Gesamtelternbeirat greift das Thema Mobbing auf
Bad Wurzach – Das Thema Mobbing an Schulen ist ein Problem, das immer mehr in den Vordergrund tritt. Deshalb hat der Gesamtelternbeirat der Bad Wurzacher Schulen dieses Thema aufgegriffen und zu dem Fachvortrag „Mobbingprävention für Kinder und Jugendliche“ von Carina Rodi am 24. Oktober in die Mensa des Schulzentrums Breite eingeladen.
Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung leidet jedes dritte Kind aktuell unter Mobbing. Mit dem Vortrag sollten Eltern sensibilisiert werden, Anzeichen zu erkennen, wenn das eigene Kind gemobbt wird. Aber auch zu klären, wie Kinder gestärkt werden können, dass sie nicht daran zerbrechen, und auch was die Gesellschaft tun kann, um eine grundlegende Änderung herbei zu führen.
Die Referentin Carina Rodi, Mutter von drei Kindern und wohnhaft in Hauerz, hat sich bei „Stark auch ohne Muckis“ in Hamm bei Daniel Duddek zum Coach für Mobbing-Prävention und Resilienz ausbilden lassen. Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz hatte bei seinen Beobachtungen von Wildgänsen festgestellt, dass bei den Tieren ein gruppendynamischer Prozess abläuft, wenn etwa eine Gans den Verband zu schwächen drohte: Die Gruppe bedrängte diese und schloss sie aus. Aber: Sie machte beispielsweise auch nicht vor einem Fuchs halt, dieser wurde ebenfalls massiv von der Gruppe bedrängt.
Für Carina Rodi steht fest, dass Mobbing alle betrifft, die Veranlagung dazu sei in jedem Menschen da. Die Frage sei nur: „Wer ist Opfer und wer Täter?“ Schubladendenken helfe hier nicht. Wenn beispielsweise in Frankreich ein Täter an einer Schule ertappt wird, wird er der Schule verwiesen, macht aber, weil er solchermaßen abgestempelt ist, dort weiter: „Er hat keine Chance für eine Veränderung.“
Rodi zeigte den rund 40 Besuchern des Vortrages anhand eines Beispieles auf, wie unterschiedlich Kinder auf Hänseleien reagieren können. Während das eine Kind, das als Brillenschlange tituliert wurde, drei Monate gar nicht reagierte, hinterließ beim anderen das Mobbing bereits nach einer Woche tiefe Spuren: Es wollte nicht mehr in die Schule, reagierte darauf mit körperlichen Symptomen.
Dass aber viele äußere Zeichen Interpretationssache sind, zeigte die Referentin anhand einer pantomimischen Darstellung zweier Kinder: während das eine sehr unsicher wirkte, erschien das andere etwa durch die Geste der in die Hüften gestemmten Arme viel selbstsicherer. Auf die Frage, was die Besucher gesehen hatten, tippten diese dementsprechend auf das zweite als das Kind, das widerstandsfähiger (resilienter) gegenüber von Mobbing seien. Tatsächlich könne der optische Eindruck bei Beiden täuschen.
„Was denket d´Leut´?“ Von dieser Denkweise sollten Kinder, um ein starkes Selbstbewusstsein und -vertrauen aufzubauen, wegkommen. Denn es sei für Kinder und Jugendliche sollten früh sich ihre eigene Meinung bilden. Denn wie bei einer Unfallaufnahme durch die Polizei – dort ergäben sich bei fünf Zeugen fünf verschiedene Meinungen – so zeigte auch das nächste Beispiel, wie verschieden interpretierbar Situationen sind: Ein Glas steht auf der Spüle. Je nach Interpretation werde generalisiert: „Warum wurde es nicht in die Spüle eingeräumt?“ oder „Schön, dass es bereit steht“. Letztlich sei es Material auf Material, das in dem Bild gesehen werde.
Kinder sollten kleine Konflikte selbst lösen und nicht bei jeder Kleinigkeit nach den Eltern oder Lehrern rufen. Nur so lernten sie, sich selbst zu helfen. Etwa wenn es auf einen Baum geklettert ist, dann aber, um wieder herunter zu kommen, nach der Mutter ruft. Wenn es dann selbst eine Lösung findet, stärke dies dessen Selbstbewusstsein sehr. Mit Blick auf die berufliche Zukunft bedeute dies auch, dass er später weniger Probleme haben wird, sich Fehler einzugestehen.
Selbst Lösungen suchen
Ein weiterer Faktor bei der Persönlichkeitsentwicklung: Respekt anderen gegenüber. Hier seine die Eltern und Erwachsenen gefordert, wenn sie einen respektvollen Umgang miteinander pflegten. „Bitte“ und „Danke“ zu sagen, dem Gegenüber im Gespräch in die Augen zu schauen seien wichtige Faktoren, um selbst respektvoll behandelt zu werden.
Am Beispiel einer Mücke, die versucht einen Löwen und ein Schaf zu provozieren, zeigte Carina Rodi auf, wie wichtig positive Gedanken dabei sind, Kindern beizubringen, entspannt auf Provokationen zu reagieren. Während der Löwe bei diesem Beispiel gar nicht reagierte, wurde das Schaf ärgerlich. Bei einem Rollenspiel mit einem Mann aus dem Publikum, dem sie den Auftrag gegeben hatte sie verbal zu provozieren und zu beleidigen, zeigte Rodi auf, wie sich gegenseitige Beleidigungen auswirken. Der Hass schaukelt sich auf, wie vielfach in den sozialen Medien zu beobachten ist. „Uns fällt es oft schwer, darauf nicht so darauf zu reagieren, wie es erwartet wird.“ Es sei ein langer Prozess, darauf mit Liebe zu reagieren, ein Schutzschild aufzubauen.
Wer beleidigt, ist oft unsicher
Oft seien Beleidigungen ein Zeichen eigener Unsicherheit. Wenn man etwa mit der Hand auf jemanden ziele, zeigten zwei Finger auf das Gegenüber, drei dagegen auf sich selbst. Anhand eines Flipcharts zeigte Rodi auf, dass dem menschenschlichen Gehirn zwei Aufnahme-Trichter – Lüge und Wahrheit – gegeben sind, um auf einen beleidigenden „Gedanken-Pups“ zu reagieren. Nicht zu empfehlen sei dabei, darauf emotional zu reagieren. Viel besser sei doch, das zweite Ohr dafür zu nutzen, die Beleidigung sofort wieder verschwinden zu lassen, sie zu ignorieren.
Positive und negative Gedanken
Am Beispiel einer in einem Glas Wasser stehenden Spielfigur verdeutlichte Carmen Rodi den Einfluss positiver und negativer Gedanken auf das Unterbewusstsein. Anhand fünf kleiner Episoden, die dieser Gregor vom Aufstehen bis zu seinem Arbeitsplatz erlebt, zeigte sie durch Einbringen von dunkler Farbe auf, wie sich bei negativen Gedanken das Unterbewusstsein immer mehr verfinstert. Bei positiven Gedanken in der jeweils gleichen Situation – wie etwa einem Stau auf dem Weg zur Arbeit – zeigte sich, dass das Unterbewusstsein immer eine „klare Sicht“ hatte.
In ihrer Zusammenfassung führte Rodi als Conclusio mehrere Punkte an. Keine Pauschalierungen, mehr Feingefühl und bewusstere Gedanken und ruhig und entspannt auf Mobbing zu reagieren. „Denn Mobbing ist ein Test, daher gilt: sich nicht ärgern lassen.“ Für die Kinder sei dabei wichtig, dass es klare Regeln und Strukturen gibt, mehr Empathie zu entwickeln und dass seitens der Eltern eine klare Kommunikation betrieben wird. Die Kinder sollten Vertrauen zu Eltern und Lehrern haben und gemeinsam lernen, Dinge zu akzeptieren, die nicht zu ändern sind.
Viele Bilder in der Galerie