Feierlicher Festgottesdienst rundet Jubiläum des Bad Wurzacher Posaunenchores ab
Bad Wurzach – Der Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde Bad Wurzach feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen. An diesem Sonntagmorgen (21. April) wurde dies mit einem feierlichen Festgottesdienst, bei dem der Posaunenchor vor dem Altar sein Können beweisen konnte, gebührend gefeiert, nachdem am 17. März der erste Teil des Jubiläums mit einem Konzert eines Bläserteams des evangelischen Jugendwerkes gefeiert worden war.
Pfarrerin Silke Kuczera sagte, als sie am Beginn des Gottesdienstes inmitten der Mitglieder des Posaunenchores vor den Altar trat: „Ich komme mir vor wie unter den himmlischen Heerscharen.“ Sie erinnerte in ihrer Begrüßung daran, dass der Chor nur fünf Jahre nach der Einweihung der Kirche vor allem mit Leihinstrumenten aus der alten Heimatgemeinde – Enzvaihingen – von Theo Klein gegründet worden war. Sie freute sich ganz besonders, dass einige Gemeindemitglieder von dort trotz Schneegestöber den weiten Weg nach Bad Wurzach auf sich genommen hatten. „Passender als zum Jubilate-Sonntag hätte dieses Jubiläum gar nicht gefeiert werden können.“
Hans-Ulrich Seufert, Nachfolger von Theo Klein als Dirigent des Posaunenchores, sprach das Eingangsgebet des Gottesdienstes, das der Chor musikalisch eröffnet hatte. Nach der Schriftlesung durch die Pfarrerin hielt Pfarrer Michael Kuczera die Festpredigt. „Näher als mit den Posaunen kann man Gott kaum kommen“ , erklärte er. Denn diese seien ja bereits im alten Testament erwähnt worden: Lobet ihn mit Posaunen, habe es da geheißen. Dies sei ein würdiger Text für ein solches Jubiläum. Denn: „Posaunenklänge bereichern unsere Gottesdienste. Kuczera nannte das Gründungslied des Chores „Der Herr ist gut, in dessen Dienst wir stehen,“ den melodischen Geburtsschrei und ein Bekenntnis zum Herrn. Diese Urbotschaft werde vom Posaunenchor im Wortsinne „hinausposaunt“.
Seit 2016 sind Posaunenchöre immaterielles Kulturerbe der Unesco. Auch der Bad Wurzacher Posaunenchor sei aus dem Gemeindeleben mit seinen vielfältigen Einsätzen wie Wiesenfest, Weihnachtsmarkt aber auch bei Beerdigungen nicht mehr wegzudenken.
Die Freiheit Gottes ist ein Geschenk. Und wer sie verschmeckt habe, den lasse sie nicht mehr los. Und wie man am Beispiel Theo Klein, der praktisch sein Leben lang dabei ist sehe, „er hat´s verschmeckt“ . Posaunenchöre hätten einfach etwas Erhabenes und Erhebendes.
Für Julia Kiebler war es eine Freude, die Bilderschau über die 60 Jahre zu kommentieren. Sie habe – musikalisch katholisch sozialisiert – bei ihrem Beitritt in den Chor einiges lernen müssen: Ein C sei hier ein C, anders als man es in der Blasmusikschule gelernt habe, wo ein C wie ein B gespielt wurde. Bei der Zusammenstellung der Bilder sei ihr einiges zum Zeitgeist klar geworden: in den 60er Jahren wurde wenig fotografiert, in den 70er, 80er Jahren wurde munter drauf los fotografiert, mit einer mäßigen Qualität, während in den Jahrzehnten danach und in Zeiten der Digitalisierung zwar massenweise Bilder gemacht wurden, aber kaum noch welche den Weg zu den Chronisten fanden.
Theo Klein durfte noch ein wenig zu Entstehung des Chores erzählen, den er gemeinsam mit Richard Schraag und dessen Söhne Friedrich und Eberhard aus der Taufe gehoben hatte. Da war zum einen die Schwierigkeiten mit der Instrumentenbeschaffung und dem fehlenden Personal. Dann war es auch eine mühsame Geschichte die Instrumente zu beherrschen, denn eine Musikschule, die dem Chor gut ausgebildete Jungmusikanten zur Verfügung stellte, gab es damals ja nicht. Aber er, Theo Klein, sei schon immer ein Sturkopf gewesen, und was er sich in den Kopf gesetzt hatte, das zog er durch: Nach dem ersten Vorspiel beim Pfarrer, der ihrem Spiel noch eine „holperige Qualität“ bescheinigte, wurde weiter geübt, um das Ziel, den Ostergottesdienst mit ihrem Spiel zu bereichern, zu erreichen.
Dies gelang und zum 10-jährigen gab es dann auch, mit Unterstützung aus Leutkirch, ein erstes Foto, berichtete Julia Kiebler weiter. Schön sei auch die Einführung der Bläserwochenenden gewesen, dank derer sich die Spieler intensiver auf ihr (Zusammen-) Spiel konzentrieren konnten. Im Laufe der Jahre kamen dann einige Auftritte dazu, etwa das weihnachtliche Musizieren in der Rheuma- bzw. Rehaklinik, wo sie den Patienten, die nicht nach Hause konnten, damit eine große Freude machten.
Dass es in der 60-jährigen Geschichte auch Tiefpunkte gab, verschwieg Julia Kiebler nicht: Der Posaunenchor war 1995 kurz vor der Auflösung gestanden, weil sich kaum noch Nachwuchs fand. Aber das Blatt wendete sich rasch, so dass er 2002 – dank ganzer Familien, die mitspielten – stolze 26 Bläser zählte. Es war 2004, als Theo Klein nach 40 Jahren den Taktstock an Hans-Ulrich Seufert übergab, den dieser dann 2017 wiederum an den aktuellen Chorleiter Johannes Wirth weitergab.
Der, wie Julia Kiebler ein wenig aus dem Nähkästchen plauderte, öfters fordere, „nicht alles wie einen Choral zu spielen“. Sie erntete für ihre (rhetorische) Frage, ob ihr musikalischer Leiter wie sonst nur die Lehrer „zum Weinen in den Keller gehen“ angesichts der vielen vergebenen Mühen, den Musikern etwas beizubringen, großes Gelächter. Aber die eindeutige Antwort lautete: Nein.
Ein weiteres Highlight des Festgottesdienstes war die Verpflichtung von Martin Gottschling, der zukünftig als Vertreter des Posaunenchores mit im Kirchengemeinderat sitzen wird.
Klaus Schütt, der Bürgermeisterin Scherer vertrat, sagte in seinem Grußwort, es heiße immer, die Stadt habe als Hochburg der Blasmusik zehn Musikkapellen: Das stimme so nicht, es seien 11 Blaskapellen. Denn der Posaunenchor zähle ohne Zweifel auch dazu. Er würdigte aber auch in besonderem Maße das Engagement von Theo Klein, der sich sehr um die Ökumene verdient gemacht habe.
Eine Premiere gab es auch noch: Gemeinsam mit dem Posaunenchor spielten die Kinder der Kinderkirche, die unter der Anleitung von Franziska Nicolai und Heike Heil während der Gottesdienstzeit fleißig geprobt hatten, das Lied vom Kuckuck.
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