„Petrus muss ein Wurzacher sein!“
Bad Wurzach – „Petrus muss ein Wurzacher sein!“ Das sagte Abt Vinzenz Wohlwend beim Pontifikalamt am Blutfreitag in Bad Wurzach, das um 10.30 Uhr nach der Reiterprozession gefeiert wurde. Am Morgen des Blutfreitags hatte es noch getröpfelt und die Wetterprognosen waren schlecht. Doch Prozession, Hochamt und Bergpredigt blieben von Regen verschont. Morgens um 7.00 Uhr hatten sich an die 1000 Reiter aus 65 Blutreitergruppen auf den Weg hinaus in Bad Wurzachs Fluren gemacht. Bad Wurzachs ehemaliger Stadtpfarrer Norbert Wahl, der erst vor kurzem sein Diamantenes Priesterjubliäum feiern konnte, hatte die Ehre, vom Heiligblutwagen aus in den Fluren und in der Stadt den Segen erteilen.
Pünktlich nach dem letzten Glockenschlag des Sieben-Uhr-Läutens von St. Verena nahm Norbert Wahl im Blutwagen Platz, dessen erster Weg die wenigen Meter waren, um die Reliquie zum Segnungsaltar beim Schloss zu bringen, wo Provinzial Pater Dr. Friedrich Emde die Monstranz mit der Reliquie – das Reliquiar – Abt Vinzenz Wohlwend OCist von der Abtei Wettingen-Mehrerau überreichte. Nach einer Lesung erteilte dieser mit dem aus dem Reliquiar entnommenen Kreuz den Pilgern und der ersten Abteilung der Reitergruppen den Segen.
Pfarrer Wahl am frühen Morgen mit dem Reliquiar.
Abt Vinzenz am Schloss-Altar mit dem aus dem Reliquiar zur Segnung entnommenen Reliquienkreuz.
Pater Friedrich übergibt das Reliquiar nach der Segnung am Schloss-Altar an den im blumengeschmückte Landauer sitzenden Pfarrer Wahl. Das Fernsehen war dabei.
Vom Altar am Schloss geht es weiter zum Josenhof, wo der zweite Altar ist.
1693 – 1928 – 2024
Die Reliquie war von Papst Innozenz XII. im Jahre 1693 dem Rompilger Martin Denzer aus der Nähe von Obergünzburg überlassen worden. Im Jahre 1764 wurde sie von Paulanerbrüdern auf den Gottesberg gebracht, wo sie bis zum heutigen Tag verehrt wird. Als die Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts zu einer Unterbrechung der Wallfahrten führte, gab es annähernd 100 Jahre kaum bzw. keine Wallfahrten mehr. Erst mit dem Einzug der Salvatorianer im Jahre 1924 auf dem Gottesberg wurde die Verehrung des Heiligen Blutes wieder aufgenommen und der Gottesberg zu einem der bekanntesten Wallfahrtsorte in Oberschwaben. Wenige Jahre später – 1928 – wurde von den Salvatorianern gemeinsam mit den Stadtoberen das erste Heiligblutfest in Bad Wurzach gefeiert.
Landes-CDU-Chef Manuel Hagel prominentester Gast
Prominenz aus Stuttgart: Der CDU-Landesparteivorsitzende Manuel Hagel war Ehrengast. Neben ihm Bad Wurzachs Bürgermeisterin Alexandra Scherer und der hiesige Landtagsabgeordnete Raimund Haser.
Die Ehrentribüne am Rathaus war heuer unter anderem mit dem baden-württembergischen CDU-Fraktions- und Parteivorsitzenden Manuel Hagel, den Bundestagsabgeordneten Josef Rief und Martin Gerster, den Landtagsabgeordneten Raimund Haser und August Schuler, den ehemaligen Abgeordneten Waldemar Westermayer, Rudolf Köberle und Helmut Kiefl, zahlreichen Bürgermeistern und Unternehmern aus der Region, der Bad Wurzacher Verwaltungsspitze sowie vielen Gemeinderäten und Ortsvorstehern besetzt.
Reiterin der Immenrieder Gruppe. Im Hintergrund wendet sich der Landtagsabgeordnete Raimund Haser, wohnhaft in Immenried, dem Ehrengast Manuel Hagel zu. Er scheint ihm zu sagen: “Da bin ich auch schon mitgeritten.”
Ihnen gegenüber hatten die Veteranen auf ihrer eigenen Tribüne Platz genommen und so mancher ehemalige Blutreiter wird dabei angesichts des Defilees „seiner“ Gruppe vielleicht ein wenig mit Wehmut an seine aktive Zeit zurückgedacht haben.
Nachdem der Heiligblutwagen mit Pfarrer Norbert Wahl wieder das Reliqiar, das prächtige Schaugefäß, übernommen hatte, ging es vorbei an den zahlreichen Gläubigen und Ehrengästen und dem geschmückten Amtshaus durch die Mühltorstraße, wo Gläubige noch viele Meter weit den Prozessionsweg säumten, ehe der vierspännige Landauer beim Wohnheim St. Hedwig in Richtung Achberg und der Fluren abbog.
Mit Kreuz und Fahnen und Festordnern: die Spitze des Prozessionszuges.
Stets mit dabei: Repräsentanten des Handwerks (das “Große Handwerk”).
An der Spitze der Stadtkapelle marschierten Kinder.
Was wäre ein Blutritt ohne Blasmusik!
Einer von geschätzt 800 Musikanten.
Die Musikkapelle Arnach wurde von Vizedirigent Gerhard Längst geleitet. Insgesamt marschierten 31 Musikkapellen beim Bad Wurzacher Blutritt des Jahres 2024 mit.
Die zwei Kutscher. Ihr Landauer wurde von vier Pferden gezogen.
Die Aloysius-Pagen mit den Leidenswerkzeugen.
Altgedienter Blutreiter mit Blutfreitagsauszeichnungen an der Ordensbrust.
Auch er ist seit Jahrzehnten dabei: Paul Maucher (rechts) aus Bad Waldsee. Vorne zwei Blutreiter aus Arnach (Vater und Tochter).
Stadtgardist aus Weingarten. Als Wurzach im Jahre 1928 einen eigenen Blutritt zur Verehrung der auf dem Gottesberg verwahrten Heiligblutreliquie ins Leben rief, war man in Weingarten nicht erfreut. Lange Zeit gab es von dort keine Teilnahmen am Wurzacher Ritt. Der langjährige Bad Wurzacher Gruppenführer Karl Ehrmann (geb. 1939) sorgte nach dem Krieg für Entspannung. Heute ist das gegenseitige Besuchen und Unterstützen eine Selbstverständlichkeit.
Dekan Ekkehard Schmid aus Weingarten.
Pater Johannes-Baptist Schmid aus Rot an der Rot. Der Prämonstratenser hatte im Vorjahr die Bergpredigt gehalten.
Vier Stationen
Rund acht Kilometer lang ist die Gesamtstrecke, der nächste Stopp nach dem Halt am Schloss war beim Josenhof; einen weiteren Stopp gab es dann beim Altar in Truschwende. Beim Hierlemann-Hof in Reinstein war der vierte Altar aufgebaut. Am „Pappelkreuz“ wurden die Reiter für die vielen beim Gottesberg wartenden Gläubigen wieder sichtbar; ein beeindruckendes Bild, wie die Prozession sich die kurvige Straße herabschlängelte. Musikalisch begleitet wurden die jeweiligen Lesungen von der Musikkapelle Unterschwarzach, die mit einem Bus von einem Altar zum nächsten gefahren wurde.
Am Fuße des Gottesberges übernahm dann der Abt Vinzenz Wohlwend OCist wieder die Reliquie, um auf dem Podest an der Straße der zweiten Abteilung der insgesamt 65 Blutreitergruppen und 23 Musikkapellen den Segen zu spenden.
Am Nachmittag war die traditionelle Bergpredigt, gehalten von Pater Hubertus Freyberg (Bild) vom Haus Regina Pacis in Leutkirch. Darüber wie auch über das von Abt Wohlwend zusammen mit einem großen Kreis von Klerikern gefeierte Pontifikalamt berichten wir gesondert.
Text / Fotos: Uli Gresser; Bildunterschriften: Gerhard Reischmann
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