Wie halten Sie es mit der Bürgerbeteiligung, Herr Böhm?
Auf die Appelle der Bildschirmzeitung (DBSZ), von Windkraft unmittelbar betroffene Bürger am Erlös substantiell zu beteiligen (Kommentar: „Der Wind gehört allen“ / DBSZ vom 17. Juni), hatte Laoco-Geschäftsführer Christian Böhm uns gegenüber bis vor kurzem nicht reagiert. Und in der Öffentlichkeit blieb er vage: Bei den von Projektiererseite ausgerichteten Info-Veranstaltungen in Arnach (15. Juni) und Bad Wurzach (22. September) hatte Böhm lediglich von den 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde gesprochen, die an die örtliche Gemeinde gingen, sowie von nicht näher umrissenen Zuckerle einer Stiftung. Jetzt (am 30. November) hat er auf bohrendes Nachfragen der DBSZ bekundet, dass einer der geplanten Windtürme bei Alttann oder im Hummelluckenwald als „Bürgerwindanlage“ vorgesehen sei. Daran könne man sich beteiligen. Bei jener Informationsveranstaltung damals in Bad Wurzach habe Laoco darauf hingewiesen.
0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde – das ergäbe bei den drei im Hummelluckenwald projektierten Anlagen eine Jahressumme von etwa 85.000 €, wovon Bad Wurzach 90 Prozent und Kißlegg 10 Prozent erhielten. Die Summe flösse in den allgemeinen Stadtsäckel, sie wäre nicht zweckgebunden dahingehend, besonders belasteten Anwohnern ein kleines Trostpflaster zu geben. Und, das muss man wissen: Zu den 0,2 Cent sind die Projektierer gesetzlich verpflichtet.
Was man klipp und klar konstatieren muss: Die 0,2 Cent sind im Vergleich zur Rentabilität der Großwindanlagen einfach lächerlich. Die drei bei Humberg geplanten Anlagen würden laut Projektierer 42,5 Millionen kWh Strom pro Jahr liefern und damit einen geschätzten Umsatzerlös von etwa 2 bis 8 Millionen € generieren. Und das 20 bis 25 Jahre lang.
Die Anwohner haben mit Lärm zu kämpfen (im Mischgebiet Humberg sind tagsüber 60 dB(A) erlaubt), haben Schattenwurf zu ertragen (die Anlagen stehen in der Abendsonne), sie sind Infraschall ausgesetzt und sie haben Druckpulse durch den abgehackten Wind hinzunehmen.
Was auf die Humberger und auf alle Anwohner im Nahbereich von Windkraftanlagen zukommt, ist eine schwere Last. Dafür soll es ein „Nasenwasser“ geben, das für ein paar Ruhebänke am Hummelluckenwald und eine Info-Tafel am Wurzacher Ried reicht!
„Die Gewinne werden privatisiert, die Belastung wird sozialisiert“, sagte damals ein Anwohner am Rande der Arnacher Ortschaftsratssitzung am 15. Juni zum Vertreter der Bildschirmzeitung und traf damit den Nagel auf den Kopf.
Hier 2 bis 8 Millionen, dort 85 Tausend – dieses Missverhältnis schreit zum Himmel. Eine Ernte, bei der nur Brosamen für die Masse der Leute abfallen, ist ethisch nicht in Ordnung.
Apropos Brosamen: Bei der Versammlung in Arnach am 15. Juni brachte Laoco-Geschäftsführer Christian Böhm auch die Stiftung des Partner-Unternehmens Energiequelle ins Spiel, aus deren Erträgnissen örtliche Maßnahmen auf Antrag finanziert werden können. Nicht gesagt wurde, mit welchem Kapital die Stiftung ausgestattet ist, und bei der Frage nach Umfang und Art der Förderung blieb Böhm vage. Auf der Homepage der Stiftung (energiequelle-stiftung.de) finden sich Projektberichte wie dieser: „Der SV Eintracht Feldheim 81 e.V. (…) organisiert jährlich ein Sportfest, welches ein Höhepunkt im Dorfleben ist. Für die Durchführung der sportlichen Veranstaltungen wird ein Zelt seitens der Stiftung zugewendet. Das Zelt dient als Wetterschutz bei den Sportfesten, aber auch der Organisation und Koordinierung von Wettkämpfen, Siegerehrung und Präsentation der Pokale.“
Substantielle Beteiligung von im WKA-Schatten lebenden Bürgern: Das muss anders aussehen! Wir sind gespannt, Herr Böhm.
Ihre Botschaft von einer „Bürgerwindanlage“ hören wir wohl. Allein: Es fehlt uns der Glaube.
Und dann fehlt uns noch jegliches Verständnis dafür, dass im Bereich Weitprechts / Humberg es nur eine Bürgerwindanlage geben solle. Warum nur eine? Warum nicht gleichermaßen für die geplagten Weitprechtser Bürger und für die geplagten Humberger Bürger je eine?
Gerhard Reischmann