Regierungspräsident Klaus Tappeser hat Bad Wurzach besucht

Bad Wurzach – Klaus Tappeser, der Regierungspräsident des Regierungspräsidiums Tübingen hat am 11. März Bad Wurzach besucht. Themen bei den Gesprächen und Besichtigungen waren unter anderem das Sommerhochwasser, der Bürgerentscheid, der Zustand des Kurparkes nach dem Hochwasser und das geplante Biosphärengebiet.

Der Regierungspräsident Klaus Tappeser (re.) mit von links Kämmerer Stefan Kunz, Dezernatsleiter Verwaltung Ulrich Möllmann und Bürgermeisterin Alexandra Scherer im Sitzungssaal in Maria Rosengarten.
Zum Auftakt hatte die vollzählig angetretene Leitung der Stadtverwaltung die Gemeinderäte sowie Dr. Siegfried Roth als Leiter des Naturschutzzentrums in den Sitzungssaal von Maria Rosengarten eingeladen.
Bürgermeisterin Alexandra Scherer begann ihre Einführungsrede mit einem kleinen Rückblick: Seit seinem letzten Besuch habe sich viel getan. Sie erwähnte, dass der Turmbau nach dem Bürgerentscheid ad acta gelegt sei. Weil der Kurpark nahtlos in das Ried, das ein Naturschutzgebiet ersten Ranges ist, übergeht, aber dieses auch großen Unterhalt erfordere, werde man nach dem neugestalteten Schulhof am Nachmittag auch den Kurpark besichtigen.
„Bad Wurzach hat sich als Gesundheitsstadt einen Namen erarbeitet“
Klaus Tappeser hob in seiner Eingangsrede den Status der Stadt hervor, den sie sich im Gesundheitssektor erarbeitet hatte. „Bad Wurzach war eine der ersten Kurstädte, die sich von den Rehaträgern unabhängig gemacht hatte und auf Selbstzahler setzte.“ Er sagte auch – mit Blick auf die Räumlichkeiten von Maria Rosengarten – dass die ganze Stadt darauf stolz sein könne.
Zum nun abgelehnten Turmprojekt sagte er, er selbst sei ein Befürworter gewesen. „Jedes große Naturschutzgebiet arbeitet mit einem Turm. Auch auf der Landesgartenschau in Wangen sei der Turm ein Kristallisationspunkt gewesen, von dem aus die Menschen über den Tellerrand hinausgeblickt haben.“ 68 % sei ein Wort, aber es sei, wie es sei. Das Ried aber sei nach wie vor das Alleinstellungsmerkmal für Bad Wurzach.
Das Gesundheitswesen im Landkreis stehe – nicht nur allein wegen der Kliniken – vor großen Herausforderungen. Er übte dabei auch Kritik an der Kassenärztlichen Vereinigung, die zwar über die Rahmenbedingungen jammere, aber über ihre Chefs selbst Teil des Ganzen sei. „Wir müssen wieder zu mehr Partnerschaftlichkeit zurückkommen.“ Das Thema Gesundheit dürfe nicht unterschätzt werden. Bei vielen Kommunen, die wie Bad Wurzach selbst Kliniken betreiben, sei es fraglich, wie lange sie sich das noch leisten können.
Sowohl Tappeser als auch Scherer bestätigten, wie wichtig hier auch die Arbeit der Gemeinderäte ist. „Der Gemeinderat hat sich sehr früh zum Gesundheitsstandort und zum Moor Bad Wurzach bekannt und das war kein Selbstläufer!“, merkte Scherer dazu an. Bad Wurzach gut aufgestellt. Allerdings sei, weil viele Ärzte altersbedingt in der Region aufhören, die allgemeine Gesundheitsversorgung ein Thema, weil Patienten, deren Arzt aufgehört hatte, Probleme hätten, einen neuen Hausarzt zu finden. Dies werde demnächst wieder „als Ärzte-Recruiting“ Thema im Gemeinderat sein.
Froh über den Flächenfaktor
Kämmerer Stefan Kunz erläuterte dem Regierungspräsidenten die Zahlen des aktuellen Haushaltsplanes, der aufgrund des Glasfaserausbaues mit rekordverdächtigen Zahlen aufwartet. Allein in den letzten zehn Jahren, seit er Kämmerer in Bad Wurzach ist, sei das HH-Volumen um 57 % gestiegen. Man habe in guten Jahren Rücklagen gebildet und Schulden abgebaut. Weil in der größten Flächengemeinde des Regierungsbezirkes, was Bad Wurzach ist, viele Infrastruktureinrichtungen wie Hallen, Kindergärten, Grundschulen usw. in fast allen Ortschaften vorhanden sind und unterhalten werden müssen, sei er froh, dass bei Zuweisungen der Flächenfaktor statt wie bisher der Einwohnerfaktor eingeführt worden sei.
Zur Grundsteuerreform sagte Kunz, dass es in Bad Wurzach zwar wie anderen Kommunen Widersprüche gebe, angesichts von 7800 Steuerobjekten sei die Zahl von 50 recht aber gering. Er sprach auch von einer reellen Umstellung mit Anpassungen nach unten, denn das Steueraufkommen sinke im Vergleich zu 2024, der Planansatz für dieses Jahr werde aktuell nicht erreicht. Hier setzte er seine Hoffnung auch auf die neue Bundesregierung.
Die Energiewende
Ein Thema, das nicht nur das energieintensivste Unternehmen der Stadt angeht, sondern alle Unternehmen betrifft, sei die Energiewende. Von aktuell 90 % fossilen Brennstoffen will das Unternehmen auf 70 bis 80 % Grünstrom umstellen. Hier müsste die Lastenverteilung geändert werden.
Die Bürgermeisterin bemerkte dazu, dass sich die Unternehmen dazu neu aufstellen müsstenMan werde als Stadt die Koordinierung mit dem Energieversorger machen und alles versuchen, um das Unternehmen am Standort zu halten, damit es wirtschaftlich arbeiten kann. Der Regierungspräsident brachte in diesem Zusammenhang eine interkommunale Wärmeplanung ins Spiel.
„Wir haben keine Stadtwerke und nur kleine Netze. Denn im Gegensatz zu Leutkirch oder Bad Waldsee leben in Bad Wurzach die Mehrzahl der Einwohner in den Ortschaften.“
Klaus Tappeser berichtete davon wie die Stadt Meersburg – vom Ortskern etwa so groß wie Bad Wurzach – in Sachen Wärmeplanung vorgehe: Mit Bodenseewasser als Wärmetauscher.
Rainer Deuschel, Gemeinderat der Grünen, erklärte dass zum Beispiel die Wärmeplanung etwa beim Schulzentrum nicht auf die lange Bank geschoben werden dürfe. Tappeser erwiderte ihm, das sei ein wichtiges, aber auch schwieriges Thema, das Zeit brauche.
Das Thema Hochwasser

Auch das Thema Hochwasser wurde angesprochen. Stadtbaumeisterin Kathleen Kreutzer (Bild) stellte in einer kleinen Präsentation die Probleme des Hochwassers vom letzten Sommer dar. Dabei zeigte sie auf, dass in den Ortschaften die Wassermassen viel schneller ansteigen, aber auch wieder abnahmen. Anders dagegen in der Stadt: Der Wasserstand stieg auch dank der Saugwirkung des Riedes langsamer an und nahm auch langsamer ab. Ihr Fazit: Dadurch konnten noch viel größere Schäden verhindert werden.


„Es fehlen Gewerbeflächen“
Klaus Schütt, CDU-Gemeinderat und Stellvertreter der Bürgermeisterin, sprach den Mangel an Gewerbeflächen in Bad Wurzach an, insbesondere auch das interkommunale Gebiet mit Leutkirch. Für ihn sei die Ablehnung noch nicht endgültig, allerdings sei das Gebiet sehr auf eine Firma zugeschnitten, und das löse kein Gewerbeflächenproblem.
Das Biber-Problem
Heinrich Vincon, ebenfalls CDU-Stadtrat und Stellvertreter der Bürgermeisterin, sprach zum einen das Biberproblem an, das zu enormen Schäden für die Landwirtschaft führe, zum anderen auch das im Prüfungsstadium stehende Biosphärengebiet. Es nütze nichts, zwei Biber einige Kilometer entfernt umzusiedeln, also zu vergrämen, während in Bayern bis zu 2000 Tiere geschossen werden dürfen. Tappeser bestätigte dies, erklärte aber auch, dass auch der Abschuss nur unwesentlich zu einer Populationsveränderung führe.
Dr. Siegfried Roth erläuterte den Unterschied zwischen Bayern und Baden-Württemberg in der Biber-Frage: In Bayern wurden die Biber ausgesetzt, in Bad-Württemberg seien sie eingewandert, also rechtlich als Wildtiere anzusehen.
Das geplante Biosphärengebiet
Zum Thema Biosphären-Gebiet sagte Vincon, selbst Landwirt, dass man sich da wohl nicht einig werde.
Tappeser sagte dazu, die Überprüfung sei noch im Gange, die zentrale Frage sei ja, wie werde mit den drei großen Mooren im geplanten Gebiet umgegangen. Ernestina Frick, Gemeinderätin der Freien Wähler, sagte, durch das Gebiet kämen immer mehr Richtlinien von oben dazu, was der Bevölkerung große Sorgen bereite. Sie kritisierte auch eine schlechte Kommunikation. Bürgermeisterin Alexandra Scherer erläuterte dazu, dass am 19. März eine Infoveranstaltung in Wolfegg stattfinden werde und am 31. März würden die ersten Karten veröffentlicht.
Auf die Frage von Karl-Heinz Buschle, Gemeinderat der Freien Wähler, wie das RP für den normalen Bürger sichtbar sei, erklärte Tappeser, dass das Schulwesen mit seinen Schulämtern am deutlichsten dies sichtbar mache. Aber das RP habe keine legislative Funktion, es sei für die Umsetzung der Beschlüsse von Kreistagen und Gemeinderäten zuständig und die Überprüfung der kommunalen Selbstverwaltung. Er wies aber auch daraufhin, dass es zwischen dem Regierungspräsidium und dem Landtag ein gewisses Spannungsfeld gebe.
Die Brücken im Kurpark
Bürgermeisterin Scherer erklärte zum Abschluss der Gesprächsrunde im Sitzungssaal, dass die Stadt die Turmförderung zurückgeben werde, aber für die 18 Brücken im Kurpark weiterhin Förderanträge stellen werde.
Nach einer kurzen Zwischenstation beim Schulhof des Schulzentrums, dessen Neugestaltung vor einem Jahr abgeschlossen worden war, und einem Besuch im FeelMoor, dem Gesundheitsresort des Städtischen Kurbetriebes, besuchte der Regierungspräsident nach dem Mittagessen noch gemeinsam mit der Verwaltungsspitze den vom Hochwasser betroffenen Teil des Kurparkes, um insbesondere über die Sanierung der dortigen, vom Hochwasser stark betroffenen Brücken zu diskutieren.
Text und Fotos: Uli Gresser
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