Ortschaftsräte von Eintürnen und Ziegelbach lehnen Windkraft im Hummelluckenwald ab
Eintürnenberg – Bei ihrer gemeinsamen Sitzung in der Turn- und Festhalle Eintürnen am gestrigen Mittwoch (20.11.) kamen die beiden Ortschaftsräte von Eintürnen und Ziegelbach jeweils per einstimmiger Abstimmung zu dem Ergebnis, die drei geplanten Windkraftanlagen im Hummelluckenwald abzulehnen.
Andreas Haufler (am Beamer) bei seiner Präsentation.
Zusätzlich zu den Ortschaftsräten der beiden Teilgemeinden Eintürnen und Ziegelbach, die mit jeweils sechs der acht gewählten Vertreter beschlussfähig waren, hatte Berthold Leupolz mit Andreas Haufler den Baurechtexperten der Stadt eingeladen. Rund 70 Bürger verfolgten die gemeinsame Sitzung beiden Ortschaftsräten als Zuhörer. Die meisten waren wohl wegen des Themas „Windkraft“ gekommen.
Die Fragen von Lukas Häfele
Vor der Behandlung des Punktes „Windkraft“ waren Bürgerfragen angesetzt. Lukas Häfele stellte drei Fragen: Wie es zukünftig mit dem Kiesabbau weitergehe, wieviel Steuereinnahmen ein Windrad generiere und ob Bürgerwindräder geplant seien.
Leupolz sagte zum Kiesabbau, dass laut Regionalplan die Marschall´sche Kiesgrube erweitert werde und bis mindestens 2040 betrieben werden kann. Die Kiesgrube Queck werde Richtung Rohr und Weitprechts erweitert.
Andreas Haufler sagte zu den Einnahmen, welche die geplanten Windräder erzeugten, dass ca. 80.000 € Steuereinnahmen in die Stadtkasse flössen, die Stadt einen Teil der ausgelobten 0,2 Cent pro kWh an die Gemeinde Kißlegg abgeben müsse, weil das dortige Gemeindegebiet zu einem kleinen Teil ebenfalls von den geplanten WKA betroffen sei. Und: Die geplanten Windräder seien alle keine Bürgerwindräder.
Reinhold Mall verwies auf eine Veranstaltung am kommenden Mittwoch, 27. November. um 19.00 Uhr im „Bräuhaus“ in Roßberg, in dem ein neutraler Veranstalter mit einer Ärztin über die gesundheitlichen Probleme, die ein Windrad erzeugen kann, informiere.
Karin Traub fragte, als Betroffene der WKA Hummelluckenwald, ob noch weitere Anlagen geplant seien. Leupolz verwies auf den Gemeinderat. Der Regionalverband habe aber den Standort in der Kiesgrube Queck für ungeeignet erklärt.
Haufler verweist auf WKA-Privileg
Andreas Haufler führte mit einer Präsentation in das Hauptthema des Abends ein. Aufgrund Privilegierung durch das Bundesgesetz habe der Bau von WKA Vorrang vor allen anderen Belangen.
Die drei Standorte der im Hummelluckenwald geplanten Windkraftanlagen; rechts der Weiler Humberg.
Leupolz berichtete dazu: Alle Behörden seien sich darin einig, den Standort Hummelluckenwald wegen der Gefährdung des Europadiploms abzulehnen. Er bekräftigte zugleich, dass die Ortschaftsräte nicht grundsätzlich gegen Windkraft seien. Seiner Einschätzung nach steht die Entscheidung so gut wie fest. Auch die Zuwegung sei geklärt: Diese erfolge über Grundstücke des vom Bau profitierenden Grundstückbesitzers. Obwohl die rechtlich vorgegebenen Abstände zu Wohnbebauung eingehalten werden, fühlten sich die Eintürner von allen Seiten „eingekastelt“, nachdem auch der Windpark Alttanner Wald nach der Reduzierung von vier auf drei Anlagen vom Regionalverband als geeignet eingestuft wurde.
Martin Häfele vom Ziegelbacher Ortschaftsrat fragte, wie groß die vorgeschriebene Vorrangfläche im Regionalplan sein müsse. Haufler sagte dazu, wenn der Plan in Kraft trete gehe, seien alle Planungen außerhalb der Vorrangflächen obsolet.
Albert Frey (Eintürnen) fragte, welchen Unterschied es zwischen Hummelluckenwald und Alttanner Wald gebe. Und als Haufler die Zustimmung des Regionalplanes bei Alttann anführte, hakte Frey nach: „Es kann also keine Verschiebung vom Hummelluckenwald zum Alttanner Wald geben?“
Wilfried Kathan (Eintürnen) fragte dem Stand des Antragsverfahrens. Haufler: „Der Antragssteller muss viele Vorgaben erfüllen, etwa beim Wasser- und Vogelschutz. Bei den Gutachten muss nachgearbeitet werden. Das Landratsamt verlangt nach Nachbesserung.“
Für Helmut Mönig (Ziegelbach) sind die Vorgaben des Europarates zu vage. Er verlangt, dass der Rat hier eine klare Linie zieht, damit die Planung nicht mehr weiterverfolgt wird. Es müssten neue Konzepte her. Bei der Vergabe von Flächen müsste ähnlich wie bei Gebäuden eine Ausschreibung erfolgen.
Mönig brachte auch die Besitzverhältnisse in die Diskussion: Die OEW sei als Teil der EnBW im Besitz des Landkreises, der gleichzeitig auch Genehmigungsbehörde ist. Er werde mit nein stimmen, denn die Bürger seien zu wenig mit einbezogen worden.
Albert Frey (Bild) hakte noch einmal nach, was das Inkrafttreten des Regionalplanes angeht. Die Engstelle sei das Landratsamt, weil es hunderte von – durchaus legitimen – Einsprüchen abarbeiten muss, erläuterte Andreas Haufler. „Der Regionalplan sollte im September 2025 in Kraft treten.“
Das Statement von Sybille Schleweck
Ziegelbachs Ortsvorsteherin Sybille Schleweck fasste in ihrem Schlussstatement die gesammelten Erkenntnisse zusammen. Der Standort Hummellucken wurde vom Regionalplan als nicht geeignet eingestuft und sei daher kein Vorranggebiet. Sie betonte weiter, dass der Ortschaftsrat Ziegelbach grundsätzlich für erneuerbare Energie stehe, auch einschließlich der Windkraft. Ihr Ortschaftsrat ist der Meinung, dass die Akzeptanz solcher Projekte in der Bevölkerung entscheidend davon abhängt, dass die Bürger frühzeitig mit eingebunden werden. „Wir befürworten die Schaffung regionaler Energiegemeinschaften wie Genossenschaften, die eine Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen.“ Das erhöhe die Akzeptanz, die Region selbst profitiere durch die Wertschöpfung in der Gemeinde. „Der Schutz des Wurzacher Riedes und des Europadiploms ist uns wichtig. “ Die Formulierungen des Europarates seien zu unkonkret, um Planungssicherheit zu haben. „Wir fordern den Europarat daher auf, eine klare Stellungnahme dazu abzugeben, welche Vorhaben im Wurzacher Becken in Zukunft zulässig sind, um dieses bedeutende Schutzgebiet und das Europadiplom nicht zu gefährden.“ Sie appellierte an alle Beteiligten, die Planungen für erneuerbare Energien im Dialog mit der Bevölkerung und unter Berücksichtigung regionaler und europäischer Schutzvorgaben voranzutreiben.
Das Statement von Berthold Leupolz
Eintürnens Ortsvorsteher Berthold Leupolz (Bild) blickte in seinem Resümee noch einmal auf den bisherigen OR-Beschluss zurück. Er erklärte, dass der OR von Eintürnen damals sich dafür ausgesprochen hatte, den Regionalplan fortzuschreiben, weil auch er den Energiemix für einen wichtigen Bestandteil der Energiewende halte, sofern die Planungen im Einklang mit dem Regionalplan sind. Dieser solle möglichst schnell Rechtskraft erlangen. Windkraft ja, sofern die Ortsbürger – wie zum Beispiel in Unterschwarzach – davon profitierten. Der Ortschaftsrat Eintürnen habe damals den Gemeinderat gebeten, sich mit aller Kraft gegen Bau der Windkraftanlagen im Hummelluckenwald einzusetzen, gegebenenfalls mit gerichtlicher Hilfe. Den geplanten Anlagen im Alttanner Wald, deren Standorte im Regionalplan als geeignet angesehen werden, habe der Ortschaftsrat unter der Voraussetzung zugestimmt, dass die Zuwegungsprobleme gelöst werden. Die Kosten dafür sollten diejenigen stemmen, die vom Bau der Anlage profitieren. Auch hier sollte die Stadt nötigenfalls den Klageweg beschreiten.
Bei der getrennten Abstimmung beider Räte ergab sich dasselbe Bild: ein einstimmiges Nein zu den Anlagen im Hummelluckenwald.
Andere Punkte
Unter „Bekanntgaben“ verwies die Ziegelbacher Ortsvorsteherin Sybille Schleweck darauf, dass der Termin für den Bürgerentscheid vom 19. Januar auf den 23. Februar, den Tag der Bundestagswahl, verlegt wurde.
Der Eintürner Ortsvorsteher blickte noch einmal auf das Konzert des Musikvereines und das Kirchenpatrozinium zurück, das mit einem Gemeindefest nach dem Kirchgang gefeiert wurde. Auch der St. Martinsumzug sei ein beeindruckendes Erlebnis gewesen, schwärmte Leupolz. Er lud die Eintürner Bürger zum Volkstrauertag am Sonntag ein, der wieder eine Mahnung für den Frieden sei (wird in Eintürnen am 24. November begangen). Jeweils an den Adventssonntagen werde es in der Kirche die traditionelle nur von Kerzen beleuchtete Besinnungsstunde geben.
Eintürnens Absperr-Trupp
Berthold Leupolz gab noch bekannt, dass fünf Freiwillige – drei Feuerwehrleute und zwei Musiker – einen Kurs abgeschlossen haben, um zukünftig Absperrungen bei feierlichen Anlässen selbst durchführen können. Entsprechende Schilder seien im Ort vorhanden, damit der Bauhof nicht extra diese bringen und wieder abholen muss. „Vielen Dank für dieses ehrenamtliche Engagement.“
Text und Fotos: Uli Gresser