Klein aber oho: der Zaunkönig
Bad Wurzach – Sonnenschein und milde Temperaturen haben in den letzten Tagen bereits bei so manchem Vogelmännchen Frühlingsgefühle aufkommen lassen. Kohlmeisen schmettern lautstark ihr „zizi-bä, zizi-bä“, Rotkehlchen tragen ihren leicht melancholischen, wie perlendes Wasser klingenden Gesang vor und auch die Goldammern werben bereits mit einem leisen „wie wie wie hab ich dich liiieb“ um eine Partnerin. Es sind insbesondere die Vogelarten, die auch den Winter hier verbracht haben, die jetzt bereits zu hören sind.
Zu ihnen gehört auch der Zaunkönig. Auch wenn sein Name anderes vermuten lässt, gehört er mit etwa zehn Zentimetern Größe und zwölf Gramm Gewicht zu den kleinsten heimischen Vogelarten. Nur Sommer- und Wintergoldhähnchen unterbieten ihn. Die aufrechte Körperhaltung mit dem kurzen, stets aufgestellten Schwanz und der Gesang, der für einen so kleinen Vogel verblüffend laut ist, lassen ihn in der Tat wie einen kleinen König wirken. Bereits jetzt hört man vielerorts im Ried das metallisch klingende, hohe Zwitschern, das sich förmlich überschlägt und meist auch eine trillernde Lautfolge enthält. Ununterbrochen schmettert das Vogelmännchen sein Lied, das meist bodennah, aber von einer erhöhten Warte aus, wie einer Baumwurzel oder einem Ast, vorgetragen wird.
Die Tatsache, dass er gelegentlich sogar im Winter singt, hat ihm den Zweitnamen „Schneekönig“ eingebracht. Ansonsten ist der braune Vogel mit der feinen Schwarzen Bänderung auf Flügeln, Schwanz und Bauch, eher unscheinbar. Er schlüpft wendig durch die Vegetation, huscht als kleine Federkugel kurz vorbei und ist schon wieder verschwunden. Mit dem feinen, pinzettenartigen Schnabel sucht er in der Bodenvegetation nach Insekten und Spinnen, im Winter auch nach feinen Sämereien. Weil es entlang von fließenden Gewässern häufig auch im Winter offene Bodenstellen gibt, kann der Zaunkönig dort seinen hohen Energiebedarf decken. Bei strenger Kälte suchen Zaunkönige bisweilen in einer Schlafgemeinschaft Schutz, in der sich bis zu zwanzig Vögel in einem Nest oder Nistkasten in einem Kreis zusammenkuscheln, Kopf nach innen und Schanz nach außen. Das spart Energie.
Das Nest ist eine kugelige, geschlossene Höhle aus Lehm oder Moos, passend zum wissenschaftlichen Namen des Vogels, der übersetzt „Höhlenbewohner“ bedeutet. Der deutsche Name geht auf eine Fabel des Äsop zurück: Einst beschlossen die Vögel der Erde, denjenigen von ihnen zum König zu ernennen, der am höchsten fliegen kann. Natürlich erreichte der Adler mit seinen großen Schwingen die größte Flughöhe. Als er bereits seinen Sieg verkündete, schlüpfte der Zaunkönig aus seinem Gefieder und erhob sich noch ein Stück höher. So schaffte er es, den Adler mit seiner List zu übertreffen. Eben klein, aber oho.