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Verlegung am 21. Februar um 13.30 Uhr

Ein Stolperstein für einen Widerstandskämpfer aus Wurzach



Foto: Gisela Rothenhäusler
Stolperstein zur Erinnerung an Clemens Högg, verlegt vor seinem Augsburger Wohnhaus. Am 21. Februar wird nun auch in Höggs Geburtsstadt Bad Wurzach ein solches Erinnerungszeichen im Straßenpflaster angebracht. Gunter Demnig, der seit 1996 in ganz Deutschland Stolpersteine verlegt, wird in Bad Wurzach die Verlegung selbst ausführen.

Bad Wurzach – Am 21. Februar um 13.30 Uhr wird vor dem Spital in der Marktstraße in Bad Wurzach ein Stolperstein für Clemens Högg gelegt. Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, mit denen an Opfer des nationalsozialistischen Unrechtsregimes erinnert werden. Sie gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Clemens Högg wurde am 20. 11. 1880 in Wurzach geboren, ist hier aber ganz vergessen worden, während in Augsburg und Neu-Ulm sein Andenken hochgehalten wird. In beiden Städten sind sogar Straßen nach ihm benannt. “Er war ein Mann, der immer für die Demokratie und soziale Gerechtigkeit kämpfte und von Anfang an mit großem Mut und Standhaftigkeit Widerstand gegen die Nationalsozialisten und gegen die Aushöhlung der Demokratie leistete”, schreibt Gisela Rothenhäusler, von der der nachstehende Artikel stammt:

Clemens Högg, aus (Bad) Wurzach stammend, im KZ Bergen-Belsen gestorben. ©AWO

Högg machte eine Lehre als Schmied und ging nach seiner Gesellenprüfung auf Wanderschaft. 1911 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Neu-Ulmer SPD. Dort war er in den unruhigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg 1919/1920 sogar Zweiter Bürgermeister. Ab 1920 hatte der redebegabte Högg eine Führungsrolle in der Augsburger SPD. 1922 war er Mitbegründer der Augsburger Arbeiterwohlfahrt (AWO), deren Vorsitz er 1928 übernahm. Von 1919 bis 1933 war er SPD-Abgeordneter im bayrischen Landtag, zuerst für Krumbach/Neu-Ulm und ab 1924 für den Wahlkreis Augsburg II und Illertissen.

Högg erkannte früh die Bedrohung der Demokratie durch die Radikalisierung. 1932 wurde er in die Kampfleitung der Augsburger „Eisernen Front“ gewählt, deren Ziel die Erhaltung der Verfassung der Weimarer Republik und die Abwehr radikaler republikfeindlicher Kräfte war, insbesondere durch die Nationalsozialisten, aber auch durch die Kommunisten. Dennoch unterschätzte Högg die Nationalsozialisten; selbst nach dem Wahlergebnis der Reichstagswahl vom 5. März 1933, das der NSDAP und DNVP eine Mehrheit gebracht hatte, glaubte er, dass „der ganze Spuk“ bis Weihnachten vorbei sein würde. Noch im März 1933 wurde Högg wie viele andere Sozialdemokraten „als marxistischer Volksschädling“ verhaftet und in den „Katzenstadel“, das Gefängnis der Augsburger Gestapo, gebracht. Im April wurden er und die anderen in „Schutzhaft“ genommenen SPD-Abgeordneten freigelassen, damit sie an der konstituierenden Sitzung des Bayrischen Landtags am 29. April teilnehmen konnten, der auf der Grundlage des Wahlergebnisses der Reichstagswahl neu zusammengesetzt wurde.

Ein mutiges Nein

In der Abstimmung über dasGesetz zur Behebung der Not des bayerischen Volkes und Staates“, das dem Ermächtigungsgesetz auf Reichsebene entsprach und die vollständige Machtergreifung Hitlers auch auf Länderebene absichern sollte, brachten einzig die 16 anwesenden SPD-Abgeordneten den Mut auf, gegen das Ermächtigungsgesetz zu stimmen, darunter auch Clemens Högg – trotz der massiven Einschüchterung durch die NSDAP. Damit konnte jetzt auch in Bayern die Regierung Gesetze ohne das Parlament erlassen. Einer der fehlenden Abgeordneten war zwar aus dem KZ Dachau entlassen worden, dort aber so schwer misshandelt worden, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Nicht nur das machte den mutigen Abgeordneten deutlich, was sie zu erwarten hatten.

Nach Wurzach geflohen

Clemens Högg verlor, wie alle anderen Mitglieder der SPD, sein Abgeordnetenmandat. Am 19. Juni 1933 versuchten SS-Leute sogar, in seine Wohnung in Augsburg-Pfersee einzudringen und ihn zu erschießen. Er konnte sie aber am Eindringen hindern und wurde nur leicht verletzt. Bald darauf wurde er verhaftet, konnte aber aus dem Gefängnislazarett in seinen Geburtsort Wurzach fliehen. Der „Allgäu-Sturm“ (das Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Leutkirch) berichtet in seiner Ausgabe vom 17. Juni 1933: „Wurzach. (Verhaftung). Am Freitagabend wurde im Hause des Xaver Dengler der frühere Landtagsabgeordnete Hoegg festgenommen. Hoegg gehörte der sozialdemokratischen Partei an und war Mitglied des bayerischen Landtages. Er hat sich in letzter Zeit im Geheimen politisch betätigt und war von Augsburg nach Wurzach geflüchtet. Detektive der politischen Polizei hatten Hoegg in Wurzach aufgespürt und verhaftet.“ Von August 1933 bis Oktober 1934 war er im Konzentrationslager Dachau inhaftiert.

Nach seiner Entlassung arbeitete er als Vertreter für eine Versicherung und für eine Seifenfabrik und trat politisch nicht in Erscheinung, wurde aber trotzdem immer wieder verhaftet und im Augsburger „Katzenstadel“ inhaftiert. Diese Tätigkeit erleichterte es ihm, trotz Überwachung durch die Gestapo, unauffällig Kontakt zu Parteigenossen zu halten.

“Der Schmied war hart. Auch gegen sich selbst”

1939 aber wurde er erneut verhaftet und dieses Mal wurde er in das nördlich von Berlin gelegene KZ Oranienburg-Sachsenhausen eingeliefert. Hier kreuzte sich sein Weg mit dem SS-Mann Hans Loritz aus Augsburg, der selbst in den eigenen Reihen berüchtigt war wegen seiner Grausamkeit. Loritz nützte diese Gelegenheit, um sich an Högg zu rächen, der ihn 1933 als Fahrer der SPD-nahen „Schwäbischen Volkszeitung“ entlassen hatte. Auf seinen Befehl wurde Högg schwer misshandelt und war13 Monate lang (manche Quellen sprechen sogar von 18 Monaten) in Einzelhaft, in einem „Bunker“, in dem man weder stehen noch liegen konnte, sicher in der Absicht, ihn langsam zu Tode zu quälen. Diese schrecklichen Haftbedingungen führten zu zunehmender Erblindung und der Amputation eines Beines. Dennoch ließ er sich nicht brechen. Ein Mithäftling sagte dazu nach dem Krieg: „Der Schmied war hart, auch gegen sich selbst.“ Gegen Loritz wurde schon 1942 ein Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsvorwürfen eingeleitet, worauf er seine leitende Stellung als im KZ verlor.

In Bergen-Belsen verliert sich die Spur

Als die Rote Armee auf Berlin vorrückte, begann man das KZ Sachsenhausen zu „evakuieren“, indem man Häftlinge in andere Lager verlegte, häufig in sogenannten „Todesmärschen“, bei denen Tausende der entkräfteten Menschen ums Leben kamen. Clemens Högg wurde im Februar 1945 mit einem Transport kranker Häftlinge auf Viehwaggons nach Bergen-Belsen gebracht, das zu diesem Zeitpunkt bereits um ein Vielfaches überbelegt war und wo die entkräfteten Menschen zu Tausenden starben. Hier verliert sich die genaue Spur. Es wird vermutet, dass Högg im März an Fleckfieber starb – damals sprach man auch von Hungertyphus, weil die ausgemergelten Menschen in den überfüllten Lagern dem Erreger nichts entgegenzusetzen hatten. Das Gedenkbuch von Bergen-Belsen nennt den 11. März 1945 als Todestag des 65-jährigen Högg, ohne dass man aber die genauen Todesumstände kennt. Seine Familie, die sich in diesen Jahren seiner Haft im Konzentrationslager nur unter schwierigsten Umständen durchschlagen konnte, erhielt am 15. Februar 1945 eine letzte Nachricht von ihm.

Vor seinem ehemaligen Wohnhaus in Augsburg-Pfersee erinnert schon lange eine Gedenktafel und ein Stolperstein an den Widerstandskämpfer. Mit dem Verlegung dieses Stolpersteins hier in Bad Wurzach erinnern wir an diesen aufrechten Mann, der sich mit seiner ganzen Kraft für soziale Gerechtigkeit, für Demokratie und gegen das Unrechtsregime stellte.
Gisela Rothenhäusler

In Augsburg gibt es eine Högg-Straße. Foto: Gisela Rothenhäusler




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