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Vortrag

Dr. Siegfried Roth: Natur und Kultur bedingen sich



Foto: Ulrich Gresser
Dr. Siegfried Roth bei seinem Vortrag im Sitzungssaal Maria Rosengarten.

Bad Wurzach – Dr. Siegfried Roth, Leiter des Naturschutzzentrums Wurzacher Ried, beleuchtete in seinem Vortrag „Kulturlandschaftsgeschichte Oberschwaben/Allgäu“ zahlreiche Aspekte des Verhältnisses von Natur und Kultur.

Was ist eine Kulturlandschaft eigentlich? Im Gegensatz zu Naturlandschaften wie den Alpen oder der Schwäbischen Alb wird die vom Menschen geprägte Landschaft als Kulturlandschaft bezeichnet. Diese ist in Mitteleuropa die dominierende Landschaftsform, wobei die Intensität des Eingriffs durch den Menschen zeitlich und räumlich unterschiedlich ist. Die Kulturlandschaft hierzulande beginnt mit dem Sesshaftwerden der Menschen etwa um 7000 v.Chr.

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Oberschwaben, das bayrische Alpenvorland und die Alpen sind die wasserreichsten Landstriche der ganzen Bundesrepublik. Geologisch betrachtet ist Oberschwaben die jüngste „Landschaft“ von Baden-Württemberg. Viele Geotope sind Hinterlassenschaften der Gletscher, etwa Rohrsee, Federsee, aber auch die Obere Argen oder der Tannbühl bei Bad Waldsee, die Adelegg und auch das Wurzacher Ried.

Anhand eines Stiches der Stadt Leutkirch aus der Zeit des 30-jährigen Krieges zeigte Roth mit den unverbauten Bachläufen, den zahlreichen Wegen, Wäldern und Weihern rings um die Stadt auf, dass es damals bereits eine kulturlandschaftliche Infrastruktur gegeben hat, die dann größtenteils durch den Krieg zerstört wurde.

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Die Rohstoffe, die diese Landschaft dem Menschen bot, etwa der Tertiärstein der Adelegg, nennt man „Herrgottsbeton“, das Holz der Wälder wurde im großen Stil zur Herstellung von Holzkohle verwendet, wie die zahlreichen Baumstümpfe auf einer Karte von 1739 bewiesen. Die Holzkohle wiederum wurde zur Herstellung von Glas verwendet, wie im Glasmacherdorf Schmidsfelden dokumentiert ist.

Die Basis des Moorbadens

Auch Torf war als Brennmaterial sehr beliebt: Auf einem Bild von 1657 wurde der Torfabbau im Gögglinger Ried Schritt für Schritt dargestellt. Dazu muss man wissen, dass nach wie vor 87 % der Moorflächen in Baden-Württemberg in Oberschwaben und westlich des Bodensees liegen, als weitere Hinterlassenschaft der eiszeitlichen Gletscher. Auch im Wurzacher Ried wurde sehr viel Torf abgebaut, wie eine Karte von Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt. Dieser Torfabbau wurde später zum Grundstoff für die Gründung des ältesten Moorheilbades Baden-Württembergs. Seit der Einstellung des Torfabbaues im Wurzacher Ried und dessen Renaturierung seit Mitte der 1990er-Jahre beziehen die oberschwäbischen Bäderstädte ihren Badetorf aus dem Reicher Moos, das bereits zuvor von einem Gartentorfhersteller „abgetorft“ worden war.

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Das blaue Allgäu

Der Wasserreichtum ließ das Allgäu im Wortsinne erblühen, denn der Hanf-Anbau färbte die Kulturlandschaft um Isny und die anderen Allgäustädte blau. Es siedelte sich das Leinenwebergewerbe an, das später von der Milchviehnutzung abgelöst wurde. Noch schön zu sehen sind um Isny herum die Strukturen der Bleichwiesen, wo sich heute seltene Pflanzen- und Tierarten wohlfühlen.

So wie auch in den Streuwiesen um die Moore, wo sich die Bekassine angesiedelt hat, die wegen ihres Schreies auch als Riedmeckeler (!) bezeichnet wird und der auch die Wurzacher Fasnetsfigur der Riedschnepfe nachempfunden ist.

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Die Katholizität der Kulturlandschaft

Nach dem 30-jährigen Krieg, der mit dem Sieg der katholischen Seite endete, änderte sich auch die Baukultur; barocke Baukunst heißt Repräsentation, sichtbar an Kirchen wie St. Peter und Paul in Bad Waldsee, zahlreichen Kapellen und Klöstern wie das Kloster Ochsenhausen. Damit einhergehend wurde natürlich auch die Volksfrömmigkeit gefördert. Heiligenfiguren an Bauernhäusern, Arma-Christi-Kreuze und andere Feldkreuze an Wegen, aber auch Bräuche wie Osterpalmen und Erntedank und Früchteteppiche sind noch heute Ausdruck dieser Volksfrömmigkeit, die auch in der Sprache mit einem „Grüß Gott“ und „Vergelt´s Gott“ Einzug hielt.

Im Rahmen dieser Gegenreformation wurden von Jesuiten und Kapuziner-Mönchen durch Prozessionen und Theater die Heiligenverehrung gefördert. In diese Zeit fiel auch der Brauch, jedem Kind bei der Taufe den Namen eines Heiligen zu geben. Einige dieser Heiligen werden noch heute in Notlagen angefleht: St. Florian wenn Feuergefahr besteht, der Hl. Blasius bei Halsschmerzen, der Hl Antonius von Padua , wenn man etwas nicht findet …

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Alte Flurnamen

Der Kulturlandschaftswandel lässt sich an bestimmten Namensgebungen noch ablesen: etwa wenn ein Waldstück Viehwaid heißt, oder ein Gewerbegebiet „Steinhecke“ oder „Wässerwiesen“ genannt.

Ein weiterer Wandel ist mit dem Erneuerbare-Energie-Gesetz im Jahre 2000 eingeläutet worden. Viele Bauernhöfe mit Milchvieh wurden zu Biogas-Anlagen und zahlreiche Freiflächen-Fotovoltaikanlagen und vor allem Windparks sollen in den nächsten Jahren entstehen. Der Klimawandel verändert auch durch Sommertrockenheit und bringt schneelose Winter in das Landschaftsbild.

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Gewinner und Verlierer des Klimawandels

Im Zuge dessen werden z.B. auch die Wiedervernässung der Moore zur Reaktivierung der CO2 Speicherung sehr wichtig. In der Tier- und Pflanzenwelt gibt dabei auch Gewinner wie Orchideen, Wiedehopf und Gottesanbeterin, aber auch Verlierer, wie Augenwurz und Moorenzian.




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