Zentrale Stelle aus Bachs Johannes-Passion erklang
Bad Wurzach – Fünf Jahre nach dem ersten Heilig-Blut-Fest in Bad Wurzach im Jahre 1928 wurde erstmals die Lichterprozession hinauf zur Heilig-Kreuz-Kirche – so der Weihename der Gottesbergkirche – durchgeführt. In diesem Jahr gab es für den Auftakt des Heilig-Blut-Festes in Bad Wurzach einige Neuerungen. So wurde der Schluss-Segen vor der in Rot getauchten St. Verena-Kirche gespendet. Beim Wortgottesdienst auf dem Gottesberg wurde eine zentrale Stelle in Bachs Johannes-Passion betrachtet.
Pfarrer Stefan Maier hatte die diesjährige Prozession unter das Leitmotiv gestellt: “Ja sagen zu Gott und Jesus Christus, der durch sein Sterben auf dem Berg Golgotha den Menschen ein Liebesangebot gemacht hat, ihn in unser Leben einzuladen”. Sehr viele Gläubige nahmen das Angebot von Pfarrer Maier an, sich vorzustellen, beim Weg auf den Gottesberg – vorbei an den Kreuzwegstationen – eben jenen Berg Golgotha zu erklimmen. Der Prozessionszug mit Stadtkapelle und Kirchenchor an der Spitze zum Wortgottesdienst auf dem Gottesberg setzte sich um 21.00 Uhr am vergangenen Sonntag (7.7.) in Bewegung.
Joh 19,25-30
Nach der Begrüßung durch durch Gottesberg-Superior Konrad Werder und einem Lied des Kirchenchores verlas Pastoralreferent Raimund Miller das Evangeliumswort aus dem Johannesevangelium 19,25-30, in der der Evangelist das Sterben Jesu am Kreuz beschreibt. „Danach, da Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß voll Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm voll Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund. Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und übergab den Geist.“
Einspieler aus Bachs Johannes-Passion
Es war ein mehrminütiger Einspieler der Sterbe-Szene aus Bachs Johannes-Passion zu hören. Die Arie des Basses an dieser zentralen Stelle der Passion betrachtet den Tod Jesu und stellt die entscheidenden Fragen: „Bin ich vom Sterben freigemacht? Kann ich durch deine Pein und Sterben das Himmelreich ererben? Ist aller Welt Erlösung da?“ Es sind Fragen, die bis ins Innere des Glaubens vorstoßen, ja der gesamten menschlichen Existenz.
Pfarrer Maier eröffnete seine Predigt mit dem Hinweis, dass das Johannes-Evangelium vom Leiden und Sterben Jesu so zentral für den Glauben sei, so dass an Karfreitag immer Kapitel 19, 25-30 gelesen werde. „Johann Sebastian Bach hat die Passion nach Johannes vertont.“ Das Kreuz ist das Zeichen des Glaubens, sagte Pfarrer Maier in der Betrachtung der Johannes-Worte. Das Kreuz auf der Kuppel der Gottesbergkirche leuchte in Rot in der Farbe des Blutes. „Im Blut Jesus Christi staunen wir voller Dankbarkeit darüber, dass wir Gott so wichtig sind, dass er – in seinem Sohn Jesus Christus – für uns – stirbt. Dass er nicht nur unser Schicksal mit uns teilt und unsere Not und unser Leid, sondern sogar unseren Tod!“
“Das Kreuz wird zum Zeichen des Lebens und der Zukunft”
Dieses Sterben um unseretwillen verändere die Wirklichkeit, das Koordinatensystem unserer Welt. Was könne diese unendliche göttliche Liebe bewirken? „Sie besiegt den Tod. Sie entmachtet ihn, von innen heraus.“ Karfreitag und Ostern gehörten zusammen: Das Kreuz wird zum Zeichen des Lebens und der Zukunft. „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben im Kreuz ist Hoffnung! Deshalb errichten wir es an den Gräbern unserer Verstorbenen. Deshalb fügen wir es den Sterbeanzeigen und den Sterbebildchen unserer Angehörigen bei. Als Zeichen des Lebens, des Glaubens und der Hoffnung.“
Mit einer kleinen Betrachtung zur Kreuzigungsgruppe auf dem Hochaltar der Gottesbergkirche, in der eben diese Sterbeszene dargestellt ist, Jesus umgeben von zwei Schächern, von denen sich der eine zu Gott bekennt, während der andere Jesus noch kurz zuvor verhöhnt hatte, beendete er seine Predigt.
Wallfahrtslied und Lichtermeer
Während die Stadtkapelle das Wurzacher Wallfahrtslied intonierte, wurden von den Gläubigen die mitgebrachten Kerzen entzündet und verwandelten bei der hereinbrechenden Dunkelheit das Auditorium in ein rotleuchtendes Lichtermeer.
Pfarrer Maier trug die Reliquienmonstranz unter dem reichverzierten “Himmel” hinab in die Stadt, vorbei an auffallend vielen geschmückten und beleuchteten Häusern. Auch Schloss, Rathaus und Amtshaus waren illuminiert. Am Marienbrunnen verlas Gemeindereferentin Angelika Schupp die Botschaft zur jungfräulichen Empfängnis Mariens. Von dort bis zum Klosterplatz und zur St. Verena-Kirche übernahm dann Pfarrer Patrick Meschenmoser die Reliquie. Auf dem ganzen Weg wurde gebetet, unter anderem die Allerheiligen-Litanei.
Es war ein erhabener Anblick, den der Klosterplatz beim Schlusssegen bot, der den Gläubigen erstmals seit vielen Jahren wieder dort von der Kirchentreppe aus gespendet wurde. Sehr zum Gefallen der Prozessionsteilnehmer, die nach dem Schlusslied der Stadtkapelle noch lange in Gruppen dort verweilten.
Text und Fotos: Uli Gresser
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