Die Sache mit den Ersatzbussen
Der Verkehrsverbund bodo übt Kritik an der Deutschen Bahn.
Bernd Hasenfratz, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes bodo, kritisiert die Informations- und Investitionspolitik der Deutschen Bahn (DB). Foto: Lena Kessler
Dass Bahnstrecken gewartet und instandgesetzt werden müssen – manchmal auch unter Vollsperrung – ist nachvollziehbar. Und dass dann alles getan wird, um die Auswirkungen auf den Fahrgast gering zu halten, ist erwartbar. Oder etwa nicht?
Eine schlichte E-Mail der DB Regio AG erreichte uns (den regionalen Verkehrsverbund bodo) am 31. Oktober bezüglich der gegenwärtigen baustellenbedingten Streckensperrung auf der Strecke Aulendorf – Herbertingen. Beim Ersatzverkehr komme es „kurzfristig noch zu Änderungen“, ließ man uns wissen. Und konkreter: „Die parallel verkehrenden Züge zwischen Bad Saulgau und Aulendorf fallen entgegen der Erstinformation aus.“ Und zwar: bis 14. Dezember.
Das muss man tatsächlich zweimal lesen, am besten langsam: Die Bahnstrecke wäre zwischen Aulendorf und Bad Saulgau, auf 19 Kilometern Länge, problemlos befahrbar – aber DB Regio fährt trotzdem nicht. Stattdessen steht mehr als sieben (!) Wochen lang ausschließlich der Ersatzbus zur Verfügung, der aufgrund der Sperrung jenseits von Bad Saulgau die Gesamtstrecke Aulendorf – Herbertingen befährt und ungleich längere Fahrzeiten benötigt.
Später erfuhren wir: Die DB Regio AG hat dem Land, also dem Aufgabenträger und Vertragspartner, schlicht abgesagt. Kein Personal verfügbar. Denn um die Züge zwischen Aulendorf und Bad Saulgau fahren zu können, hätte man gegenüber dem Regelprogramm eine zusätzliche Arbeitsschicht schaffen müssen. Und das sei nicht leistbar. Solche Aussagen lassen die täglich bei DB Regio gesehenen Qualitätsmängel wie reduzierte Fahrzeugkapazitäten, WC-Störungen oder Ausfall der Rollstuhlrampen fast schon nebensächlich erscheinen.
Erwähnt werden muss aber ebenso: Der Infrastrukturbetreiber DB InfraGO macht es den Verkehrsunternehmen, auch jenen in der Konzernfamilie, vielfach schwer:
Das Baustellengeschehen wirkt bisweilen beliebig, planlos, unabgestimmt. In diesen Fällen sind die Verkehrsunternehmen ebenso die Leidtragenden wie, in der Folge, die Fahrgäste – solche zum Beispiel, die mitten in der Nacht an einem einsamen Bahnhof stranden, weil der letzte Zug um wenige Minuten nicht auf den verspäteten Ersatzbus gewartet hat. Oder weil es gar keinen Ersatzbus gibt, obwohl er in der Reiseauskunft angezeigt wird. Gespannt dürfen wir auch sein, wie der anstehende Schienenersatzverkehr zwischen Kressbronn und Lindau funktionieren wird, der auch einige Abende der Lindauer Hafenweihnacht betreffend wird. Ja, Sie haben richtig gelesen: Erst kürzlich hatten wir zusätzliche Züge in den Abendstunden zur Hafenweihnacht öffentlich bekanntgegeben. Nun aber sind wir durch die Baustellenpolitik der DB InfraGO dazu getrieben, diese Meldung teils wieder zurückziehen zu müssen.
Der Mangel an Fahrdienstleitern führt zu skurrilen Situationen, beispielsweise schon mehrfach im Raum Friedrichshafen: Weil der Fahrdienstleiter, der im fernen Karlsruhe seinen Dienst tut, eine gesetzliche Arbeitspause einlegen muss, wird der Bahnbetrieb zwischen Langenargen, Markdorf, Friedrichshafen und Ravensburg vorübergehend eingestellt.
In der Oberallgäuer Nachbarschaft sehen wir gerade, dass die Stellwerkstechnik des Bahnhofs Oberstdorf in einem technisch derart miserablen Zustand ist, dass DB InfraGO sie vollständig und, wie zunächst angekündigt, auf Jahre hinweg außer Betrieb nimmt. Eine Lösung zur Wiederinbetriebnahme im kommenden Jahr sei nun aber doch in Sicht, hieß es nach mehreren Wochen des Totalausfalls und des großen politischen Protests.
Und schließlich: Anschlusszüge, die um wenige Minuten oder gar Sekunden nicht erreicht werden, weil es schlicht an Koordination und Kommunikation scheitert, sind auch in unserem Verbund schwer erträglicher Alltag, zum Beispiel in Lindau-Reutin, Friedrichshafen oder Aulendorf oder Kißlegg.
Wir sind ein Verkehrsverbund, der für qualitativen Nahverkehr vom Fahrplanangebot bis hin zur Kundeninformation eintritt. Zugleich haben wir nur wenig Einflussmöglichkeiten auf eine Bahn, die sich erkennbar auf die großen Hauptachsen konzentriert und in der Fläche eine zunehmend schlechtere Leistung bringt. Wegschauen ist jedoch keine Option – wir bleiben dran.
Bernd Hasenfratz, Geschäftsführer von bodo (Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund)