Ich wurde als Nazi beschimpft
Zur AfD-Veranstaltung am 18. September in Weingarten, speziell zum Artikel „Für Alice Weidel: Draußen Schelte, drinnen Jubel”, erschienen in der „Schwäbischen Zeitung“ (Ausgabe Ravensburg) am 20. September
Als interessierter und kritischer Bürger ist es mir wichtig, über die politischen Probleme und Ziele in Deutschland, insbesondere auch über die AfD, informiert zu werden. Deshalb wollte ich mir den Bürgerdialog am 18. September im Kultur- und Kongresszentrum (KuKo) in Weingarten nicht entgehen lassen.
Der Aufruf der Gegendemonstranten, alle Zugänge und Parkplätze zu blockieren, veranlasste mich, meinen Wagen etwas abseits zu parken. Schon von weitem hörte ich viel Lärm und Geschrei und auf beiden Seiten der Straße waren etwa zwei- bis dreihundert Leute versammelt und nicht, wie berichtet, 500 Personen. Da musste ich durch, wenn ich den einzigen Zugang der Kongresshalle erreichen wollte. Vorbei an Menschen, die mir alle möglichen Parolen entgegenschrien. Sie hielten mir Plakate mit teils unflätigen, beleidigenden Inhalten vors Gesicht. Wortspiele aller Art, meist gepaart mit Fäkaläußerungen, hätte ich ja noch übersehen, aber als ich von einigen als Nazi und Rassist beschimpft wurde, ging ich auf die junge Frau zu und fragte sie, warum sie mich derart beleidige. Eine Erklärung blieb sie mir in all dem Gegröle schuldig. Es war ihr in erster Linie wichtig, ihre Schilder mit den würdelosesten Inhalten hoch zu halten. Ein Dialog mit diesen Leuten war in keiner Weise möglich. Das bemerkten auch ein paar Polizisten in der Nähe, die mir andeuteten weiterzugehen, um vermutlich eine Eskalation zu vermeiden.
Tage nach dieser Veranstaltung gibt mir das Verhalten dieser selbsternannten „Demokratieschützer“ immer noch zu denken. Warum? Die Gegendemonstranten fühlen sich berechtigt, Menschen nur wegen ihrer Teilnahme an einer politischen Informationsveranstaltung zu beleidigen und zu diffamieren. Ohne zu wissen oder nachzufragen, ob jemand sich einfach nur neutral informieren möchte oder ein Tourist ist oder einfach nur einen Spaziergang macht, nehmen sie sich das Recht heraus, Menschen als Nazi zu betiteln. Für mich ist das eine Beleidigung sondergleichen.
Die wirklich niveaulose Wortwahl geht entschieden zu weit. Viele der Demonstranten hatten ihre Kinder dabei. Mich würde interessieren, was diese Eltern sagen würden, wenn ihren Kindern im Kindergarten oder in der Schule ein solches Vokabular gelehrt werden würde. Mir vermittelt solch ein Verhalten den Eindruck, dass diese Menschen im Laufschritt durch die „Kinderstube“ gerauscht sind und ihren Kindern noch schlechteres Benehmen beibringen. Diesen Menschen rate ich dringend, auch ihr Demokratieverständnis eingehend zu überprüfen.
Außerdem finde ich es doch seltsam, dass die Berichterstattung über die Demonstranten sehr ausführlich gestaltet war, jedoch über die Inhalte der Veranstaltung nur kurz und knapp berichtet wurde. Gibt es hier auch seitens der Medien Vorurteile? Die Aufgabe der Medien ist es, neutral und vollständig zu informieren. Dies ist hier nicht geschehen.
Als Teilnehmer des Bürgerdalogs kann ich folgendes Fazit ziehen: In der vollbesetzten Halle mit ca. 800 bis 900 Zuhörern wurden von den Rednern in ausgezeichneter Wortwahl und sehr großem Sachverstand wirtschafts- und gesellschaftspolitische Themen erläutert und die teils komplizierten und spitzfindigen Fragen aus dem Publikum souverän beantwortet.
Konrad Schmid, Aulendorf-Tannhausen