Statt Urteil neue Beweisaufnahme
Ravensburg / Bad Waldsee – Im Berufungsprozess gegen den 36-jährigen Angeklagten B., der für den Unfall zwischen Haisterkirch und Bad Waldsee im Jahr 2022 mit einer getöteten jungen Frau und zwei Schwerverletzten verantwortlich gemacht wird, sind neue Zeugenaussagen aufgetaucht.
Zum Verhandlungstermin am Dienstagmorgen, 17.12., um 9.00 Uhr am Landgericht Ravensburg, kamen viele Zuschauer in den Saal 2. Die meisten waren Familienangehörige und Freunde der Unfallopfer. Die Berufungsverhandlung war notwendig, da der Angeklagte ein günstigeres Urteil als die eineinhalb Jahre Haft ohne Bewährung und Führerscheinentzug von einem Jahr anstrebt. Für den Dienstagtermin war die Urteilsverkündung erwartet worden. Überraschenderweise traten aber zwei neuen Zeugen auf, die eine Fortsetzung der Verhandlung notwendig machten.
Die beiden Zeugen, Frau Sch. und Herr G., gaben vor Gericht zu Protokoll, dass der Angeklagte trotz Führerscheinentzugs wieder am Steuer eines Fahrzeugs gesehen wurde. Zum Zeitpunkt des Vorfalles, am 9.3.2024, waren Sch. und G. noch ein Paar, das sich aber mittlerweile trennte. Das Wissen um die Beziehung ist für den Chatverlauf am Handy, der dem Gericht als Beweismittel vorliegt, wichtig. Der Ort des Geschehens ist der Parkplatz der Hama-Filiale auf dem Frauenberg in Bad Waldsee.
Nach den Zeugenaussagen spielte es sich wie folgt ab. Der Angeklagte B. kam mit einem weißen BMW mit rumänischem Kennzeichen auf dem Parkplatz des Hama an, nahm seine beiden Kinder mit aus dem Auto und ging in Begleitung einer weiteren Person in die Café-Bäckerei-Filiale. Zeugin Sch. befand sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls auf dem Hama-Parkplatz und konnte ein Foto der Gruppe mit den zwei Erwachsenen und zwei Kindern machen. Der Zeuge G., Mitarbeiter in einer Autoreparatur-Werkstätte, die sich neben der Hama-Filiale befindet, macht just in diesem Moment eine Zigarettenpause und sieht nach eigenen Angaben, wie der Angeklagte, so die Aussage, mit dem BMW vorfährt und aussteigt. Die zweite erwachsene Person in der Gruppe um B. soll mit einem weiteren Wagen, und zwar einem schwarzen Mercedes, angekommen sein. Der Angeklagte B. bestreitet, selbst gefahren zu sein, sondern gibt an, dass die zweite Person auf dem Bild, bei der es sich um seinen Chef aus Rumänien handeln soll, gefahren sei.
Auf eindringliches Befragen der Zeugin Sch. gibt diese an, vom Fahren nur durch die Chat-Nachricht ihres Ex-Lebensgefährten zu wissen. Sie selber habe den Angeklagten nur an der Fahrertür des weißen BMW stehen sehen, die auch schon geschlossen gewesen sei.
Anders Zeuge G. Auch als der Verteidiger von B. ihn belehrt, dass er vereidigt werden könne, bleibt dieser bei seiner Version, den Angeklagten fahren gesehen zu haben. Auch auf dringliches Fragen des Richters, ob er denn den Angeklagten eindeutig kenne und identifizieren könne, blieb G. bei seiner Aussage.
Die Verhandlung gegen B. wird nun am 8. Januar 2025 mit der Ladung weiterer Zeugen sowie dem Überprüfen des Video-Materials aus der Hama-Überwachungskamera fortgesetzt.
Ob beim Termin im Januar schon ein Urteil gesprochen wird, steht in den Sternen. Der Richter bat die beteiligten Rechts- und Staatsanwälte vorsorglich um Prüfung weiterer freier Termine im Januar.
Die Bildschirmzeitung wird über den Fortgang des Falles berichten.
Erwin Linder