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Juni-Hochwasser war Thema im Gemeinderat

Einsatzkosten der Feuerwehr werden von der Stadt getragen



Foto: Welte und Holzmann
Hochwasser bei Truilz.

Bad Wurzach – Feuerwehrkommandant Rolf Butscher präsentierte dem Gemeinderat bei dessen letzten Sitzung in der ablaufenden Amtszeit eine Bilanz der Einsätze während des ersten Juniwochenendes. Der Rat beschloss, dass das Hochwasser als öffentlicher Notstand eingestuft wurde und die Einsatz-Kosten, die direkt mit dem Hochwasser zusammenhängen, damit von der Stadt getragen werden.

Bürgermeisterin Alexandra Scherer sagte bei ihrer Einführung in das die Gemüter der Bürger seit Tagen erhitzende Thema, dass sie viele Fragen beantworten musste. Sie habe den Betroffenen ihr Mitgefühl ausgedrückt und einige Besuche bei Betroffenen gemacht.

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Nachdem es den ganzen Mai über geregnet hatte, brachte dann der anhaltende Dauerregen am Wochenende 1./2. Juni noch einmal 195 Liter pro Quadratmeter an zusätzlichen Wassermassen. Auch ältere Wurzacher hätten sich nicht an ein ähnliches Hochwasser erinnern können. Die Bürgermeisterin dankte allen Einsatzkräften von Feuerwehr und Bauhof sowie den zahlreichen Freiwilligen, aber auch den örtlichen Firmen, die kurzfristig Geräte wie zum Beispiel Pumpen zur Verfügung gestellt hatten. „Es war ein sehr großer Einsatz mit einer sehr großen Schadenslage.“ Der Katastrophenplan der Stadt habe Evakuierungen vorgesehen, die bereits vorbereitet wurden: Es wurden im Hintergrund bereits Unterkünfte dafür bereitgestellt. Man habe, da man keine Panik schüren wollte, keine Halle dafür bereitstellen wollen.

Die Brennpunkte

Feuerwehrkommandant Rolf Butscher ging in seinem Bericht auf die drei größten Brennpunkte ein: In Hauerz der Sendener Bach und die Bachstraße, in Rohrbach der Rohrbach und im Kernort die Wurzacher Ach.

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Der Rohrsee war in Gefahr

In Rohrbach konnte mit Sandsäcken eine Umweltkatastrophe verhindert werden, denn ein landwirtschaftliches Diesel- und Düngerlager hätte dem Natur- und Vogelschutzgebiet Rohrsee größten Schaden zufügen können, als die Wassermassen vom Hummelluckenwald die Wiesen und Äcker 20 bis 30 cm unter Wasser setzten.

Aus den Erfahrungen der letzten Jahre heraus verhinderten in Hauerz die vorsorglich gelegten Sandsackbarrieren oft Schlimmeres, auch wenn Wege überflutet wurden.

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In Bad Wurzach vom Hochwasser der Ach stark betroffene Straßen waren Schulstraße, Marktstraße, Espenweg, Frühlingsweg, Friedhofweg, Mühltorstraße und Achbergstraße sowie das Entenmoos und die Parkstraße.

Zweimal die Ach ausgebaggert

Bei der Achbrücke mit dem großen Abwasserrohr bei St. Hedwig wurde der Achgrund zweimal ausgebaggert, um einen besseren Abfluss der Wassermassen zu ermöglichen. Teilweise wurde das Wasser per Pumpe über die Brücke transportiert. Das frisch renovierte Gebäude des Wohnheimes St. Hedwig konnte die Feuerwehr und Helfer dank bis zu sechs sich im Einsatz befindlichen Pumpen und einer großen Sandsackbarriere trocken halten. Bezahlt gemacht hatte sich hier auch, dass der Umgang mit Sandsäcken ein halbes Jahr zuvor im Rahmen einer Feuerwehrübung bereits gelernt werden konnte.

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Verloren ging der Kampf gegen das Wasser dagegen in einer Tiefgarage im Frühlingsweg. Einige Gebäude im Frühlings- und Espenweg mussten, weil sich die Stromverteiler im Untergeschoss befinden, am Samstagnachmittag vom Stromnetz getrennt werden. Dank guter Beziehungen der Feuerwehr zur EnBW war dafür bereits nach 20 Minuten ein Monteur vor Ort.

„Bitte, beachtet die Absperrungen“

Butscher bat eindringlich darum, Absperrungen ernst zu nehmen und den Anweisungen der Helfer Folge zu leisten. Als Beispiel führte er jenen Fahrer von „Essen auf Rädern“ an, der trotz Verbotes und Hinweis darauf unbedingt weiterfahren wollte. Ergebnis: Er kam irgendwann nicht mehr weiter, der Rüstwagen der Feuerwehr musste, obwohl an anderer Stelle dringend gebraucht, ausrücken. Kommentar Butscher: „Und die Leute in Eintürnen bekamen an diesem Tag kein Essen.“

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Strom abgestellt

Auch der IT-Bereich der Stadtverwaltung im Amtshaus blieb ebenso wie der Technikraum des Aufzuges nicht von einem Wassereinbruch verschont. Zwar bestand für die Trafostation im Entenmoos keine Gefahr, dennoch musste im Entenmoos und der Parkstraße wegen der Gefahr, die von den Hausanschlüssen ausgingen, dort der Strom abgestellt werden.

Die Pegelstände an der Luxeuil-Brücke

Die Pegelstände an der Luxeuil-Brücke verdeutlichen, wie schnell das Wasser anstieg:
Samstag, 1. Juni, 1.00 Uhr: 1,15 Meter
Sonntag 2. Juni, 12.00 Uhr: Höchststand 1,83 m
Montag, 3. Juni, 12.00 Uhr, 1,68 m; Sonntag, 9. Juni, 11.00 Uhr 0,66 m

132 Einsätze der Wurzacher Wehr

Insgesamt gab es 132 über die Leitstelle gemeldete Einsätze, dazu kamen noch einige weitere, die per Telefon und persönlicher Ansprache gemeldet wurden. Die Abteilungen der Bad Wurzacher Feuerwehr aus Stadt und Land leisteten in der Summe 2576 Arbeitsstunden. Dazu kamen noch die Einsatzzeiten von zwei THW-Abteilungen. Butscher bezifferte die Summe der Arbeitsstunden auf etwa 2900 Stunden.

Dazu kamen noch viele Fahrzeug– und Geräteeinsätze von Feuerwehr, aber auch zahlreicher Firmen. So wurden 20 der eingesetzten Tauchpumpen von Baugrund Süd zur Verfügung gestellt. Bei Verallia konnten 5500 Sandsäcke mit Quarzsand befüllt werden.

Die verschwundenen Sandsäcke

Eine Sandsackbarriere in der Tiefgarage “Sapperlott” war innerhalb einer Stunde verschwunden und musste erneut gelegt werden.

Viele Gesten der Solidarität

Rolf Butscher dankte allen beteiligten Firmen und Privatpersonen für all die großen und kleinen Hilfen, für spontan gegebene Verpflegung, für den gern ausgeschenkten Kaffee. Bürgermeisterin Scherer dankte Butscher und den Mitarbeitern des Bauhofs, die überall im Einsatz waren. 

Dr. Roth: Das Ried hat Wasser gespeichert

Dr. Siegfried Roth, Leiter des Naturschutzzentrums, ging in seiner Stellungnahme zunächst auf den Gewässerunterhalt ein, der jedes Jahr an externe Firmen vergeben wird, während der Bauhof Gewässerrandstreifen und Ufer mäht. Dann ging auf die grundsätzlichen Aufgaben ein, die Moore haben. Zum einen sind sie wichtige CO2-Speicher. Zum anderen können Torfmoose in einem intakten Moor auch sehr viel Wasser speichern. „Wir haben das Glück,  dass wir etwa 900 Hektar intaktes Moor haben.“ Das Ried sei immer noch „klatschnass“. Ein weiterer Faktor seien auch die Aktivitäten des Bibers.

Dazu bemerkte Alexandra Scherer: „Der Bauhof hat, wo es ihm möglich war, vorausschauend mehrere Biberdämme aufgemacht.“

Möllmann ruft zu Eigenvorsorge der Bürger auf

Ulrich Möllmann, Leiter des Dezernates Verwaltung, sagte, da es sich um einen öffentlichen Notstand handelte, würden die direkt dem Hochwasser zuzurechnenden Einsatz-Kosten vom städtischen Haushalt übernommen. Möllmann mahnte auch eindringlich an, dass auch die Bürgerschaft in ihrem eigenen Interesse gefordert sei, sich zu fragen, was sie selbst tun könne.

Scherer sagte, dass die Starkregengefahrenkarte zeitnah erstellt werde. Mit der App des Deutschen Wetterdienstes, die sehr sensibel warne, könne jeder selbst schon eigenverantwortlich Vorsorge vor entsprechenden Ereignissen treffen. Auch das gehöre zum Katastrophenschutz dazu, dass Absperrungen auch im eigenen Interesse respektiert werden.

Stimmen aus der Mitte des Gemeinderates

Klaus Schütt sagte: „Wir dürfen dankbar sein, dass es keinen Personenschaden gegeben hat.“ Er wollte wissen, was zwischen Achbergstraße und Truschwende an der Ach getan werden kann, um einen Rückstau zukünftig zu vermeiden. Siegfried Roth widersprach der Ansicht, dass dies für das Hochwasser ursächlich gewesen sei. Schütt dagegen meinte, dass in Truschwende „sehr wenig Wasser“ angekommen sei. Auf den Einwurf von Stadtbaumeisterin Kreutzer, man werde mit dem Landratsamt einen Termin für eine Gewässerschau vereinbaren, um zu schauen, was man machen könne, reagierte Karl-Heinz Buschle sehr harsch: „Wir müssen jetzt rangehen, können nicht immer nur planen. Der Abfluss muss zeitnah gesäubert werden.“ Man müsse dem Landratsamt Druck machen. Norbert Fesseler fragte nach, wer konkret für die Ach zuständig sei und wann der Krisenstab aktiviert worden war. Für die Ach sei die Stadt zuständig, muss sich jedoch mit der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt absprechen, bekam er zur Antwort. Scherer sagte zum Krisenstab, diesen am Freitagabend um 20.00 Uhr informiert zu haben. Per Telefonkonferenz seien alle Mitglieder am Samstagmorgen erreichbar gewesen. Am Montag habe der Krisenstab in Präsenz konferiert. Am Sonntagabend sei dann auch der Kurbetrieb „aktiviert“ worden.

Ein Ärgernis: der Katastrophen-Tourismus

Gisela Brodd – in Truilz selbst wieder Betroffene – sagte zum Katastrophentourismus: „Leit,  bleibat doch oifach drhoim!“ Sie zeigte sich dankbar dafür, dass das Bauunternehmen Christ für die Straßensperrung in Truilz gesorgt habe, nachdem der Bauhof dafür keine Absperrungen mehr hatte.

Der Hauerzer Ortsvorsteher lobte die Arbeit der Feuerwehr und des Bauhofes in Hauerz. Die Eigeninitiative in der Bachstraße habe geholfen. Auch ihm war aufgefallen, dass Absperrungen missachtet worden waren. „Hinterher kann dann die Feuerwehr die Leute buchstäblich aus dem Dreck ziehen.“

Ernestina Frick gab zu bedenken, dass solche Ereignisse sich in Zukunft häufen werden. Weil die Leute nicht wüssten, was in einem solchen Fall zu tun sei, schlug sie vor, Kinder und Erwachsene für diesen Fall zu schulen, damit sie damit besser umzugehen lernten.

Außerdem fände sie es gut, wenn für diese Fälle in den Ortschaften bereits Sandsäcke deponiert würden. Und an neuralgischen Punkten müssten die Gräben geöffnet werden.

Michael Rauneker stellte die rhetorische Frage, ob das Hochwasser vielleicht sogar hätte vermieden werden können. Er hatte als Nadelöhr den Achlauf zwischen Bad Wurzach und Truschwende ausgemacht. Hier müssten die Zuständigkeiten geklärt werden.

Ewald Bodenmüller sagte, sei jetzt nicht der richtige Weg, Schuldige zu suchen. Marga Loritz plädierte, weil das Ried für die Wiedervernässung angestaut wurde und deshalb bei soviel Regen gar nicht genug Wasser aufnehmen konnte, dafür die Gräben zu öffnen. Man müsse Abflüsse schaffen, auch weil der Biber einiges bremse.

Berthold Leupolz forderte, dass der Naturschutz „offener“ werden müsse. Das Land Baden-Württemberg müsse erkennen, dass es etwas gegen den Biber tun muss.

Die Abstimmung darüber, das Hochwasser als öffentlichen Notstand einzustufen, erfolgte einstimmig.
Uli Gresser

Beachten Sie die unter „Download“ hinterlegte Präsentation von Feuerwehrkommandant Rolf Butscher. Im Gemeinderat gab der Kommandant mit vielen Details und Fotos einen Einsatzbericht.



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