFH-Gebiet im Bereich der Mauchenmühle und der Zielvorgabe des Regionalplans für ein Vorranggebiet für Naturschutz und Landschaftspflege im Nordosten muss das Vorranggebiet um die Fläche des Vorranggebiets für Naturschutz und Land- schaftspflege reduziert werden. Wir können uns vorstellen, dass maximal 50 % der Fläche in An- spruch genommen werden, ca. 110 bis 188 ha. Hier wird die Ortschaft Haisterkirch noch gehört. Des Weiteren sollte vom Regionalverband geprüft werden, ob der Regionalverband Donau-Iller auf der Gemarkung Eberhardzell Windenergieanlagen vorgesehen hat. Eine Umzingelung bzw. eine optisch bedrängende Wirkung von Windenergieanlagen sollte nicht entstehen.
Aulendorf-Ost (WEA-436-021)
Das 214 ha große Gebiet befindet sich auf den Gemarkungen Aulendorf und Bad Waldsee. Davon entfallen ca. 36 ha auf die Gemarkung Bad Waldsee. Dies entspricht 0,33 % der Gesamtfläche von Bad Waldsee. Das nördliche Teilgebiet auf der Gemarkung Bad Waldsee soll komplett entfallen. Der überwiegende Teil der Fläche liegt im Vorranggebiet für besondere Waldfunktionen. Das Gebiet liegt in unmittelbarer Nähe des Naturschutzgebiets Brunnenholzried und des FFH-Gebiets Feuchtgebiete um Bad Schussenried. Darüber hinaus gibt es für den Bereich des Hofguts Elchenreute einen rechts- verbindlichen Bebauungsplan mit zwei zusätzlichen Gästehäusern.
Urbach (WEA-436-019)
Das 87 ha große Gebiet entspricht 0,80 % der Gesamtfläche von Bad Waldsee und soll entfallen. Ein großer Teil der Fläche liegt im Vorranggebiet für besondere Waldfunktionen (auf die Rohrseenähe geht die Stelungnahme der Stadt Bad Waldsee nicht ein). Im Bereich des Teilorts Oberurbach gibt es bereits die geplante Freiflächen-Photovoltaikanlage Sankt Johannes, die durch rechtsverbindlichen vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Satzung beschlossen ist und im Laufe des Jahres 2024 errichtet werden soll. Durch die geplanten Freiflächen-Photovoltaikanlagen südlich von Oberurbach und des Vorranggebiets Windenergieanlagen nordöstlich von Oberurbach sehen wir eine Überlastung des Teilorts Oberurbach.
Abschließend heißt es in der Stellungnahme der Stadt zu den geplanten Windkraft-Vorrangflächen im Bereich Bad Waldsee: „Mit diesen Prioritäten wäre die geforderte Fläche von 196 ha auf jeden Fall erreicht bzw. überschritten.“ 196 Hektar entsprächen also dem 1,8-%-Ziel.
Stimmen der Räte
Wilhelme Heine, CDU, bezeichnete das Flächenangebot der Stadt als „mehr als fair“; es sollten “nicht zu viele” Windräder werden. Oskar Bohner, FW, sprach sich für einen Mix an Energieerzeugern aus und fragte sich, warum denn immer noch so viele Dächer ohne PV-Anlagen wären. Jörg Kirn, Grüne, äußerte Skepsis, inwieweit die Korrekturwünsche der Stadt auf die Planung Einfluss hätte. Markus Leser, Grüne, brach eine Lanze für die dezentrale, alternative Energieerzeugung, auch mit Windrädern: „Die Firmen wandern ab nach Norddeutschland, wenn sie hier vor Ort keinen günstigen Ökostrom bekommen können.“
Karten und Stellungnahme
Die Karten des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben zu Windkraft und Freiflächen-Photovoltaik sowie die Stellungnahme der Stadt Bad Waldsee zu den sie betreffenden Aspekten finden Sie nachstehend unter Download.