Reiter und Pferde trotzen widrigem Wetter
Gaisbeuren – Im Jahresablauf der Gaisbeurer nimmt der Leonhardstag, es ist der 6. November, einen besonderen Stellenwert ein. Dem Heiligen Leonhard ist die Gaisbeurer Kirche geweiht, die schon seit dem 12. Jahrhundert mit ihrem wehrhaften Turm über das Dorf wacht. In guter christlicher Tradition reiten die Bauern an jenem Sonntag, der dem Leonhardstag am nächsten liegt, mit ihren Pferden durch die Fluren und erbitten den Schutz des Heiligen für Hof und Stall, für ihre Familien und das Vieh.
Wer ist denn dieser Heilige Leonhard, der im bäuerlichen Leben viel Verehrung findet? Gräbt man in den Quellen ein bisschen nach, stößt man schnell auf einen fränkischen Adeligen aus dem 6. Jahrhundert. Der junge Leonhard hatte Mitleid mit Gefangenen und konnte aufgrund seiner adeligen Stellung bei den fränkischen Herrschern für viele Leben und Freiheit erwirken. Im weiteren Verlauf seines Lebens zog er sich als Eremit in eine Klause zurück und betete für Kranke und Hilfsbedürftige. Aufgrund seines Gebetes seien bei vielen Gefangenen die Ketten zersprungen und so wird der Hellige Leonhard auch „Kettenheiliger“ genannt.
Der Sage nach soll der Heilige auch das Leben der schwangeren Königin gerettet haben. Darauf schenkte der König ihm das Land, auf dem er das Kloster Noblat gründete, das heute noch in der Nähe von Limoges in Frankreich existiert.
Ab dem 11. Jahrhundert wird der Heilige besonders in Süddeutschland verehrt. Er gilt als Schutzpatron für das Vieh, insbesondere für die Pferde.
Pferde waren in der Landwirtschaft über Jahrhunderte wichtige Zug- und Arbeitstiere. Also putzten die Bauern am Leonhardstag ihre Pferde besonders festlich auf und ritten mit Gebeten und Bittgesängen zu Ehren Gottes und ihres Schutzpatrons über die Felder. Heutzutage, in Zeiten des Strukturwandels, sind in den Blutreitergruppen auch viele traditionsbewusste Mitglieder dabei, die nicht aus der Landwirtschaft kommen.
Unter den knapp 30 Reitern, die sich bei nassem Schmuddelwetter am Sonntag um 13.00 Uhr vor dem Gaisbeurer Dorfgemeinschaftshaus versammelten, konnte man immer noch Landwirte antreffen, aber sie waren nicht in der Überzahl. Die Teilnehmer am Leonhardsritt entstammten verschiedenen örtlichen Blutreitergruppen (Reute-Gaisbeuren, Bad Waldsee, Bergatreute, Molpertshaus). Zu unterscheiden an ihren Standarten und den verschieden farbigen Schärpen, die die Reiter über die Schulter trugen. Unter die Gruppe der Bad Waldseer mischte sich auch MdB Axel Müller, der auf seinem Pferd eine gute Figur abgab.
Nach einem Festgottesdienst im Dorfgemeinschaftshaus begrüßte OB Matthias Henne, unter einem Bad Waldsee-Schirm wohl behütet, Reiter und Gäste. Diakon Franz Fluhr segnete mit Gebet und sprengte hoch vom Ross Weihwasser über Ross und Reiter, bevor sich die Pferdeprozession formierte.
Mit Musik bis zum Ortsetter
Angeführt von der Musikkapelle Reute-Gaisbeuren zog die Prozession die St. Leonhard-Straße hinaus Richtung Reute. An der Dorfgrenze ließen die Musiker die Reiter alleine weiterziehen. Über den Durlesbach und die Reutestraße Richtung Flugplatz zog die Prozession gemächlich weiter. Dem schlechten Wetter geschuldet kürzten die Reiter die Strecke ab. Die Untermöllenbronner warteten vergeblich, denn die Prozession bog in die Pfannenbühlstraße ab, umrundete das Kloster und kehrte wieder zum Dorfgemeinschaftshaus zurück.
Ortsvorsteher Achim Strobel dankte den Reitern und stellte warme Saiten in Aussicht. Mit einem Tablett gut gefüllter Stamperln waren die Reiter schnell wieder auf Temperatur gebracht.
Während der Reiterprozession konnten es sich die Besucher des Patroziniums im Dorfgemeinschaftshaus gut gehen lassen. Bei Mittagessen, Kaffee und Kuchen, begleitet von einem humoristischen Vortrag des Mundartdichters Hugo Breitschmid, konnte man sich nett und trocken unterhalten.
Am eigentlichen Leonhardstag, dem 6. November, wurde morgens um 8.30 Uhr in der Leonhardskirche eine Heilige Messe gefeiert und anschließend begab man sich zum Frühschoppen in den “Adler”.
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