Stadtkapelle Bad Wurzach präsentierte ein gelungenes Musikexperiment
Bad Wurzach – Dirigentin Petra Springer und ihre 61 Musikerinnen und Musiker der Stadtkapelle hatten für ihr diesjähriges Jahreskonzert am 7. Dezember eine phantastische Mischung aus klassischer symphonischer Blasmusik und experimenteller Musik mit E-Gitarre einstudiert. Stücke, die allesamt hohe bis höchste Ansprüche an das musikalische Können der Musiker stellte.
Vorstandsprecher Wolfgang Grösser konnte neben Bürgermeisterin Scherer mit Gatten Erwin fast die gesamte Geistlichkeit wie etwa Superior Pater Konrad Werder der Salvatorianer und Stadtpfarrer Stefan Maier als Mitglied der Stadtkapelle auf der Bühne begrüßen. Dazu viele Gemeinderäte, Ortsvorsteher, aber auch zahlreiche Vertreter von Musikkapellen aus der Region. Ebenfalls viele Ehrenmitglieder der Stadtkapelle, aber auch Eva Oberleiter, die Leiterin der Jugendmusikschule.
Durch das Programm führte Andrea Mall
Wie in den letzten Jahren führte Andrea Mall mit großem Fachwissen durch das Programm, das die Stadtkapelle mit „Russian Christmas Music“ von Alfred Reed eröffnete. „Russian Christmas Music“ ist eines der absoluten Meisterwerke und hat entscheidend dazu beigetragen, dass Alfred Reed sich als einer der wichtigsten Komponisten von zeitgenössischer Musik für Sinfonisches Blasorchester etabliert hat. Es kombiniert alle Elemente der Sinfonischen Blasmusik zu einem überwältigendes Klanggemälde. Der Komponist schrieb das Stück im Jahr 1944.
Ein lebender Nussknacker
Schon an der Saaldeko war das musikalische Hauptthema des Konzertes zu erkennen. Und bevor das Konzert musikalisch eröffnet wurde, zeugte ein stattlicher, lebender Nußknacker auf der Bühne von der „The Nutcracker Fantasy“. Das Ballett, das Peter Tschaikovsky vor 130 Jahren geschrieben hatte. Dieses alle Register im höchsten Maß fordernde, vom japanischen Komponisten Yo Goto im Jahre 2010 für Blasmusik adaptierte Werk, bildete den rund 15-minütigen ersten Höhepunkt des Konzertes. Yo Goto hat aus den Melodien des berühmten Balletts „Der Nussknacker“ eine mitreißende Fantasie für Blasorchester kreiert. Liebliche Solo-Passagen und klangvolle Tutti-Abschnitte machen „The Nutcracker Fantasy“ zu einem imposanten Klangerlebnis für Musiker und Zuhörer.
Pia Vincon als Solistin
Bei „Cape Horn“ des österreichischen Komponisten Otto M. Schwarz zeichnet der Komponist ein Bild der Schönheit, aber auch der Gefährlichkeit dieses Felsens an der südlichsten Landspitze Südamerikas. Die 24-jährige Pia Vincon hatte an diesem Abend den Mut, als Solistin auf einem der am schwierigsten zu beherrschenden Blasinstrumente für das Publikum den Kapitän bei dieser musikalischen Umrundung des Cape Horn zu geben. Fast nicht enden wollender Beifall war der Lohn für sie für diese – auch musikalisch – nicht „ungefährliche“ Mission.
Pia Vincon.
Mit „From the forest of Saariselka“ kamen die Musiker der Stadtkapelle aus der wohlverdienten Pause, das der Japaner Hiroki Takashashi im Jahre 2006 veröffentlichte. Saariselka ist ein Dorf in der Bergregion im Norden Finnlands, die für ihre Nordlichter berühmt ist. Diese eindrucksvolle Tondichtung von Hiroki Takahashi fängt die romantische Schönheit des nahegelegenen Waldes ein.
Hornmelodie, Holzbläsersoli und Glockenspielklänge
Der Anfang stellt eine intensiv kalte Welt dar. Eine wunderschöne Hornmelodie, Holzbläsersoli und glitzernde Glockenspielklänge geben diese Schönheit der Natur wider. Ein plötzlicher Tutti-Höhepunkt leitet einen schnellen Wechsel ein und zeichnet dann das Bild des eisigen Wetters und eines heftigen, beißend kalten Schneesturms. Ein ansprechendes, romantisches Zwischenspiel offenbart danach die Herrlichkeit der Nordlichter, die über den Himmel zu fließen scheinen. Dann folgt eine ausgelassene Zusammenfassung, die alle zentralen Themen wieder zu einem großen Tutti-Finale führt.
Lukas Rast mit E-Gitarrensolo
Dann wurde es laut, für manchen Zuhörer – an zartere Tonnuancen gewohnt – vielleicht sogar zu laut. „Shred Meister“, von dem amerikanischen, ehemaligen Militärmusiker James L. Hosey, zeigte die Experimentierfreude von Petra Springer und der Stadtkapelle. E-Piano, E-Bass kamen als Begleitinstrumente ja hin und wieder bei Konzerten zum Einsatz. Aber eine E-Gitarre, da rümpfen viele Blasmusikpuristen meist erstmal die Nase. Aber der erst 17-jährige Lukas Rast mit seinem meist improvisierten E-Gitarrensolo zeigte, dass Shred-Gitarre gemeinsam mit den vom Orchester spielfreudig vorangetriebenen Rockrhythmen eine fetzige Genre-Mixtur ergeben kann.
Lukas Rast bei seinem Gitarrensolo.
„The dream of freedom“ von Herbert Marinkovits, einem der in Österreich am meisten gespielten Komponisten symphonischer Blasmusik hat die historische Figur des Schottischen Freiheitskämpfers Sir William Wallace zum Thema. Das 2006 veröffentlichte Werk war 2009 Pflichtstück beim österreichischen Jugend-Blasorchester-Wettbewerb.
Seit 2008 ruft der Landesmusikrat im Rahmen des Projektes „Instrument des Jahres“ ein Instrument mit dem Ziel aus, Werbung für Musik zu machen, aber auch ein Instrument in all seinen Facetten zu beleuchten. 2024 nun wurde die Tuba zu eben diesem Instrument des Jahres ausgerufen.
Günther Herdrichs Tuba-Solo
Der Komponist Martin Scharnagl hatte mit „Farmer’s Tuba“ im Jahre 2012 seinem Freund, Bandkollegen und Tubisten des VIERA BLECH, Josef Hofer dieses Solo regelrecht „auf den Leib geschrieben“. Nachdem sich „Farmer´s Tuba“ im Laufe der Zeit bei den zahlreichen Konzerten von VIERA BLECH zu einer Art „Markenzeichen“ entwickelte, entstand bei vielen Zuhörern der Wunsch nach einer Ausgabe für Solo-Tuba und Blasorchester. So entstand ein treibendes Stück im Funk-Stil, das dem Solisten – an diesem Abend Günther Herdrich – sowohl rhythmisch als auch technisch einiges abverlangte. Der Titel des Stücks kommt übrigens nicht von ungefähr: Josef Hofer ist nicht nur Musiker und Musikpädagoge, sondern auch Besitzer einer Landwirtschaft bei Kitzbühel.
Günther Herdrich bei seinem Tuba-Solo.
Begeistertes Publikum
“L´Entracte” ist ein Zirkusmarsch aus der Feder des holländischen Komponisten Jan Bosveld. Mit dieser Zugabe verabschiedete sich die Stadtkapelle vom begeisterten, rund 350-köpfigen Publikum im Saal der Kurhaus-Kulturschmiede für dieses Jahr
Viele Bilder in der Galerie