Türme statt Bäume – das ist kein Naturschutz
Zum Leserbrief von Walter Hudler, veröffentlicht in der Bildschirmzeitung am 29. Februar und zum Artikel von Bernd Treffler in der „Schwäbischen Zeitung“ („Naturschützer attackiert Windkraftgegner“; SZ Leutkirch vom 26. Februar)
Die Äußerungen des Herrn Walter Hudler, der sich hier des Herrn Treffler als Sprachrohr bedient, erzwingen wegen ihrer Unwahrhaftigkeit und Übertreibung eine deutliche Antwort.
Herr Hudler stellt das Wirken des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) in den Vordergrund. Der BUND wird neben dem Nabu häufig in der Schwäbischen Zeitung zitiert: „Die Umwelt- und Naturschutzverbände nehmen wie folgt Stellung …“ Für die „Schwäbische“ existieren andere Verbände wie die „Naturschutzinitiative“, der VLAB, der BNO, der DAV oder der Landesjagdverband offensichtlich nicht.
Auch zahlreiche mehr ortsgebundene Naturschutzvereine wie zum Beispiel der Naturschutzverein „Lebenswerter Haistergau“ der Tierärztin Andrea Hagenlocher werden von Herrn Hudler mit seinen befremdlichen Ausführungen herabgesetzt.
Bezüglich der Naturschutzarbeit möge er sich doch die Homepages dieser Vereine ansehen.
Im Gegensatz zum BUND und Nabu sind sie auch keine Vollstrecker der grün-rot-gelben Umweltpolitik in Berlin oder der grün-schwarzen Politik in Stuttgart und auch keine versteckte Lobby-Organisation der Windkraftindustrie.
Gerade der BUND kann als Musterbeispiel für das Gegenteil von Unabhängigkeit dienen. Seine vorderste Vertreterin und vorderstes Sprachrohr in Baden-Württemberg ist die frühere Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie, der mächtigen Lobbyorganisation der Windindustrie. „Ein Schelm, der Böses dabei denkt.“
Einschränkend sage ich aber, dass viele einfache Mitglieder dieser Vereine von diesen Vorwürfen ausgeschlossen sein sollen. Der Fisch stinkt vom Kopf her.
Menschen, denen der Schutz der heimischen Natur und Landschaft ein starkes Anliegen ist, falsche Motive zu unterstellen, ist bei Vertretern der linksgrünen Propaganda nichts Neues. Nächste Steigerungsstufe: Alles Rechtsradikale, Faschisten oder schlichtweg Blut-und-Boden-Nazis.
Mit Natur- und Umweltschutz haben wir Windkraftgegner, laut Herrn Hudler, im Gegensatz zu ihm, nichts am Hut. Wortreich beklagt er sich, dass die Bürgerinitiativen gegen Windkraft „wie Pilze aus dem Boden schießen“. Das ist auch kein Wunder, sondern nur die Reaktion auf die mit allem Nachdruck verfolgten Pläne, unser Land statt mit Bäumen mit Windkrafttürmen vollzustellen.
2011 habe ich zusammen mit Freunden die Bürgerinitiative Landschaftsschützer Oberschwaben-Allgäu als Reaktion auf Pläne, das Wurzacher Becken mit Windkrafttürmen zu garnieren, gegründet. Rund zehn Jahre zuvor rückte ich für eine verstorbene Vorgängerin in den Gemeinderat ein. Wegen meines kompromisslosen Einsatzes für den Umweltschutz wurde ich damals als verkappter Grüner verleumdet, demnächst vielleicht als Rechtsradikaler, der nur noch Windräder vor seinen Augen sieht?
Angeblich kein Einsatz für Umwelt und Naturschutz? Auch wenn Eigenlob angeblich stinkt, lässt mir Herr Hudler mit seiner Ehrabschneidung keine andere Wahl, als die der Eigendarstellung.
Bereits 1987 konnte ich mit Hilfe eines weitsichtigen Ministerialrates und eines fähigen Ministerpräsidenten (Lothar Späth) die erste staatlich anerkannte deutsche Mess-Stelle für Radioaktivität in Wildfleisch, Pilzen, Milch und natürlichen Lebensmitteln gründen. Bis heute habe ich ca. 20.000 Messungen ausgeführt. Wird heute in Oberschwaben oder im Allgäu ein Wildschwein erlegt, landet die Messprobe bei mir.
Ein mit der Messtätigkeit verbundener Forschungsauftrag war nicht ungefährlich. Auch um Messproben für deutsche Forschungseinrichtungen zu besorgen, fuhr ich mit meinem Auto nach Tschernobyl, hielt dort Vorträge, informierte mich über die Veränderungen des Pflanzenwachstums unter dem Einfluss radioaktiver Strahlung, schoss Wildenten auf dem Dnjepr, die ich gefriergetrocknet mitnahm, und entnahm am Ufer von Dnjepr und Pripjat, keine drei Kilometer vom Unfallreaktor entfernt, eine Kiste voll Boden- und Pflanzenproben, um sie nach Deutschland zu bringen. Es handelte sich um Proben von Stellen, an denen mein Messgerät besonders heftig ratterte.
Vermutlich verstieß ich dabei gegen einen „Stall“ voll Vorschriften der Ukraine, Ungarns, Österreichs und Deutschlands. Als die Grenzbeamten hörten, wo ich herkam, wollte keiner in meine Kiste sehen. Im Gegenteil, sie forderten mich auf, unverzüglich weiterzufahren.
Zwei weitere Vorgänge hätte ich fast vergessen. Gegen einen erfolgreich von Gerichten abgeschmetterten Plan, zwischen den Ortschaften Dietmanns und Hauerz (beide Bad Wurzach) eine Großkiesgrube zu errichten, lieferte mein Mitstreiter Reinhold Mall entscheidende Argumente.
Und als zwei rührige Jungunternehmer auf die grandiose Idee kamen, in Bad Wurzach in einem Container eine Mini-Plastikfabrik zur Gewinnung von Kunststoffmonomeren aus der Verschwelung von Silofolien zu errichten, konnte ich, zusammen mit Dr. Wolfgang Hübner (Bad Wurzach), diese beiden „Spezialisten“ vom Unsinn dieses Vorhabens überzeugen. Vermutlich wäre der Gestank des entstehenden Gasgemisches noch im Amtszimmer unserer Bürgermeisterin wahrnehmbar gewesen.
Wie begründet Herr Hudler angesichts dieser keineswegs vollzähligen Faktenaufzählung seinen Vorwurf der Eigennützigkeit? Oder hat er nur vorschnell etwas „gehudelt“?
Als Bad Wurzacher geht es mir zuvorderst um den Schutz des Riedes, eingebettet in das geologisch und landschaftlich einmalige Wurzacher Becken. Es geht mir darum, dass Flora und Fauna dieses einzigartigen Großbiotops unbeschädigt bleiben und der Mensch auf Dauer seine Freude am Naturwunder Ried hat und dass das Wurzacher Becken von monströser Großtechnik verschont bleibt.
Als Mensch jenseits der 80 geht es mir nicht um Eigennutz, sondern um den Nutzen für die Allgemeinheit auf Dauer.
Ja, ich denke über meine persönliche Perspektive (= Lebenserwartung) hinaus.
Hans-Joachim Schodlok, Bad Wurzach
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