Rudolf Kombosch ist Experte in der Haarkunst
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Wangen – Rudolf Kombosch gehört seit vielen Jahren zu den Ostereierkünstlern mit ganz ungewöhnlichen Techniken. Er arbeitet mit Haaren und kreiert daraus Blumenbilder. Beim 41. Wangener Ostereiermarkt am Freitag und Samstag, 21. und 22. März, ist er wieder dabei.
Das Haus in der anheimelnden Ecke der Günzburger Altstadt ist nicht zu verfehlen. Ein Ausleger macht deutlich, was drinnen zu finden sein wird: Ostereier. Doch das ist nur eines der vielen Hobbys von Rudolf Kombosch. Die Treppe hinauf und rechts führt er den Gast in die Stube – und dann gibt es den ersten Wow-Moment: Man fühlt sich wie in einem Museum. In Vitrinenschränken und auf Kommoden sowie an den Wänden finden sich zauberhafte Werke, hauptsächlich christlicher Volkskunst.
Noch bevor der (heimat-)geschichtlich stark interessierte Vorruheständler näher erzählt, womit er sich dort umgibt, kommt er direkt auf den Wangener Ostereiermarkt zu sprechen. Und da zeigt sich, dass er ein „Urgestein“ des Markts in Wangen ist. Er hat schon vor über 25 Jahren hier ausgestellt, als der Markt noch im Kornhaus abgehalten wurde.
Seit 2001 im Rathaus
2001 erst öffnete der damalige Oberbürgermeister Dr. Jörg Leist das Rathaus für die einzigartige Ausstellung und sein Nachfolger Michael Lang übernahm das gerne so. Besucherinnen und Besucher wissen die besondere Atmosphäre des historischen Rathauses ebenso zu schätzen wie die Künstler. Da macht auch Rudolf Kombosch keine Ausnahme. „Ich kannte das Rathaus in Wangen schon, als ich dort zum ersten Mal ausstellte. Denn über den historischen Verein hier in Günzburg war ich einmal zu einer Führung dort gewesen“, erzählt er.
Aber wie kommt ein Mann, der bei der Pflegekasse einer Krankenkasse gearbeitet hat, ausgerechnet zur Haarkunst am Osterei? Eine Bekannte nahm ihn mit zu einer alten Frau, die Seegrasschuhe herstellte – wie sie in der Fasnet gern von Hexen getragen werden. Und dann zeigte ihm die Seniorin auch die Grundtechnik für die Haararbeiten, eine inzwischen praktisch ausgestorbene Fertigkeit.
Und wie geht diese Technik? Rudolf Kombosch holt unter dem Sofa eine Schachtel hervor mit Stricknadeln und Metallfäden und eine zweite mit gut 30 Zentimeter langen Haaren. Es sind keine Haare von Toten – darauf legt er großen Wert. Vor Jahren übergab ihm Heinz Zopf vom gleichnamigen Frisörmuseum in Neu-Ulm eine Auswahl an Haaren zur weiteren Verwendung, wie er erzählt, und das führt zu gleich zwei weiteren spannenden Informationen. Erstens: Würde er Haare kaufen, müsste er ein Vermögen dafür anlegen – das Kilo liegt im vierstelligen Bereich. Nicht auszudenken, was Künstlereier kosten würden, wenn man das rechnen müsste. Und zweitens erzählt er von der Geschichte des Frisörhandwerks. Noch bis zum Ersten Weltkrieg hätten Haararbeiten zu den Grundfertigkeiten der Frisöre gehört und seien bei der Meisterprüfung verlangt worden. Der Grund: diese Künstlerarbeiten bildeten über lange Zeit ein zweites Einkommen für die Frisöre, die früher hauptsächlich von Männern zum Haare- und Bartschneiden aufgesucht wurden. Frauen trugen lange Haare hochgesteckt, die den Besuch nur selten nötig machten.
Die Technik sieht ganz einfach aus, ist aber garantiert nicht für Menschen geeignet, die von der Natur eher grobmotorisch angelegt wurden. Man nehme eine Stricknadel wie beim Stricken in die Hand und schlinge dann obendrüber ein Bündel mit vielleicht fünf Haaren. Die Schlaufe, die sich ergibt, wird unterhalb der Nadel durch einmaliges Schlingen eines Metallfadens befestigt. Am Ende zieht man die Nadel heraus und erhält das eigentliche Material für die Verarbeitung vor allem zu Blumenbildern. Sie sind – wie kann es bei vorwiegend europäischen Haaren anders sein – vor allem in verschiedenen Braun- bis Blondtönen gestaltet. Am Rande merkt der Künstler an, dass solche Werke auch aus geklöppelten Haaren hergestellt werden können – allerdings nicht von ihm. Und noch eine andere Möglichkeit ist die Klebetechnik, die auf einem seiner Sammelobjekte zu sehen ist.
“Halbe” Eier
Für den Ostereiermarkt in Wangen ist der Vorruheständler mit diversen Ehrenämtern aktuell in der Eierproduktion. Früher war er oft mit aufklappbaren Eiern im Rathaus zu Gast. Diese sind aufwändig in der Herstellung, weil die Eihälften mit einem Scharnier verbunden werden müssen. Dann müssen beide Hälften gefüllt werden. Dieser ganze Prozess verteuert also die Objekte. Deshalb hat er sich für dieses Jahr vorgenommen, den Schwerpunkt auf „halbe“ Eier zu legen. Dafür wird ein Ei der Länge nach abgesägt und der gewonnene kleinere Teil umgekehrt ins Ei eingeklebt. Er verwendet dafür wegen ihrer Stabilität vor allem Enten- und Gänseeier. Um die Kante zu verschönern, klebt er eine Goldbordüre aus Papier an, wie man sie schon in der Biedermeierzeit vor rund 200 Jahren verwendet hat. „Bisher hatte ich die von einer Firma in München, aber die gibt es leider nicht mehr. In Wien kann man sie noch kaufen“, sagt Rudolf Kombosch. Die Innenseiten der Eier hat ihm eine befreundete Kirchenmalerin mit verschiedenem Blattgold ausgemalt. Doch keine Bange, das sieht zwar sehr edel aus, aber verteuert das Objekt nicht wirklich: „Der Preis für das Blattgold liegt weit unter einem Euro“, sagt er. So bleibt ihm jetzt die Ausgestaltung mit den aus Haaren gefertigten Blumen. Einen halben Tag oder einen langen Abend rechnet er dafür pro Ei.
Antreffen kann man den Eierkünstler übrigens nicht nur auf dem Wangener Ostereiermarkt. Immer wieder kuratiert er Ausstellungen im Günzburger Heimatmuseum – oft mit Objekten aus seiner eigenen vielseitigen Sammlung von Krippen bis hin zur 2000 Stück umfassenden Ostereierkollektion.
Der 41. Wangener Ostereier-Markt
Öffnungszeiten des 41. Wangener Ostereiermarkts: Freitag, 21. März, 9.00 bis 18.00 Uhr, Samstag, 22. März, 9.00 bis 17.00 Uhr. Alles zum Programm – auch für Kinder – ist im Internet unter www.wangen.de/ostereiermarkt zu finden.
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Einsetzen der Haarblüten. Unser Foto zeigt Rudolf Kombosch mit einem seiner in Arbeit befindlichen Ostereier. Foto: Stadt Wangen / sum