Die Stellungnahme der CDU-Fraktion
Bad Wurzach – Am 17. September, einen Tag nach der Gemeinderatssitzung, in der der Bürgerentscheid anberaumt wurde, haben wir im „Wurzacher“ die Stellungnahme der CDU-Fraktion als leicht einsehbares und herabladbares Dokument veröffentlicht. Wir meinten, damit unserer Chronistenpflicht Genüge getan zu haben. Aus unserer Leserschaft (nicht von der CDU) kam nun Kritik dahingehend, dass die Stellungnahme der Turm-Gegner „besser“ – weil als sichtbarer Volltext dargestellt – präsentiert worden sei. Wir wiederholen deshalb die uns vorliegenden Stellungnahmen der CDU, der Freien Wähler und der Fraktion von MirWurzacher sowie des Handels- und Gewerbevereins und verknüpfen diese Darstellungen mit der Stellungnahme der Turmgegner. Von der Zwei-Mann-Fraktion der Grünen, die sich in der Sitzung für die Ansetzung des Bürgerentscheides ausgesprochen hat, liegt uns trotz Aufforderung keine schriftliche Stellungnahme vor.
Stellungnahme der CDU-Fraktion zum Naturerlebnis- und Beobachtungsturm im Wurzacher Ried, abgegeben in der Gemeinderatssitzung am 16. September:
Die Idee für den Bau eines Aussichtsturmes im Wurzacher Ried entstand aus den Reihen des Naturschutzes, wobei der Standpunkt nicht „Mitten im Ried“ ist, wie so oft gehört, sondern am Rande des intakten Hochmoors. Von Beginn an lag der Fokus auf dem Standort „Haidgauer Torfwerk“, da dieser Standort durch die frühere Torfabbaunutzung bereits vorbelastet war und dort aufgrund der geographischen Lage die naturpädagogische Zielsetzung „Sichtbarkeit der Wiedervernässungsflächen“ mit Abstand am besten erreicht werden kann.
2015 wurde, in einem allerersten Schritt, das Stadtbauamt Bad Wurzach vom Stiftungsrat beauftragt, die grundsätzliche Umsetzung dieser Überlegungen in einer Machbarkeitsstudie zu prüfen.
Ab 2017 konkretsierte sich das Projekt im Stiftungsrat und am 22.06.2018 besuchte Ministerpräsident Winfried Kretschmann Bad Wurzach zur Vorstellung der Überlegungen am Standort „Haidgauer Torfwerk“.
In diesem Zusammenhang wurde die Aussicht an ausgewählten Standorten mit der Drehleiter der Feuerwehr geprüft. Vertreter des Regierungspräsidiums und des Gemeinderates, der Naturschutz und auch Vertreter des Heimatvereins Wurzen besichtigten diese Standorte nochmal in 2020 und es bestätigte sich erneut der Standort „Haidgauer Torfwerk“.
Man sieht also anhand der Chronologie, dass sich auch der vorherige Bürgermeister Bürkle schon mit diesem Projekt befasst hat.
Es folgten in den darauffolgenden Jahren 9 öffentliche Sitzungen des Gemeinderates und 2 Einwohnerversammlungen, bei denen die Bürger die Möglichkeit hatten, sich zu informieren, Fragen zu stellen, Bedenken zu äußern. In weiteren zahlreichen nichtöffentlichen Sitzungen und Veranstaltungen war der Gemeinderat gefordert, sich mit diesem Projekt zu befassen und das war ganz sicherlich nicht leicht. Je länger wir darüber diskutiert haben und je länger sich die Angelegenheit durch zusätzliche naturschutzrechtliche Vorgaben vom Regierungspräsidium gezogen hat, desto mehr verzögerte und verteuerte sich das Projekt. In der Zwischenzeit beschäftigt sich auch schon der 3. Gemeinderat damit.
Von der ersten Kostenschätzung in 2020 bis zur tatsächlichen Kostenberechnung im März 2024 stiegen die Kosten von 1,45 Millionen EUR auf 3,9 Millionen. Die erste Kostenberechnung wurde dem GR im September 2023 mit 3,6 Millionen EUR mitgeteilt, nachdem Planung, Gründung, Brandschutz usw. konkretisiert wurden. Im März 2024 wurden dann noch die Kosten für Erschließungsmaßnahmen wie Erstellung der Baustellenzufahrt und des Baufensters hinzugerechnet.
Natürlich ist die Preissteigerung enorm; das liegt auf der Hand und jeder der sich mit dem Bauen die letzten Jahre ein wenig befasst hat, weiß auch, worin die Ursache liegt. Deswegen war es auch richtig, dass wir den ersten Förderantrag über 880.000 EUR zurückgezogen haben und die Verwaltung beauftragt haben, einen neuen Förderantrag aus dem Tourismusinfrastrukturprogramm des Landes zu stellen, der dann auch am 24.04.2024 in maximaler Fördersumme von 2,475 Millionen EUR bewilligt wurde. Dies zeigt auch, dass das Land hinter diesem Projekt steht.
Kritiker rechtfertigen sich immer wieder damit, dass Fördergelder ihre Steuergelder sind. Ja, das ist richtig, aber es sind aller unser Steuergelder, auch derer, die im Gemeinderat sind, auch derer, die gegen den Turm sind, auch derer, die dafür sind, und auch derer, denen das Projekt egal ist. Wollen wir tatsächlich auf ca. 2,5 Millionen EUR verzichten und das Geld einer anderen Kommune überlassen und uns die Möglichkeit verbauen, die nächsten Jahre erneut eine Förderung zu bekommen? Das wäre doch der falsche Weg.
Der Plan war und ist immer noch, die Großgemeinde Bad Wurzach mit dem Bau dieses Turmes weiter für Tourismus, Gäste und genauso für die eigene Bevölkerung zu öffnen und voranzubringen. Der Turm soll auch das Wurzacher Ried für uns alle weiter öffnen und Orte sichtbar machen, die vorher nicht zu sehen waren.
Wieso sollen wir die Einzigartigkeit eines der größten noch intakten Hochmoorgebiete Mitteleuropas nicht weiter für die Öffentlichkeit öffnen und kontrolliert zugänglich machen?
Durch eine gut durchdachte Besucherlenkung sollen dann Menschen auch in die Stadt kommen, was uns allen zu Gute kommt. Vielleicht nicht jedem einzelnen sofort merkbar, aber der Gemeinschaft auf alle Fälle, und das zählt. Dann besteht auch die Möglichkeit, dass sich weitere Gastronomien und Einzelhändler für Bad Wurzach als Standort entscheiden. Hierzu laden wir auch den HGV ein, dessen Aufgabe es genauso ist, Handel, Gewerbe und Gastronomie voranzubringen und zu unterstützen, sich für dieses Projekt zu positionieren.
Dass dieser Turm Bad Wurzach dermaßen spalten kann, hatte keiner von uns wirklich so auf dem Plan. Es war schon Widerstand da, der hielt sich jedoch bis Ende 2023, nach außen getragen, in Grenzen. Erst als es dann Richtung Baubeschluss ging, wurden die Stimmen der Gegner lauter. So laut, dass sachliche Diskussionen und Gespräche bald nicht mehr möglich waren, auch im näheren Umfeld der Gemeinderäte. Die Rufe nach einem Bürgerentscheid mehrten sich, dafür notwendige Unterschriften wurden gesammelt und in der heutigen Sitzung gilt es nun, darüber abzustimmen, ob wir den Bauantrag zurücknehmen oder in den Bürgerentscheid gehen. Wenn Menschen gegen Entscheidungen sind, dann ist ein Bürgerentscheid ein rechtlich faires Mittel, die Bevölkerung in einer Wahl darüber entscheiden zu lassen. Die Initiatoren müssen im Vorfeld eine bestimmte Anzahl an Unterschriften sammeln, um eine Grundlage für den Bürgerentscheid zu schaffen. Wenn man schon die Möglichkeit hat, ein rechtlich faires Mittel zu nutzen, dann sollte auch das Sammeln der Unterschriften fair ablaufen und nicht mit nicht zutreffenden Tatsachen verstärkt werden, wie zum Beispiel dass dann Kindergartenzeiten gekürzt werden müssen, weil die Verwaltung das Personal nicht mehr bezahlen kann. Das ist schlichtweg ein falsches Faktum.
Die CDU-Fraktion im GR wird heute mehrheitlich für einen Bürgerentscheid stimmen, auch wenn dieser weitere Mehrkosten und weitere zeitliche Verzögerungen verursacht, weil wir der Meinung sind, dass der Turm und die Großgemeinde Bad Wurzach es wert sind, darum zu kämpfen, für jetzt und für die Zukunft.
Vorgetragen von CDU-Fraktionssprecherin Emina Wiest-Salkanovic in der Gemeinderatssitzung am 16. September
Unter „Download“ finden Sie das Originaldokument
Lesen Sie hierzu auch die Stellungnahmen anderer Fraktionen und der Initiativgruppe Bürgerbegehren