„Dieses Haus ist wirklich ein Juwel”
Kißlegg – Mittwochabend, 15. Januar. Unter dem Deckengemälde des Esther-Saals im Neuen Schloss versammelt sich der Kißlegger Gemeinderat zu seiner ersten Sitzung im Jahr 2025. Dabei geht es um Erhalt und Wiederbelebung des “Löwen”. Das kostet brutto bis zu rund 4,5 Millionen Euro. Bis 2023 waren dafür noch 3,87 Millionen veranschlagt worden.
„Wer sich viel Arbeit machen möchte, muss sich ein altes Haus anschaffen. Geld braucht man dann auch noch.” So Bürgermeister Dieter Krattenmacher in der Gemeinderatssitzung. Bei diesem “alten Haus” handelt es sich um den ehemaligen “Löwen”. Also um ein “historisch herausragendes Gebäude in Kißlegg.” So Krattenmacher. Genauere Untersuchungen des Hauses samt ersten Arbeiten ergaben mehr Aufwand. Deshalb komme dem Gemeinderat nun eine wichtige Entscheidung zu. “Wir müssen heute weitermachen – oder die Notbremse ziehen.” Krattenmacher ergänzte, ihm sei da “ein mutiges Signal nach außen” wichtig.
Zu den Einzelheiten erläuterte Architekt Wolff Stottele (Ravensburg): Der „Löwen”, 1697 als „Tafernwirtschaft” errichtet, solle 2027 ein “Bürgerhaus” sein. Bis es soweit komme, stehe aber noch etliches an Arbeit an. Und Prüfungen. Stottele: “Der statische Zustand der Decke über dem Erdgeschoss wird derzeit untersucht.” Das Fachwerk sei teils sanierungsbedürftig. Da helfe dann voraussichtlich ein “aktiver Kalkputz” weiter – auch “diffusionsoffener Kalkputz” genannt.
Kosten steigen aber auch wegen neuerer amtlicher Bestimmungen. So erklärt das Bau- und Umweltamt: “Eine relativ neue Gerüstverordnung in Deutschland schreibt vor, dass im Fall der Löwen-Sanierung ein Sondergerüst erforderlich ist.” Architekt Wolff Stottele dazu: “Es ist unglaublich, was heute an Gerüst-Bauordnungen besteht.” Die Genehmigung für das Gerüst an sich erwartet Stottele für Februar 2025. Sobald das Gerüst stehe, sei die Schlossstraße am “Löwen” nur noch einspurig befahrbar.
Solche und andere Aufgaben treiben die Kosten. Architekt Stottele sprach von 2023 geschätzten Ausgaben über 3,87 Millionen Euro. Inzwischen gehe man von 4,38 Millionen aus. „Plus Reserve.” Also insgesamt 4,5 Millionen.
Bürgermeister Krattenmacher bezifferte die Mehrkosten auf 900.000 €. Und fragte gleich anschließend: „Wie finanzieren wir das Ganze?” Seine Antwort enthielt das Wort „Schieben”. Demnach werde manches, was für eigentlich für heuer geplant gewesen sei, “ins nächste Jahr verschoben. Allerdings: Etliche dieser Vorhaben seien bisher ohnehin noch nicht soweit genehmigt, dass mit den Bauarbeiten daran sofort begonnen werden könne. Stichwort „Südspange”. Stichwort Kläranlage. Außerdem biete das „Löwen“-Gebäude das „größte Sozialprojekt der Gemeinde”. Mit Wohnraum für Ältere mit wenig Einkommen oben und Räumen für Bewirtung/Versammlung unten. Dieses “casa del populo” bedeute in dem Zwei-Schlösser-Ort daher „eine große Chance”, „insbesondere für die ältere Generation”.
Vorbild Bürgerbahnhof Leutkirch
Im Hinblick auf den „Bürgerbahnhof” Leutkirch, für den aus der Bevölkerung rund 1000 Personen je 1000 Euro bereitgestellt hätten, hofft der Kißlegger Rathauschef im Mehr-Seen-Ort auf „250 Leute, die einen Tausender bringen.” Bauamtsleiter Manfred Rommel erwähnte außerdem 2,12 Millionen „zugesicherte” Fördergelder von außerhalb Kißleggs. Und Kämmerer Roland Kant bestätigte den Bürgermeister mit Hinweis auf Umschichtungen in kommende Jahre hinein.
Zustimmende Äußerungen aus der Mitte des Gemeinderates
„Wir sind schon so weit gegangen” – da führe kein Weg mehr zurück. Daher forderte CDU-Fraktionschef Christoph Dürr: „Umschichten, einsparen, machen”. SPD-Rätin Monika Dobler bestärkte Dürr: „Dieses Haus ist wirklich ein Juwel.” Ähnlich Petra Evers (CDU): „Dieses stadtbildprägende Haus hat nur eine Chance. Und die heißt: jetzt.” Bernhard Klein (Grüne): „Ich begrüße das Projekt.” Vielleicht ließen sich sogar noch „über Werbung” am Gerüst „Einkünfte erzielen”.” Das sei eine „gute Idee”, sagte Bürgermeister Krattenmacher.
“Wir machen weiter”, erklärte Bauamtsleiter Manfred Rommel. Erste Aufträge über 694.000 Euro würden daher ab jetzt an Fachfirmen erteilt. Mit einstimmigem Ja des Gemeinderats.
Julian Aicher