Der erwartete Mehr-Umsatz ist illusorisch
Zum Leserbrief “Viele Bürger sprachen uns an: Tut was gegen den Turm!”
Ich kann den Verfassern des Leserbriefes nur zustimmen. Nachdem die private Online-Abstimmung nun beendet ist und bei 383 abgegebenen Stimmen 92 % sich gegen den Turm ausgesprochen haben, sollte dies der Gemeinderat nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern in die Entscheidung einfließen lassen.
Sollte der Gemeinderat und die Bürgermeisterin für den Turm stimmen, stellen sie sich gegen den Willen der Bürger. Über eine zunehmende Politikverdrossenheit brauchen sich die Damen und Herren dann nicht zu wundern. Spätestens bei der Gemeinderatswahl am 9. Juni hat es dann aber der Bürger in der Hand, ob er solche “Vertreter der Bürger” haben möchte.
Da ich Zahlen gerne hinterfrage, habe ich mir auch Gedanken gemacht, was die kolportierten 3 Millionen Euro Zusatz-Umsatz bedeuten, den die Besucher ins „Städtle“ tragen sollen. Die Daten habe ich in der nachfolgenden Tabelle veranschaulicht. Fazit: Der Umsatz ist ein Wunschdenken und nicht real.
Nun gibt es aber die folgenden Probleme. Der Turm wird nicht jeden Tag geöffnet sein (zum Beispiel im Winter und bei Revisionen). Wir haben bei den wenigen Gastronomiebetrieben auch noch Ruhetage, Urlaub und Öffnungszeiten zu beachten und nicht jeder Besucher geht in die Stadt.
Als treuer Besucher im „Wurzelsepp“ konnte ich auch mit vielen „Touris“ sprechen. Viele gehen nur in das Ried, um abschalten zu können und der Hektik und dem Lärm des Alltages zu entfliehen. Wir dürfen nicht vergessen, dass viele nur zum Spaziergang kommen und kein Bedürfnis verspüren, Geld auszugeben.
Der Innenstadt-Tourismus steht und fällt mit der Gastronomie. Hier hat Bad Wurzach wenig zu bieten und wird in Zukunft auch mit Ausnahme des „Torfstecher“ (ehemals Kurhaus) nicht besser. Viele Gastronomiebetriebe („Ochsen“, „Bauernjörg“) wurden in Büros oder Wohnungen umgebaut. beheimaten heute Döner-Läden („Tor“, „Bertele“) oder finden keine Pächter („Dudelsack“, „Stadtwirt“).
Statt weiter Steuergelder in unnötige Projekte zu verschleudern, sollte sich die Stadt darauf konzentrieren, Projekte, die den Einwohnern einen lebenswerten Mehrwert bieten, voranzutreiben. Auch auf die Erhaltung der Infrastruktur (zum Beispeil marode Brücke Achbergstraße) sollte geachtet. Bei besagter Brücke wurde am 22. Januar des Jahres 2021 in der Online-Ausgabe der „Schwäbischen Zeitung“ Folgendes mitgeteilt:
„Neu gebaut soll 2022, so es die städtischen Finanzen dann zulassen, die Brücke Achbergstraße, kündigte Kunz an. Das sei letztlich aufgrund hoher Sanierungskosten sinnvoller, so Kunz. 570 000 Euro wird das kosten, vom Land gibt es 240 000 Euro als Zuschuss.“
Seitdem ist es um dieses Projekt sehr still geworden. Bei den damals geplanten Kosten von 570.000 Euro werden wir, aufgrund der bekannten Steigerungen, inzwischen bei Kosten von einer Million Euro liegen. Und so könnte man noch beliebig weitermachen.
Die Bürger können daher auf Denkmäler der Bürgermeisterin (Turm im Ried) oder der Stadtbaumeisterin (Fahrrad-Garage) sehr gerne verzichten.
Markus Wäscher, Bad Wurzach