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Es stammt von 1866

Anmerkungen zum Brugger Altarbild



Foto: Gerhard Reischmann
Am 9. August brachte Restaurator Erwin Roth den Brugger Altar, den er in seinem Atelier in Ausnang hergerichtet hatte, wieder in die Brugger Rochus-Kapelle. Hier trägt er zusammen mit seinem Helfer Jürgen den Altaraufsatz mit Altarbild, das sogenannte Retabel, herein. Das Altarbild ist auf der Rückseite mit der Jahreszahl “1866” versehen, eine neue Erkenntnis, für die es bisher gewisse Indizien gegeben hatte, aber keinen Nachweis.

Brugg – Bis vor kurzem war man sich in Brugg nicht sicher: Stammt das Altarbild mit der Kreuzigungsszene aus der Zeit der Altarstiftung, also von 1722, oder ist es ein Werk des 19. Jahrhunderts, wofür Pater Hubert Veeser (Maria Steinbach) und der Reutlinger Kunsthistoriker Herbert Eichhorn, beides  Mitglieder des Brugger Kapellenvereins, nachdrücklich plädierten.

Bis 1984, bis zur letzten großen Renovation der Brugger Kapelle, war lediglich bekannt, dass der Altar vom Arnacher Pfarrer Dr. Johann Wilhelm Rom, dem Erbauer der Arnacher Barockkirche, gestiftet worden ist (Pfarrer Dr. Rom starb 1752). Das schreibt Arnach-Chronist Hermann Haiss in seinem Typoskript von 1931. Lehrer Haiss wusste vom Hörensagen auch, dass Maler Schley aus Wurzach (Haiss schreibt “Schlay”) das Gemälde in den 1860er-Jahren „renoviert“ hat; es ist mit „Maler Schley Wurzach“ signiert.

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Jetzt haben wir Gewissheit: Nachdem Restaurator Erwin Roth das Gemälde aus der Altarrahmung genommen hatte, konnte man auf der Rückseite die Jahreszahl 1866 sehen. Zusammen mit der Signatur auf der Vorderseite ist es offensichtlich: Das Brugger Altarbild ist das Werk des Wurzacher Kunstmalers Joseph Anton Schley, der von 1833 – 1898 gelebt hat.

Bis 1984 also wusste man, dass der Altar in der Zeit vor 1752 in die Kapelle gekommen war, aber man wusste kein genaues Jahr. Bei der Renovation 1984 war der Altar weggerückt worden und Franz Reischmann, der vor 40 Jahren zusammen mit den Nachbarn eine große Innen- und Außenrenovation bewerkstelligte, sah eine Jahreszahl mit Inschrift: “1722” und “Dr. Rom”. Leider hat er damals nicht fotografiert. In seinem schriftlichen zweiseitigen Renovationsbericht hat er aber diese wichtige Beobachtung notiert. Das Foto von Inschrift und Jahreszahl haben wir jetzt, 40 Jahre später, nachgeholt. Es wird beim Lichtbildvortrag am Sonntag, 18. August, im Gemeindehaus in Arnach gezeigt (20.00 Uhr).

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Die steinerne Altar-Mensa: Wohl mehr als 500 Jahre alt

Der Rom’sche Altartisch von 1722 ist aus Holz. Darunter kam jetzt ein Steinaltar zum Vorschein. Es ist jener Altar aus der Zeit zwischen der Erbauung der Brugger Kapelle um 1700 und der Altarstiftung von 1722. Der Steinaltar trägt eine Mensa (Tischplatte) aus Stein, ein einziges Stück, ein Monolith, der zwei Einkerbungen hat, laut Erwin Roth entscheidende Hinweise auf den Gebrauch als Altartisch. Der Restaurator ist sich sicher, dass die Steinmensa aus der Brugger Vorgänger-Kapelle stammt. Die Vorgänger-Kapelle ist erstmals erwähnt 1584, war aber vermutlich deutlich älter, denn es ist unwahrscheinlich, dass bereits 120 Jahre später eine neue Kapelle gebaut wird. So ein besonderes Stück wie der Monolith von 1584, zudem ein geweihter Gegenstand, werde erfahrungsgemäß bei einem Neubau wiederverwendet, erklärt Erwin Roth. Ein Foto vom “Stein von 1584” wird beim Lichtbildvortrag am 18. August gezeigt.

Es könnte sein, dass das ursprüngliche Altarbild von 1722 von dem regional bedeutsamen Barockmaler Johann Gabriel Roth geschaffen worden war, denn Roth hatte justament in besagtem Jahr 1722 im Auftrag von Pfarrer Dr. Rom die Arnacher Apostelbilder gemalt; es liegt also nahe, dass der Altarstifter ihn auch für Brugg beauftragt hat (falls der Altar damals zur Gänze für Brugg gemacht wurde; es hat aber den Anschein, dass 1722 nur der Altar-Tisch für Brugg neu gemacht wurde, der ganze Aufbau mit dem damaligen Altarbild aber womöglich aus einer Kirche, wo er „übrig“ war, nach Brugg transferiert wurde).

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Wer war Joseph Anton Schley?

Joseph Anton Schley (1833 – 1998) war laut Bad Wurzach-Chronist Otto Frisch als Maler und auch als Lichtbildner tätig; Frisch nennt ihn den ersten Fotografen Wurzachs. Auf einer Rechnung vom 15. Juni 1860 bezeichnet Schley sich ausdrücklich als „Photograph“. Laut Frisch gibt es einen Beleg über die Lieferung von drei Fotos an das fürstliche Haus Waldburg-Zeil-Wurzach im Jahre 1866. Das 76. Foto in Frischs Sammlung alter Wurzach-Ansichten stammt von 1863; es zeigt Wurzacher Veteranen der Leipziger Völkerschlacht (1813) vor einer gemalten Kulisse; Frisch schreibt Foto und Kulisse jenem Joseph Anton Schley zu, der demnach eben auch Kunstmaler war (und als solcher seinerzeit in Brugg tätig war).

Otto Frisch berichtet in den „Ansichten“ auch, dass Schleys Sohn Josef Fotos von der Eröffnung der Rossbergbahn (1903) feilbot. Dieser Josef Schley, der dem Vater offensichtlich in beiden Professionen nachgefolgt war, hatte sein Malergeschäft in der Nähe der Mühltor-Bäckerei Räth.

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Ein weiterer Sohn von Joseph Anton Schley war Georg Schley (geboren 29. 3. 1867, gestorben 24. 5. 1927). Er war laut seiner Enkelin Irmgard Kaufmann „ein Tausendsassa“, war Fassmaler (hat Figuren farblich gefasst), malte auch in Öl, konnte schnitzen, machte sogar blecherne Küchengeräte wie Spätzleshobel selbst und war zudem ein bekannter Tierpräparator. Seine Werkstatt lag an der Ach, unterhalb des Cafés Hager. 1923 hat Georg Schley ein Motiv für das Wurzacher Notgeld geschaffen, weiß Frau Kaufmann. Georg Schley, der Tausendsassa, besaß – eine Sensation – um 1890/95 einen lebendigen Affen. Aus Eifersucht biss der Affe das erste Kind der Schleys, das einen Schaden davontrug und bereits mit 20 Jahren starb. 1896 kamen die Zwillinge Anna und Georg jun. und dann noch Paula, die später als Schwester Evangelista im Ravensburger Klösterle wirkte (gestorben 1964). Anna heiratete den Maler Martin Hänle (1894 – 1982), der von Jagstheim kam; auch der „hot ausgschtopft“, hat das Präparieren offenbar von seinem Schwiegervater übernommen. Irmgard Kaufmann, die Tochter von Martin und Anna, erinnert sich, dass in den 1950er-Jahren das Ziffernblatt der Bad Wurzacher Kirchturmuhr bei Hänles in der Werkstatt gestanden war; Martin Hänle hatte den Auftrag, Zahlen und Zeiger zu vergolden.

Georg Schley jun., der Schwager von Martin Hänle, hat nach Mindelheim geheiratet (gest. 1961). Der langjährige Café-Betreiber Julius Hager besitzt ein Ölbild, das das Wurzacher Untere (Memminger) Tor zeigt; es stammt ziemlich sicher von Georg Schley jun.; „Onkel Schorsch“ sagte der Bub Julius, geb. 1931, zu jenem Nachbarn, mit dem die über drei Generationen anhaltende Malertradition der Familie Schley endete. Das Schley-Hänlesche Malerhaus an der Ach, im Wurzacher Volksmund „Klein-Venedig“ geheißen, wurde vor einigen Jahren abgerissen.

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Quellen

Frisch, Otto: Bad Wurzach in alten Ansichten, Zaltbommel 1978, o. S.
Frisch, Otto: Bad Wurzach – Geschichte und Entwicklung einer oberschwäbischen Bäderstadt, Hinterzarten 1975, 160 S.
Haiss’sche Arnach-Chronik, Typoskript von Oberlehrer Hermann Haiss, 204 S., 1931.
Reischmann, Franz: Ansprache beim Kapellenfest im September 1985 aus Anlass der Kapellenrenovation 1984, Typoskript 1985, 2 S.
Irmgard Kaufmann, Stuttgart. Frau Kaufmann geb. Hänle, geb. 1929, stammt vom Schley‘schen Malerhaus an der Wurzacher Ach. Sie wurde vom Autor mehrfach telefonisch befragt (so im Dezember 2012 und zuletzt am 9. Okt. 2014).

Das Brugger Kapellenfest aus Anlass des 750-Jahr-Jubiläums des Weilers

Erstmals zu sehen ist der restaurierte Altar für die Allgemeinheit bei der Rochus-Messe, die die Brugger mit allen, die sich mit ihrem Weiler verbunden fühlen, am 16. August feiern. Es wird keine Sitzplatzprobleme geben, denn vor der Kapelle wird ein Zelt angebaut sein, in das die Messfeier übertragen wird. Die Uhrzeit des Beginns der Messfeier ist in unüblicher Weise auf 20.10 Uhr festgelegt worden. Das liegt am auf 19.30 Uhr angesetzten Festakt (der ebenfalls für die Allgemeinheit offen ist). Zelebrant bei der Rochus-Messe ist Ortspfarrer Patrick Meschenmoser. Das Rochus-Quintett umrahmt die Messfeier mit Liedern. 

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Das Brugger Rochus-Fest aus Anlass der Ersterwähnung des Weilers vor 750 Jahren geht am Sonntag, 18. August, weiter: Um 19.00 Uhr gibt es in der Pfarrkirche Arnach eine konzertante Dankandacht unter Leitung von Pfarrer Meschenmoser. Die Soulsisters Angele singen dabei geistliche Lieder. Hierzu ist jedermann aus nah und fern herzlich eingeladen. Spenden sind erbeten.

Karten in “Elmars Dorfmarkt” und bei der VBAO-Filiale in Arnach

Anschließend (ca. 20.00 Uhr) findet ein Lichtbild-Vortrag im Gemeindehaus St. Ulrich in Arnach statt. Gezeigt werden Bilder von den Renovationsarbeiten sowie auch von Alt-Brugg. An diesem Abend ist auch Restaurator Erwin Roth anwesend und gibt Erläuterungen zu einzelnen Aspekten der Altar-Restaurierung. Musikalisch umrahmt wird der Abend vom Rochus-Quintett mit weltlichen Liedern (unter der Leitung von Hermann Schick). Der Eintritt zu diesem Abend ist frei. Es werden Getränke angeboten. Da die Sitzplatzzahl begrenzt ist, haben wir Gratis-Eintrittskarten im „Elmars Dorfmarkt“ sowie in der Arnacher Filiale der Volksbank Allgäu-Oberschwaben hinterlegt. Wir bitten Interessierte, die Karten dort zu holen. Das Verfahren dient der Besuchersteuerung; wir wollen vermeiden, dass Besucher abgewiesen werden müssen.
Gerhard Reischmann

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von Gerhard Reischmann
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